Printenprinz
den Sinn. Was wäre, wenn er von Sybar nur darüber informierte, dass er den Brief und damit die E-Mail-Adresse gefunden hatte? Das war zum einen unverfänglich und zeigte von Sybar zum anderen, dass sein Auftrag ausgeführt wurde.
Böhnke nahm sich vor, von Sybar eine Mail zu schicken mit den besten Grüßen zum Weihnachtsfest und zum Jahreswechsel. Eventuell würde dieser sogar antworten.
Durstig suchte er die Schrankwand ab. Irgendwo würde er vielleicht eine Art Minibar finden, hoffte er. Aber er wurde enttäuscht. Da blieb ihm nichts anders übrig, als eine andere Tränke zu suchen. Er würde in Richtung Heimat fahren und sich in einem Café in Roetgen die Zeit bis zu seinem Besuch bei Mandelhartz vertreiben.
Ungesehen, wie er gekommen war, verschwand er wieder aus der obersten Etage. Im Hausflur nahm ihn niemand zur Kenntnis und auch der Wachmann neben der Ausgangstür blickte uninteressiert auf ihn.
Er stand bereits vor dem Gittertor an der Straße, als ein Mercedes seinen Weg kreuzte. Landmann, an seiner Seite Elisabeth von Sybar, fuhr auf das Gelände. Wenn sie ihn gesehen oder erkannt hatten, ließen sie es sich nicht anmerken, vielleicht hatten sie ihn aber auch gar nicht zur Kenntnis genommen, weil ein unscheinbarer alter Mann am Straßenrand für sie ohne Bedeutung war.
Böhnke machte sich darüber weiter keine Gedanken. Er stieg in Lieselottes Wagen und bahnte sich seinen Weg aus der Stadt in die Nordeifel. So ganz bei der Sache war er wohl während der Fahrt nicht. Er erschrak, als er realisierte, dass er bereits auf der Hauptstraße in Roetgen unterwegs war. Nahezu mechanisch hatte er die Fahrt absolviert; ein Fehler, der schon vielen Autofahrern zum Verhängnis geworden war, weil sie sich auf alles andere konzentriert hatten, nicht aber auf die Straße.
Er hatte sich auf dem Weg in die Eifel seinen Überlegungen hingegeben, die sich in seinem Kopf ausbreiteten. Das merkwürdige Schreiben des Printenkönigs beschäftigte ihn mehr, als ihm lieb sein konnte. Dabei war es weniger der Inhalt als der Umstand, diesen Brief erst heute gefunden zu haben.
Wieso war ihm beim vorherigen Betrachten der Bücher nicht aufgefallen, das eines nicht korrekt einsortiert war? Lag es vielleicht daran, dass es nachträglich auffällig platziert wurde oder hatte er es schlichtweg nicht bemerkt? Wer könnte es nachträglich falsch herum hingestellt haben? Angeblich hatte nur der Printenkönig einen Schlüssel zum Zimmer, was zwangsläufig bedeutete, dass er selbst oder ein Helfer den Brief nachträglich deponiert haben musste. Es sei denn, ein Dritter hatte die Möglichkeit, das Zimmer zu betreten. Betrieb der alte von Sybar sein eigenes Spiel, war alles, was er machte oder vorgab zu machen, nur ein ›Fake‹, wie es Neudeutsch hieß? Saß er vielleicht irgendwo in der Nähe und zog heimlich nach Gutdünken an den Strippen?
Böhnke wollte seine Überlegung nicht vertiefen. Im Endeffekt könnte es bedeuten, dass der Printenkönig hinter allem steckte. Ihm kam eine Andeutung in den Sinn, die der Kölner Oberbürgermeister bei ihrem abgebrochenen Sonntagsbrunch gemacht hatte: Er habe den Eindruck gehabt, dem Alten sei es gar nicht so recht, dass das Unternehmen eventuell nach Köln verlagert werden sollte. Dies sei in den Gesprächen mit Peter von Sybar teilweise angeklungen.
Böhnke weigerte sich, den Gedanken weiterzuspinnen. Er schüttelte sich, konzentrierte sich endlich auf den Verkehr und stellte mit Schrecken fest, dass er fast schon am Ziel angekommen war. Von der Bundesstraße bog er in Roetgen links ab in den Ort und hielt auf dem Parkstreifen vor einer Bäckerei mit Cafébetrieb, in der er gelegentlich mit Lieselotte einkehrte. An seinem abseits gelegenen Tisch bestellte er, wie immer, einen gedeckten Apfel, selbstverständlich mit Sahne, und ein Kännchen Kaffee. Warum auch nicht?, fragte er sich. Er konnte sich das Stück Torte leisten, eher jedenfalls, als die vielen pummeligen Männer und Frauen, die an keinem Imbiss vorbeigehen konnten, ohne eine kalorienreiche Kleinigkeit zu erstehen. Mit seinem Gewicht und seiner Figur hatte er noch nie Probleme gehabt. Und wenn, wäre es ihm egal gewesen.
Er hatte sich aus seiner Jacke geschält und seinen Notizblock vor sich auf die Tischplatte gelegt. Warum nicht?, fragte er sich zum dritten Mal an diesen Tag, während er die junge Bedienung beobachtete, die ihm das Gedeck servierte.
Bei der Durchsicht seiner Notizen kam ihm die Idee. Die größte Schwierigkeit
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