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Prinz Charming

Titel: Prinz Charming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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sie trat noch näher zu ihm, um etwas mehr von seiner Körperwärme zu spüren.
    Dieser Mann gab ihr die Sicherheit, die sie brauchte, um ein neues Leben zu beginnen. Voller Zuversicht blickte sie in die Zukunft. Bald würde sie Boston erreichen, ihre kleinen Nichten Wiedersehen und an einen Ort bringen, wo Onkel Malcolm sie niemals finden würde.
    Plötzlich ging ihr ein Gedanke durch den Sinn. Redemption - Erlösung ... Wär das die Zufluchtsstätte, die sie suchte?

3
    Denn gnädig sein gibt echten Adel kund.
    William Shakespeare, Titus Andronicus
    Lady Victoria Helmits Selbstmordversuch mißlang.
    Das hätte sie nicht überraschen dürfen, denn in ihrem Leben war ihr schon sehr viel mißlungen, so wie es ihre Eltern prophezeit hatten. Wenn die beiden sie jetzt beobachten könnten, würden sie sich vor Lachen ausschütten und dann voller Genugtuung die Lippen kräuseln. Ihre eigensinnige, nichtswürdige Tochter erfüllte alle Erwartungen. Und nun konnte sie nicht einmal lange genug zu weinen aufhören, um sicher über die Reling zu klettern und sich ins Meer zu werfen. Neben all ihren anderen schlechten Eigenschaften war sie auch noch feige.
    Was ihr Aussehen betraf, genoß sie die Gunst der Götter. Sie war bildhübsch mit ihrem kastanienroten Haar, den grünen Augen, die an irisches Frühlingsgras erinnerten, hohen Wangenknochen und aristokratischen Gesichtszügen. Dies alles hatte sie von ihrer Familie mütterlicherseits geerbt. Großmutter Aisley stammte aus dem County Clare, der Großvater war in einer kleinen nordfranzösischen Provinz geboren worden und aufgewachsen. Da Großmutters Verwandte den Namen des Franzosen nicht einmal aussprechen konnten, ohne laut zu kreischen und vulgäre Witze zu reißen, und Großvaters Familie die nichtsnutzigen, wenig trinkfesten Iren ebensosehr verachtete, zog das frischgebackene, von Mißgunst verfolgte Ehepaar auf neutralen englischen Boden.
    Zu Lebzeiten der Großeltern war Victoria maßlos verwöhnt worden. Prahlerisch verkündete der Großvater, sie habe den Hang zur Dramatik und die Liebe zu Shakespeare von ihm geerbt. Ebenso glücklich wies die Großmutter auf das leidenschaftliche Temperament hin, das sie dem Mädchen in die Wiege gelegt hatte.
    Aber Victoria war keineswegs der Augapfel ihrer Eltern. Andernfalls hätten die beiden sie nicht aus dem Haus geworfen und als unverbesserliche Närrin bezeichnet. Damit hatten sie allerdings recht, wie sie sich nun laut schluchzend eingestand. Rasch preßte sie eine Hand auf den Mund und schaute nach allen Seiten. Aber zu dieser Stunde, um drei Uhr morgens, war sie allein an Deck. Die anderen Passagiere der Emerald schliefen tief und fest, die Besatzung beschäftigte sich anderswo.
    Jetzt oder nie. Seit drei Tagen fuhr das Schiff übers Meer. Tiefer konnte das Wasser nicht mehr werden. Und wenn sie die Tat begehen wollte, fand sie in diesem Augenblick eine großartige Gelegenheit, denn sie war mutterseelenallein.
    Doch da täuschte sie sich. Lucas stand bei der Kajüttreppe, beobachtete Victoria und fragte sich, was diese alberne Frau um Himmels willen vorhatte. Dann hörte er Seide rascheln, drehte sich um und sah Taylor die Stufen heraufsteigen.
    Da er noch weiter in den Schatten des Mondes zurückwich, entdeckte sie ihn nicht. Und er gab sich auch nicht zu erkennen, denn er wollte herausfinden, warum sie mitten in der Nacht an Deck ging. Die schluchzende Frau erregte wieder seine Aufmerksamkeit. Nun schob sie eine schwere Kiste über die Planken.
    Vom Weinen geschwächt, brauchte Victoria eine halbe
    Ewigkeit, um die Kiste an die Reling zu rücken. Ihre Füße fühlten sich an wie Blei. Endlich war es geschafft.
    Sie stieg auf die Kiste, klammerte sich an die Reling und versuchte, ein Bein hochzuschwingen. Wie weiße Flaggen, zum Zeichen der Kapitulation gehißt, flatterten ihre Unterröcke im Wind. Wieder begann sie, laut und angstvoll zu schluchzen. Nein, sie brachte es einfach nicht fertig.
    Resignierend kletterte sie von der Kiste, brach auf den Deckplanken zusammen und weinte hemmungslos. Großer Gott, was sollte sie nur tun?
    »Verzeihen Sie, wenn ich mich in Ihre Privatangelegenheiten einmische, aber ich würde Ihnen gern helfen. Oder ist alles in Ordnung?«
    Victoria blinzelte ins Dunkel, aus dem die Flüsterstimme zu ihr drang, und schüttelte heftig den Kopf. Langsam und vorsichtig trat Taylor ins Mondlicht. Sie wollte die junge Frau nicht erschrecken und zu drastischen Maßnahmen treiben, denn sie war zu weit

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