Pringle vermisst eine Leiche
Pringle wollte eigentlich gar nichts sagen, vielmehr etwas erfahren. Eddie
bohrte nachdenklich seine Zungenspitze in die Wange, dann sagte er
unvermittelt: «Der Major ist tot und begraben. War ‘natürliche Ursachen›, sagt
man.»
«Und möge er in Frieden ruhen»,
antwortete Mr. Pringle. «Waren das eigentlich Sie, der ihn gefunden hat?»
«Wie komm’ Se ‘n darauf? Ich
hab doch die Polizei nich gerufen...»
«Nein», stimmte ihm Mr. Pringle
zu und bewunderte insgeheim Eddies rhetorische Finesse.
«Hab gehört, das war Len.» Auch
ein Runkle, dachte Mr. Pringle, und ließ wie zufällig seinen Blick auf Eddies
Flinte ruhen.
«In der Nacht, als der Major
starb, waren Sie da wieder hinter der Füchsin her?» Fast schien es, als habe
Eddie seine Frage nicht gehört, doch dann sagte er: «Schon möglich. Versuch
seit Wochen, sie zu erwischen.»
Mr. Pringle fand es an der
Zeit, die Deckung zu verlassen. «Ich habe mir überlegt», begann er, «ob es sein
könnte, daß der Major eine Art Schock erlitten hat, der dann einen Herzanfall
auslöste. Ich hielte es für möglich, daß vielleicht dies die tatsächliche
Todesursache war.» Eddie schwieg.
«Der Schock könnte zum Beispiel
durch einen Schuß bewirkt worden sein», sagte er wie in Gedanken, «vielleicht
einen, der sich unabsichtlich gelöst hat, vielleicht auch einen, der eine
Füchsin treffen sollte...»
«Iss ‘ne Pest, diese Füchsin!»
Mr. Pringle nickte.
«Ich glaub, jetzt erinner ich
mich wieder... Sie iss in der Nacht an mir vorbeigestrichen...» konzedierte
Eddie.
Mr. Pringle hielt den Atem an.
Jetzt nur nichts verderben! «Sie war sehr dicht?»
«Und ob! Ich hab draufgehalten,
aber nich getroffen.»
«Pech», sagte Mr. Pringle
mitfühlend.
«Und ich kann ja nich beweisen,
worauf ich gezielt hab.»
Mr. Pringle nickte wieder. Das
war in der Tat ein Dilemma.
«‘s war noch extra laut, weil
es genau unter der Autobahnbrücke war.»
«Sie waren überrascht, daß da
außer Ihnen noch jemand war?» fragte Mr. Pringle. Eddie schien jetzt froh,
reden zu können.
«Was hatte dieser blöde Kerl
auch nachts um die Zeit am Gefallenen-Ehrenmal zu suchen?»
Mr. Pringle stutzte plötzlich,
ohne daß er hätte sagen können, warum. Er beschloß, später darüber
nachzudenken.
«Weil er nur aus der Richtung
gekommen sein kann, sonst wär er ja vor mir gewesen. War er aber nich, das weiß
ich genau, weil ich ja die ganze Zeit nach der Füchsin Ausschau gehalten hab.
Als ich geschossen hab und ich dann plötzlich sein’ Schrei hörte, hab ich
gedacht, ich hätt ihn getroffen — beinah wär ich selbst vor Schreck gestorben.»
Mr. Pringle sah Eddie ruhig an. «Hat nur einmal geschrien», sagte Eddie leise.
«Als ich zu ihm kam, war er schon umgefallen. Ich hab ihm mit der Taschenlampe
ins Gesicht geleuchtet... Er hat gekeucht und gespuckt. Dann hat er noch mal
gezuckt, und alles war vorbei. Ich konnte nichts mehr tun.»
«Nein», sagte Mr. Pringle.
«Ich hab dann nachgesehn, ob da
irgendwo ein Einschußloch war oder eine versengte Stelle, daß der Schuß ihn
vielleicht nur gestreift hat — nix! Aber am Brückenpfeiler waren Spuren zu
sehen, deshalb hab ich ihn ein Stück weggetragen. Ich wollte keine dummen
Fragen, auch wenn es nur ein Unfall war.»
«Ich verstehe», sagte Mr.
Pringle. Der Major hatte an dem Abend getrunken und gestritten — der Schreck
über den unverhofften Knall hatte seinem schwachen Herzen dann den Rest
gegeben. Soweit war alles geklärt. Blieb nur noch die Frage: Hatte er vorher
noch mit dem Pfarrer gesprochen? War er also auf dem Heimweg gewesen? Mr.
Pringles Gedanken wirbelten durcheinander, er brauchte Zeit zum Überlegen. Um
sich Eddie gegenüber nichts von seiner Verwirrung anmerken zu lassen, sagte er
wie beiläufig: «Ich wundere mich eigentlich, daß Sie es unter der
Autobahnbrücke überhaupt gewagt haben zu schießen, Mrs. Kenny ist doch des
öfteren dort nachts unterwegs.»
Eddie schüttelte den Kopf. «In
der Nacht nich. Davon hab ich mich vorher überzeugt, das tu ich immer.»
«Sie hat also in der Nacht
nicht nach den Fröschen gesehen?»
«Nee.» Eddie grinste gemein.
«Iss doch sowieso alles nur Heuchelei, besonders nachts.»
«Ach ja?»
Elsie steckte ihren Kopf durch
die Küchentür. «Wir beide wissen, was sie in Wahrheit getan hat, nich, Eddie?»
Genau diesen Gesichtsausdruck habe ich doch schon mal bei ihr gesehen, dachte
Mr. Pringle. Ihm kam eine Ahnung.
«Sie hat doch nicht etwa...?»
fragte er
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