Prinz Charming
niemals vom Reichtum beeindrucken«, warnte sie. »Nehmen Sie ihn nicht wichtiger als Ihre Selbstachtung und Ihre Würde, sonst werden Sie eines Tages so tief sinken wie Jane. Und das wollen Sie doch nicht?«
»Du lieber Himmel, nein!« beteuerte Catherine erschrocken. »Niemals will ich mich vom Reichtum blenden lassen. Aber wenn ich diesen Schmuck trage, fühle ich mich wie eine Prinzessin. Das ist doch kein Fehler?«
»Nein«, erwiderte Taylor belustigt. »Und es ist mir ein Vergnügen, Ihnen eine Freude zu machen.«
»Sicher paßt Papa gut auf die Juwelen auf, und morgen bringe ich sie Ihnen persönlich zurück.«
Taylor schüttelte den Kopf. »Morgen brauche ich sie nicht mehr. Sie gehören Ihnen.«
»Aber ...«, begann das Mädchen verwirrt.
»Ich schenke sie Ihnen.«
Da begann Catherine zu schluchzen, überwältigt von Taylors Großzügigkeit.
»Oh, ich wollte Sie nicht zum Weinen bringen!« Bestürzt ergriff Taylor die Hand des Mädchens. »Mit oder ohne Saphire - Sie sehen zauberhaft aus, Catherine. Trocknen Sie
Ihre Tränen, ich suche einen geeigneten Tanzpartner für Sie.« Als Milton Thompson ihrem Blick begegnete, gab sie ihm ein Zeichen, und er eilte sofort herbei. Wenig später wurde Catherine auf die Tanzfläche geleitet. Strahlend lächelte sie, flirtete, kicherte und benahm sich wieder wie eine ganz normale Fünfzehnjährige.
Taylors Freude über ihren Erfolg dauerte nicht lange. Wo mochte ihr Begleiter stecken? Sie beschloß, durch den Ballsaal zu wandern. Natürlich würde sie dabei einen weiten Bogen um ihre Kusine und William machen. Und wenn sie den Mann noch immer nicht fand, würde sie einfach gehen. Für einen Abend hatte sie genug gelächelt. Und Lady Esther brauchte ja nicht zu erfahren, daß ihre Enkelin nur fünfzehn oder zwanzig Minuten im Ballsaal geblieben war.
Drei wohlmeinende Freundinnen traten ihr in den Weg. Alison, Jennifer und Constance hatten gemeinsam mit ihr Miss Lorrisons Schule für gutes Benehmen und wissenschaftliche Interessen besucht. Da Alison ein Jahre älter war als die anderen, bildete sie sich ein, sie wäre viel erfahrener. Das hochgewachsene, etwas plumpe Mädchen besaß dunkelblondes Haar und haselnußbraune Augen. »Taylor, Darling, wie schön du heute abend bist! Neben dir sehe ich völlig unscheinbar aus.« Sie nannte alle Leute »Darling«, weil sie glaubte, das klinge besonders weltgewandt.
»Niemals wirst du unscheinbar aussehen«, erwiderte Taylor lächelnd, denn sie wußte instinktiv, was Alison hören wollte.
»Ja, ich mache eine tolle Figur, nicht wahr? Das Kleid ist neu und hat Vater ein Vermögen gekostet. In dieser Saison will er mich mit aller Macht verheiraten, selbst wenn er nachher bankrott geht.«
Taylor fand die Ehrlichkeit ihrer Freundin erfrischend. »In diesem Saal könntest du an jedem Finger fünf Gentlemen haben.«
»Aber der einzige, der mich interessiert, schaut nie in meine Richtung«, gestand Alison.
»Und dabei hat sie alles getan, um seine Aufmerksamkeit zu erregen«, mischte sich Jennifer ein. Dann stopfte sie eine braune Strähne in ihren straffen Haarknoten, ehe sie hinzufügte: »Nicht einmal, wenn sie direkt vor seinen Füßen in Ohnmacht fiele, wäre er beeindruckt.«
»Wahrscheinlich würde er sie gar nicht auffangen«, meinte Constance. »Laß doch deine Frisur in Ruhe, Jennifer, du bringst sie ja ganz durcheinander. Und setz die Brille auf. Wenn du dauernd blinzelst, kriegst du Falten in den Augenwinkeln.«
Jennifer ignorierte diese Vorschläge. »Sicher bekäme Alisons Vater einen Herzanfall, wenn dieser Mann tatsächlich um sie werben würde.«
Da nickte Constance emphatisch, wobei ihre kurzen Löckchen wippten. »Ein übler Junge«, informierte sie Taylor.
»Junge? Darling, er ist schon ein Mann!« protestierte Alison.
»Ein Mann von schlechtem Ruf!« entgegnete Constance. »Wirke ich nicht zu blaß, wenn ich Rosa trage, Taylor? Nach Jennifers Meinung passen meine roten Haare und die Sommersprossen zu keiner Rosa-Nuance, aber ich war so verliebt in diesen Stoff...«
»Du siehst bildhübsch aus«, versicherte Taylor.
»Das stimmt, er hat einen schlechten Ruf«, gestand Alison. »Gerade das fasziniert mich ja so an ihm.«
»Melinda hat gehört, er sei allein in dieser letzten Woche jeden Abend mit einer anderen Frau ins Bett gegangen«, erzählte Constance. »Könnt ihr euch das vorstellen? Er kriegt jede, die er nur will, und er ist so ...« »Verführerisch?« fiel Alison ihr ins Wort.
Das Blut
Weitere Kostenlose Bücher