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Prinz-Albrecht-Straße

Prinz-Albrecht-Straße

Titel: Prinz-Albrecht-Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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schiefgegangen war, und war fast befriedigt darüber. So sehen sie aus, diese Scheißkerle, dachte er, wenn sie aus ihren Rattenlöchern in der Etappe schlüpfen und einmal selbst Einsatz spielen müssen, den sie sonst so gleichgültig befehlen.
    »Hier Müller«, schrie der Gestapo-Chef schrill in die Leitung. Seine Stimme klang weinerlich. »Ja, sofort den Obergruppenführer Heydrich … sofort!« Es sah aus, als ob er sich an dem Hörer festhalten wollte. Er zuckte zusammen, als er mit dem Chef des RSHA verbunden war.
    »Was ist los, Müller?« fragte Heydrich.
    »Die Verbindung ist abgerissen«, erwiderte der Gestapomann atemlos. »Ich kann unsere Leute aus Bernau nicht erreichen, sie … sie sind schon unterwegs.«
    »Was heißt das?« fragte der Mann am anderen Ende der Leitung.
    »Ich kann die Aktion Himmler nicht mehr verhindern.« Jetzt stöhnte Müller fast.
    Die Antwort kam seltsam gequetscht aus der Muschel. Fast träge. So distanziert sprach Satan mit seinen Helfern. Stahmer trat unwillkürlich vor: Er bekam jedes Wort mit.
    »Hören Sie, Müller«, entgegnete Heydrich, »wenn Sie die Geschichte nicht verhindern … Mann, das kostet Ihren Kopf … Ich lasse euch alle an die Wand stellen … alle.«
    Müller legte auf, er war schweißgebadet. Seine Augen traten aus den Höhlen, wie sonst bei seinen Opfern, wenn sie in den schalldichten Kellern der Prinz-Albrecht-Straße geprügelt wurden.
    »Nicht zu fassen«, sagte er zu Stahmer, »der Führer schaltet auf Frieden um, und jetzt passiert das in Dreilinden.«
    Werner Stahmer nickte gleichgültig.
    »Stehen Sie doch nicht herum wie ein verbogenes Fragezeichen!« schrie ihn Müller an. »Tun Sie doch was!«
    »Ich warte auf Ihren Befehl, Gruppenführer«, versetzte der Agent spöttisch.
    »Ihr … ihr!« brüllte Müller weiter. »Das könnt ihr, sonst nichts.« Er riß die Tür seines Vorzimmers auf. Die Melder fuhren von den Stühlen hoch.
    »Noch keine Antwort, Gruppenführer«, sagte einer von ihnen.
    Müller wankte fast zu seinem Schreibtisch zurück.
    Sein Gesicht war jetzt so farblos wie die Wand, gegen die ihn Reinhard Heydrich stellen lassen wollte.

64
    Mitternacht. Hundert Menschen in Uniformen begriffen, daß man sie allein ließ. Einige schliefen, andere aßen, manche träumten von Flucht. Aber wohin? Wie weit können sie kommen? In einem totalen Polizeistaat, ohne Geld, ohne Papiere, unzählige Male für die Fahndungskartei fotografiert.
    »Sinnlos«, sagte Rosenstein zu seinem Freund Mersmann.
    Sie starrten in die Nacht.
    Dann sahen sie Schatten. Dort, am Waldrand, neben der Schneise. Unsinn, rügten sie ihre Nerven, Halluzinationen. Aber die Schatten vermehrten sich, wurden deutlicher und verwuchsen dann plötzlich wieder mit dem Erdboden.
    »Volle Deckung«, hatte ihnen der Kompaniechef zugeraunt.

65
    Null Uhr acht, Heydrich starrte auf das Telefon wie Gruppenführer Müller. Die Männer in seinem Vorzimmer flüsterten fast. Der Chef des RSHA lief unruhig durch sein Büro, wie ein Raubtier im Käfig.
    Müller hatte sich nicht mehr gemeldet. Was das bedeutet, wußte Heydrich. Unvorstellbar! Eine Panne wie noch nie. Die Lautsprecher sind auf Frieden umgeschaltet, und jetzt vielleicht schon knatterten in Dreilinden die Maschinengewehre und krepierten die Handgranaten.
    Himmler verständigen? Der Reichsführer erfuhr es schon früh genug. Wie konnte dieser Idiot von einem Müller die Verbindung abreißen lassen! Diese Dilettanten! Das verbissene Lächeln in Heydrichs Gesicht taugte nichts. Es war verkniffen und ungut. Es war eine Grimasse der Furcht.
    In diesen endlosen Minuten aus Gummi hatte selbst der Satan Angst …

66
    Ein Wehrmachtskrad ratterte durch die Nacht. Der Mann, der die Lenkstange verkrampft festhielt, trug SS-Uniform und hatte sich eine Schutzbrille über die Augen gezogen. Die Maschine jagte querfeldein. Jede Sekunde mußte sie sich überschlagen. So wie dieser Mann fuhr nur ein Betrunkener, ein Verrückter oder ein Bursche, den die Todesangst jagte.
    Die äußerste Verschwiegenheit, mit der die Aktion Himmler vorbereitet wurde, rächte sich jetzt. Kein Mensch wußte genau Bescheid. Die Rechte durfte nicht wissen, was die Linke tat. Die Mörder in polnischen Uniformen waren seit einer Stunde aus ihren Quartieren aufgebrochen, ihre Opfer kauerten irgendwo im Gelände. Es bestand kein Zweifel, daß der ›Zwischenfall‹ pünktlich auf die Sekunde gestartet wurde.
    In knapp vier Minuten also.
    So lange hatte der Melder

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