Pringle vermisst eine Leiche
beschäftigte die Frage, ob es nun seine Pflicht
sei, das Vorhaben des Majors zu Ende zu führen; doch kam er zu dem Schluß, daß
das schon die Experten tun würden. Zum Glück.
Als er die Kirche verließ,
hatte der Himmel aufgeklart. Ein wenig melancholisch gestimmt, ging er zu
seinem Wagen. So vieles in England war nur gerade einmal fünfhundert Jahre alt
— um das Jüngste Gericht in Wenhaston zu sehen, stand niemand Schlange. Es wäre
großartig gewesen, wenn die Fresken in Wuffinge aus der Zeit Wuffas gestammt hätten.
Aber dem war nicht so. Mr. Pringle trat den Heimweg an.
Felicity befreite sich aus
ihren engen Schuhen. «Warmer Teekuchen mit Butter», verkündete Mavis und
stellte ein Tablett vor sie auf den Tisch, «eine starke Tasse Tee, Scones,
Marmelade, Schlagsahne und Kuchen — denn wir beide lieben unsere Rundungen, und
deshalb denken wir auch nicht daran, zu hungern wie diese armen unterernährten
Modepüppchen.»
«Was für ein fürstliches Mahl!»
«Lassen Sie es sich schmecken!
Ich bin übrigens noch nie einem Mann begegnet, der gegen üppige Formen etwas
einzuwenden hätte — vorausgesetzt, sie sind wohlproportioniert. Es war gerade
eine gewisse Üppigkeit, die Mr. Pringle so anziehend fand, als er mich
kennenlernte. Ich habe damals in einer Aktklasse Modell gestanden, eine
Freundin hatte mich gebeten, sie zu vertreten. Es war Liebe auf den ersten
Blick. Das Bild, das er damals gemalt hat, habe ich immer noch, aber ich zeige
es nur sehr wenigen Leuten. Es ist zu intim. Wollen Sie noch einen Scone? Wann
kommt eigentlich Ted?»
«Er hilft Reg, die Einnahmen zu
zählen. Es ist ja eine riesige Summe...» Felicity hob ratlos die Hände. «Ich
bin nur froh, daß Reg sich bereit erklärt hat, dafür die Verantwortung zu
übernehmen.»
«Wie sahen denn die
Vereinbarungen mit den Kunsthandwerkern aus?»
«Sie mußten eine nominelle
Gebühr für den Stand entrichten und einen bestimmten Prozentsatz ihrer
Einnahmen an uns abführen. Miranda hatte sich da ein ausgefuchstes System
überlegt, um Schmu zu verhindern. Wie es scheint, hat es funktioniert.»
«Als erstes werden wir das
Kirchendach reparieren, und zwar mit erstklassigem Norfolk-Reet. Möglicherweise
lassen wir auch in dem Kirchenschiff einiges machen. Joyce schlug vor, daß das
Dorf sich einen eigenen Bus anschaffen solle, ich finde das eine sehr gute
Idee. Und die Schule braucht einen Computer. Es ist so aufregend, endlich Geld
zu haben, Mavis. Bis jetzt mußten wir immer jeden Penny zweimal umdrehen.»
«Und wenn es wieder knapp wird,
dann können Sie eine neue Ausstellung veranstalten.»
Felicity schüttelte heftig den
Kopf. «Also von Ausstellungen und Festen habe ich fürs erste die Nase voll. Sie
und Mr. Pringle sind wirklich eine Art Himmelsgeschenk gewesen, ich weiß nicht,
wie ich sonst alles geschafft hätte.»
«Uns hat es Spaß gemacht.»
«Aber ich fürchte, Sie haben
kaum etwas von der Umgebung gesehen, oder? Ted und ich dachten, Sie würden mehr
Spazierengehen und die frische Luft genießen.»
«Ach, nein, vielen Dank», sagte
Mrs. Bignell höflich, «aber ich bin einfach an Bürgersteige gewöhnt.»
Detective Sergeant Mather war
anzumerken, daß er entmutigt war. «227 Bindfadenproben», sagte er dumpf.
«So viele?!»
«Ja. Die Leute hier sind
anscheinend begeisterte Gärtner. Und außerdem sehr sparsam, heben jeden noch so
kleinen Bindfadenrest auf. Einer hatte eine ganze Schublade voll, zum Teil noch
aus den Kriegsjahren, und wollte sie einfach nicht rausrücken.» Der Kontakt mit
der Dorfbevölkerung hatte offenbar auch Mathers Einstellung bezüglich des
Mordfalls beeinflußt. «Jeder hier kommt als Täter in Frage. Was mich bloß
wundert: Warum hat der Mörder die Schnur nicht einfach wieder mitgenommen?»
«Vielleicht war das nicht so
einfach, wie Sie sich das vorstellen», sagte Andrews, «sie war ja wohl ziemlich
gut eingebettet.»
«Besteht hier heute eigentlich
noch Aussicht auf eine Tasse Kaffee?»
Andrews schüttelte den Kopf.
«Der Elektriker hat sich noch einmal gemeldet, um zu sagen, daß er doch nicht
kommen könne — seine Firma bezahlt am Wochenende keine Überstunden.» Mather
stieß Verwünschungen aus.
Das Telefon klingelte, und
Andrews hob ab.
«Ermittlungszentrale.»
Plötzlich setzte er sich gerade hin, sein Ton wurde vorsichtig. «Ja, Sir, ich
verstehe. Wir sind einem Hinweis nachgegangen... Nein, Sir.
Selbstverständlich... Ja... Ja... Nein, es steht hier nicht mehr unter
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