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Printenprinz

Printenprinz

Titel: Printenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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Grundler über diese Beziehung der beiden Männer zu reden. Der Anwalt, ein ehemaliger Studienfreund von Müller, konnte ihm gegebenenfalls einen Gesprächstermin verschaffen.
    Eine mögliche Umsiedlung des Printenwerks nach Köln wurde in den Artikeln nicht erwähnt. Entweder bestand zwischen der Firmenpolitik von Sybars und seinem karnevalistischen Interesse nach Ansicht der Journalisten kein erwähnenswerter Zusammenhang oder es wusste in der Redaktion niemand davon. Oder aber, und auch diese Möglichkeit schloss Böhnke nicht aus, wollte man eine mögliche Ansiedlung erst gar nicht publik machen.
    Er hätte gerne die besagten Aktenordner aus von Sybars Büro zur Hand genommen. Aber dieser befand sich vermutlich im Besitz von Landmann. Zufall?
    Daran wollte der pensionierte Kommissar nicht glauben.

    Nach einer ausgedehnten Mittagspause mit ›Schonung seiner strapazierten Augen‹, wie er sein Nickerchen auf der Couch neben dem wohlig warmen Kachelofen bezeichnete, war er bereit, sich weiter mit dem karnevalistischen Treiben von Peter von Sybar zu beschäftigen.
    Der Tote hatte den Ordner über sein närrisches Engagement in Köln in zwei Abteilungen gegliedert. Sorgfältig hatte er zunächst in chronologischer Reihenfolge die Geschichte seiner Regentschaft dokumentiert. Der zweite Teil bestand aus Kopien von Zeitungsartikeln.
    Die Idee, als Dreigestirn in Köln aufzutreten, musste von Sybar beim Skatabend mit seinen Freunden Bartuschak und Mattern gekommen sein. Die sagten sofort zu, die Rollen als Jungfrau und Bauer übernehmen, wenn er es schaffen würde, als Prinz Pitter III. in Köln angenommen zu werden. Den ersten Notizen von von Sybar zufolge waren seine Skatbrüder skeptisch gewesen, dass ausgerechnet ein Aachener Narrenherrscher in Köln werden könnte. Sie hatten sogar dagegen gewettet. Der Einsatz war gering gewesen: Von Sybar sollte als Verlierer die gemeinsame Silvesterfeier ausrichten, sie würden wiederum als Verlierer von Sybar und seine Ehefrau zu einem Galadiner einladen.
    Anscheinend wussten sie nicht von der bereits gereiften Überlegung von Sybars, als Unternehmer in Köln Wurzeln zu schlagen. Deswegen hatte er schon Gespräche mit Müller geführt, wie Böhnke aus den weiteren Unterlagen erfuhr. Von Sybar hatte von Müller erfahren, dass die Kölner Karnevalisten sich schwer taten mit einem Dreigestirn; entweder hatten die Bewerber überhaupt kein Geld oder fehlenden karnevalistischen Hintergrund. Hinzu kam die Finanzschwäche des organisierten Karnevals: Das Organisationskomitee konnte nicht nur keinesfalls ein klammes Dreigestirn mit Geld unterstützen, es war außerdem nicht in der Lage, mit der Umlage aus den Vereinen und den Gebühren aus den Sitzungen seinen eigenen Geschäftsbetrieb zu finanzieren. ›Die sind absolut pleite, die haben nichts mehr, was sie verkaufen können, und kriegen von niemandem mehr Geld geliehen‹, hatte von Sybar ein Zitat Müllers notiert.
    Geschickt verband von Sybar die verschiedenen Interessen: Müller war an der Betriebsverlagerung interessiert und förderte deshalb dessen Anliegen. Die närrischen Entscheidungsträger nahmen den üppigen Geldregen gerne an und konnten bei Kritik immer ins Feld führen, der Kölner Oberbürgermeister selbst habe sich für den Prinzen aus Aachen stark gemacht. Da würde Müller nichts anderes übrig bleiben, als überall bei den Karnevalisten gut Wetter zu machen und die Entscheidung der Funktionäre wohlwollend zu unterstützen.
    Aber von Sybar wäre nicht er selbst gewesen, wenn er nicht auch seine eigenen karnevalistischen Interessen durchgesetzt hätte. Er wollte, wie während seiner Aachener Regentschaft, auf eine vertraute und bewährte Mannschaft zurückgreifen.
    Selbstverständlich hatte das Komitee keine Bedenken, Bartuschak als Jungfrau und Mattern als Bauern zu akzeptieren. Aber es fiel ihnen sehr schwer, einen weiteren Punkt aus dem Gesamtpaket von Sybars zu akzeptieren: Wie in Aachen wollte von Sybar als Prinz Pitter III. mit einem fast zweistündigen Bühnenprogramm in den Sälen auftreten. Zu dem Programm gehörten unter anderem ein Tanzmariechen, das Weltmeisterin geworden war, ein Gesangsduo, das alljährlich in diversen Fernsehsitzungen Auftritte hatte, ein charmanter Entertainer, der über seine Rolle als junger Vater eines Mädchens schwadronierte und eine Mundartgruppe, die über Jahre die ›Närrische Hitparade‹ im Rundfunk beherrscht hatte. Die Akteure hatten aus Sicht des Komitees einen Makel:

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