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Prinz Charming

Titel: Prinz Charming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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heute auf einer anderen Emerald abreisen?«
    »Meinem Onkel Andrew hab ich’s erzählt, und er gab mir seinen Segen. Großvater Taylor starb vor über zehn Jahren, aber ich glaube, auch er weiß Bescheid und behält mich im Auge. Wenn Sie auch darüber lachen - ich betrachte ihn als meinen Beschützer. Niemals wird er zulassen, daß mir etwas Schlimmes passiert.«
    O Gott, ich habe eine Verrückte geheiratet, dachte Lucas und wußte nicht, was er sagen sollte. Er war ein Realist - und Taylor offensichtlich nicht. Diese Naivität würde sie in der Wildnis umbringen. Aber sie wird nicht nach Montana fahren, erinnerte er sich, sondern im zivilisierten Boston bleiben
    - einigermaßen in Sicherheit. Jedenfalls brauchte sie vorerst einen lebendigen Beschützer, keinen Geist. »Und Ihr Onkel Andrew lebt noch?«
    »Ja, im schottischen Hochland. Er gilt als schwarzes Schaf der Familie«, erklärte sie, nicht ohne Stolz, »und Großmutter hat oft befürchtet, ihr jüngerer Bruder würde mich zu stark beeinflussen.«
    Nun wurden sie von mehreren Postkarren aufgehalten, die dicht nebeneinanderstanden, und konnten nicht weitergehen, ehe die Briefe und Pakete ausgeladen waren. Das bot Lucas eine willkommene Gelegenheit, das Gespräch fortzusetzen.
    Seine junge Ehefrau faszinierte ihn zusehends, und er fand es erfrischend, wie freimütig sie über ihre Familie und ihre Vergangenheit sprach. Im Gegensatz zu ihr überlegte er sich immer sehr genau, was er sagte. Je weniger die Leute über ihn wußten, desto besser. Aber Taylor schien alles auszusprechen, was ihr gerade in den Sinn kam.
    »Warum hatte Ihre Großmutter Angst, Onkel Andrew könnte Sie beeinflussen?« fragte er.
    »Weil er ein bißchen exzentrisch ist. Aber er brachte mir sehr viel bei, zum Beispiel Klavier spielen.«
    »Das wird Ihnen in den Bostoner Salons sicher zugute kommen.«
    Sein Tonfall erschien ihr ein bißchen zu gönnerhaft. »Außerdem unterrichtete er mich in Waffenkunde, Mr. Ross. Er ist ein angesehener Sammler. Müßte ich in der Wildnis leben, würde ich sehr gut allein zurechtkommen. Onkel Andrew bot mir eine großartige Ausbildung, sowohl in künstlerischer als auch in praktischer Hinsicht.«
    »Könnten Sie einen Menschen erschießen?«
    Taylor zögerte nur kurz. »Wahrscheinlich schon. Das hängt von den Umständen ab.«
    »Von welchen?« Unwillkürlich lächelte Lucas. Er konnte sich nicht vorstellen, daß sie jemals ein Gewehr in die Hand nehmen, geschweige denn abfeuern würde.
    Weil sie glaubte, er würde sich über sie lustig machen, schlug sie einen möglichst entschlossenen Ton an. »Falls ich jemanden beschützen müßte, den ich liebe, wäre ich sicher imstande, einen tödlichen Schuß abzugeben. Es wäre mir zwar in tiefster Seele zuwider, aber ich würde es tun. Und Sie? Könnten Sie einem Menschen das Leben nehmen?«
    »Ohne mit der Wimper zu zucken.«
    Die Bedeutung seiner Worte erschreckte sie nicht so sehr wie der Klang seiner Stimme. Wie beiläufig er sprach - so als würden sie sich über das Wetter unterhalten... Das zerrte an ihren Nerven. Trotzdem vermochte sie ihre Neugier nicht zu bezähmen und fragte: »Haben Sie schon jemanden getötet?«
    Seufzend verdrehte Lucas die Augen. »Ich habe gegen die Südstaaten gekämpft, Taylor. Natürlich mußte ich hin und wieder einen Feind töten.«
    »Ihrem Vaterland zuliebe«, meinte sie erleichtert. »Ich habe alles über den Konflikt zwischen den Staaten gelesen.«
    »Also wurden Sie nach Ihrem Großvater genannt.«
    Offensichtlich wollte Lucas erneut das Thema wechseln. Darauf ging sie nur zu gern ein. »Ja.«
    Als die Postkarren entfernt wurden, griff er wieder nach Taylors Hand, und sie eilten weiter. Energisch bahnte er ihr einen Weg durch die Menge. Da sie unablässig zur Emerald hinüberstarrte, stolperte sie zweimal. Er bemerkte es erst beim zweiten Mal und verlangsamte seine Schritte. Nun wurde das Gedränge immer dichter, und er legte einen Arm um ihre Schultern.
    Wenig später standen sie an Bord des Tenders, der die Passagiere zum Raddampfer brachte. Taylor verspürte kein Bedauern, als sie ihre Heimat verließ, und schaute nicht einmal zum Ufer zurück wie einige andere junge Damen. Eine Frau betupfte ihre Augenwinkel mit einem Taschentuch, eine andere weinte hemmungslos. Aber Taylor hätte vor lauter Freude am liebsten gelacht.
    Was jetzt geschah, entsprach den Plänen ihrer Großmutter und erschien ihr völlig richtig. Immer noch umschloß Lucas’ Arm ihre Schultern, und

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