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Prinz Charming

Titel: Prinz Charming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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Worte und nickte verlegen. Ihre Großmutter hatte sie fast nie gelobt, ein gewisses Verhalten von der Enkelin erwartet und sich meistens nur geäußert, wenn sie enttäuscht
    gewesen war. »Treffen wir uns morgen um zwei in der Schiffsbibliothek, Victoria. Um diese Zeit ist der Raum normalerweise verlassen, und wir können ungestört Pläne schmieden.«
    »Welche Pläne, Mylady?«
    »Für Ihre Zukunft, was sonst? Oder dachten Sie, ich würde Ihnen tröstend auf die Schulter klopfen und dann aus Ihrem Leben verschwinden?«
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Mylady...«
    »Hören Sie auf, mich so zu nennen! In Amerika zählen Adelstitel nichts.«
    »Wenn Sie meinen... Und Sie wollen mir wirklich helfen, Taylor?«
    »Selbstverständlich.«
    »Aber ich möchte Ihnen nicht zur Last fallen ...«
    Taylor nahm Victorias Arm und führte sie zur Kajüttreppe. »So dürfen Sie nicht denken. Wissen Sie, ich habe eine schreckliche Angewohnheit. Dauernd bilde ich mir ein, ich wüßte, was für alle Leute in meiner Umgebung am besten ist.«
    »Ich finde das gar nicht schrecklich.«
    »Da war meine Großmutter anderer Meinung. Sie betonte stets, ich dürfe mich nicht ins Leben anderer Menschen einmischen, das sei furchtbar arrogant. Und eins verspreche ich Ihnen, Victoria - ich werde Sie zu nichts zwingen, was Ihnen widerstrebt, aber ich bestehe darauf, daß Sie meine Hilfe annehmen.«
    »Vielen Dank, Taylor.«
    »Morgen, wenn Sie sich ausgeruht haben, reden wir weiter.«
    »Sicher werden Sie mir wertvolle Ratschläge geben.« Nach einer kurzen Pause fragte Victoria: »Wissen Sie auch immer, was für Sie selber am besten ist?«
    »Nein«, gestand Taylor seufzend. »Das ist ja der Haken an der Sache.«
    Lächelnd meinte Victoria: »Vielleicht weiß ich, was am besten für Sie ist.«
    Taylor erwiderte das Lächeln. »Das wäre wunderbar.« Auf der schmalen Treppe ließ sie ihr den Vortritt. »Ich begleite Sie zu Ihrer Kabine, damit ich sehe, wo Sie zu finden sind.«
    Am Fuß der Treppe drehte sich Victoria zu ihr um. »Könnten wir Freundinnen werden?«
    Ohne Zögern antwortete Taylor: »Ich glaube, das sind wir schon.« Welche Verantwortung sie übernommen hatte, wußte sie, und sie schreckte nicht davor zurück. So gut sie es konnte, wollte sie Victoria helfen, bis die junge Frau imstande war, allein für sich selbst und das Baby zu sorgen.
    Doch diese edlen Absichten hatten keine Zukunft, ebenso wenig wie Taylors Leben. Bald würde sie sterben, denn das Schiff ging unaufhaltsam unter. In wenigen Minuten würden alle Passagiere und die ganze Besatzung auf dem Meeresgrund im ewigen Schlaf versinken.
    Taylor hätte sich gern hingekniet und ihren Schöpfer gebeten, ihr all die bösen Gedanken zu verzeihen, die ihren Mitmenschen gegolten hatten. Natürlich würde sie Onkel Malcolm nicht in dieses Gebet einbeziehen.
    Wenn sie ihre Arroganz und ihr gebieterisches Verhalten ernsthaft bereute, würde sie sich vielleicht durch eine Hintertür in den Himmel schleichen können. Aber sie konnte nirgendwo knien, weil der Hurrikan das kleine Schiff gnadenlos hin und her warf. Und so kauerte sie auf ihrem Bett in der Ecke, preßte ihre Schulter an die Wand und versuchte, sich nicht zu fürchten - ein unmögliches Unterfangen.
    Vielleicht wäre es nicht so schrecklich gewesen, hätte nicht diese nachtschwarze Finsternis in der Kabine geherrscht Taylor haßte die Dunkelheit, wagte aber nicht, die Lamp anzuzünden, aus Angst, die Holzwände würden Feuer fangen. Verzweifelt kniff sie die Augen zusammen, umklammerte ein Kissen und lauschte dem Gepolter ihrer Truhen, die immer wieder umhergeschleudert wurden. Während sie auf ihr Ende wartete, schickte sie stumme Gebete zum Allmächtigen hinauf.
    Was sollte aus den Kindern ihrer Schwester werden? Die Zwillinge brauchten eine Mutter. Und Victoria - wenn sie überlebt und ich sterbe, dachte Taylor bedrückt. Sie hatte versprochen, ihrer neuen Freundin zu helfen. Was würde Victoria ohne sie in Amerika anfangen? Oh, es gab so viel zu tun, und sie wollte nicht sterben - schon gar nicht allein. Laut schluchzte sie auf und ließ ihren Tränen freien Lauf.
    Plötzlich öffnete sich die Tür, flog krachend gegen die Wand, und Taylor zuckte zusammen. Mr. Ross stand auf der Schwelle, beleuchtet von der Lampe, die hinter ihm im Korridor brannte. Noch nie im Leben war sie so froh gewesen, jemanden wiederzusehen. Er erschien ihr wie ein Gott. Oder wie ein Prinz. Klatschnaß von Kopf bis Fuß, das dunkle Haar

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