Prinz Charming
Schau nicht so verdutzt drein! Hast du noch nicht gemerkt, wie er dich anstarrt?«
»Meinst du diesen Blick, der besagen soll, er würde mich erwürgen, wenn es nicht gegen das Gesetz verstieße?«
Victoria lächelte. »Diesen Blick habe ich ein paarmal gesehen, das muß ich zugeben. Übrigens, du wolltest doch eine Köchin, eine Kinderfrau und ein Dienstmädchen engagieren. Werden wir genug Zeit finden, um in Cincinnati geeignete Leute aufzuspüren?«
»Wohl kaum. Ich fürchte, vorerst müssen wir ohne Hilfe auskommen. Vielleicht können wir in Redemption jemanden einstellen.« Aber da machte sich Taylor keine großen Hoffnungen. Wie viele Köchinnen mochten in einer Stadt leben, die aus zwei Häuserblocks bestand?
Victoria schien ähnliche Bedenken zu hegen. »Zur Sicherheit habe ich ein Kochbuch gekauft. Die Rezepte sind ganz einfach.«
Eine Zeitlang redeten sie noch über verschiedene Probleme, die sie lösen mußten, und gegen Mitternacht ging Victoria in ihr Zimmer zurück, nachdem sie sich erboten hatte, am nächsten Morgen mit den Kindern zu frühstücken.
Taylor war zu nervös, um Schlaf zu finden. Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu den Border-Brüdern zurück. Man mußte ihnen das Handwerk legen, sonst würden andere Kinder ebenso leiden müssen wie die Zwillinge und der kleine Junge. Endlich glaubte sie, daß es ihr gelungen war, einen brauchbaren Plan zu schmieden.
Als Lucas das Zimmer betrat, saß sie am Schreibtisch und machte sich Notizen, so vertieft in ihre Tätigkeit, daß sie ihm kaum einen Blick gönnte. Und so konnte er sie in Ruhe betrachten. Dabei gewann er den Eindruck, er wäre aus einer schmutzigen Hölle, bewohnt von Dämonen wie den Borders, in einen strahlend hellen Himmel gelangt. Mit ihren blonden Locken und den klaren blauen Augen glich seine Frau tatsächlich einem Engel. Wie sehr er sie liebte und begehrte ...
Er nahm ein Bad, und als er ins Zimmer zurückkam, beugte sie sich immer noch über ihre Schreibarbeit. Sein Verlangen war keineswegs erloschen. In dieser Nacht mußte es endlich gestillt werden. »Was machst du denn da, Taylor?«
»Gerade habe ich eine Zeitungsannonce entworfen.« Sie legte ihre Feder beiseite und schaute zu ihm auf. »Darin biete ich eine Belohnung von fünftausend Dollar für Informationen an, die zur Festnahme und Verurteilung von Billie und Cyrus Border führen. Oder glaubst du, ich müßte diese Summe erhöhen?«
Er schüttelte den Kopf. »Ihre Freunde würden sie auch für viel weniger Geld verkaufen.«
»Das dachte ich mir. Ich hinterlege das Geld bei einer Bank und beauftrage einen Angestellten, die Belohnung gegebenenfalls auszuzahlen. Hoffentlich kann ich auf diese Weise mithelfen, die Brüder hinter Gitter zu bringen.«
»Sie werden nie wieder Böses tun.«
Erregt sprang sie auf. »Was ist geschehen?«
Er zuckte die Schultern und verschwieg, daß die Borders den Tod gefunden hatten. Die Wahrheit würde Taylors zarte Seele zu sehr belasten. Es war ein fairer Kampf gewesen, doch dann hatte Cyrus versucht, Hunter in den Rücken zu schießen. Lucas schaltete ihn aus, und sein Freund rechnete mit Billie ab. Statt ihn kaltblütig zu töten, wartete er ab, bis der Schurke auf ihn zielte. Erst dann hatte Hunter mitten in das schwarze Herz getroffen.
Aber jetzt wollte Lucas nicht mehr an diesen Abschaum denken. »Die Borders sind weg.«
»Du meinst, sie haben die Stadt verlassen?«
Darüber dachte er kurz nach. Sicher, in gewisser Weise hatten sie Cincinnati verlassen. Vermutlich waren ihre Seelen bereits in der Hölle gelandet, und ihre Körper begannen zu vermodern, wo immer Hunter sie verscharrt hatte. »Ja, so könnte man es nennen.«
Energisch stemmte sie die Hände in die Hüften. »Erzähl mir in allen Einzelheiten, was passiert ist!«
»Hunter und ich haben uns um das Problem gekümmert Mehr brauchst du nicht zu wissen. Bist du müde?«
»Nein, aber ...«
»Gut, dann gehen wir ins Bett.« Er nahm ihre Hand und führte sie zum Alkoven. Nach dem Bad hatte er nur seine Hose angezogen, kein Hemd und keine Schuhe. Taylor sah seinen breiten, gebräunten Rücken und wußte, wie angenehm warm sich seine Haut anfühlen würde. Rasch verdrängte sie diesen Gedanken, konnte aber nicht verhindern, daß ihr Atem stockte.
Neben dem Bett blieb er stehen und wandte sich zu ihr. Da sah sie das dunkle Kraushaar über seiner bereits aufgeknöpften Hose und errötete. In ihrer Verwirrung sprach sie einfach aus, was ihr als erstes in den Sinn
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