Prinz Charming
an die Stirn geklebt, das weiße Hemd und die schwarze Hose an den muskulösen Körper, glich er einem unbesiegbaren Krieger aus ferner Vergangenheit. Seine Nähe beruhigte Taylor ein wenig.
»Was für ein verdammter Wind!« bemerkte er und trat ein. »Ich bin völlig durchnäßt.« Lässig warf er sein triefendes Bettzeug in die Ecke, wo sein Gepäck lag, und schüttelte den Kopf wie ein Hund, der sich von Regentropfen befreien wollte.
Lächelnd musterte er Taylor im Lampenschein, der zur Tür hereinfiel, las die Angst in ihren Augen, sah die Tränen auf den Wangen. Sie fürchtete sich wohl kaum, weil er mitten in der Nacht in die Kabine kam, die er sonst nur benutzte, um seine Sachen zu verwahren und sich frisch zu machen. Nein, das Gewitter machte ihr angst, und das verstand er nur zu gut. Nie zuvor hatte er einen so heftigen Sturm erlebt. Die Emerald drohte tatsächlich zu kentern.
Doch darauf wies er Taylor nicht hin. Das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war eine hysterische Frau. Deshalb zwang er sich, möglichst langsam und nonchalant umherzuwandern. Er pfiff sogar vor sich hin.
Als wieder einmal ein gewaltiger Ruck durch das Schiff ging, fiel Taylor beinahe zur Seite.
»Sitzen Sie gern im Dunkeln?« fragte Lucas.
Es dauerte eine Weile, bis ihr die Stimme gehorchte. »Nein«, wisperte sie. »Aber wenn ich die Lampe anzünde, könnte ein Feuer ausbrechen.« Als er sich zur Tür wandte, rief sie: »Wohin gehen Sie, Mr. Ross?« Kalte Panik verlieh ihrer Stimme einen scharfen Klang, obwohl sie ihre Feigheit zu verbergen suchte. Lächerlich, dachte sie. Spielt es denn eine Rolle, was er von mir hält, wo wir doch in wenigen Minuten sterben werden? Trotzdem - er soll nicht mit der Überzeugung in sein nasses Grab sinken, er hätte einen Schwächling geheiratet.
»Ich hole nur eine Laterne aus dem Korridor«, erklärte er. Als er zurückkam, schloß er die Tür, dann hängte er die Lampe an einen stählernen Wandhaken. Eine Truhe schlit terte an ihm vorbei, das Schiff neigte sich gefährlich zur Seite, und Taylor grub ihre Fersen ins Bettzeug, um nicht vornüber zu kippen. Aber Lucas hatte nicht einmal geschwankt. Sein Gleichgewichtssinn war so ausgeprägt wie seine Gelassenheit. Die bedrohliche Situation schien ihn nicht im mindesten zu stören.
Aus irgendeinem Grund fühlte sich Taylor bemüßigt, auf Jas Offensichtliche hinzuweisen. »Wir befinden uns mitten in einem Hurrikan, Sir. Lange wird es nicht mehr dauern, bis das Schiff untergeht.«
In gespieltem Gleichmut zuckte Lucas die Achseln und zog sein nasses Hemd aus. Dann setzte er sich auf eine Truhe, um aus den Schuhen zu schlüpfen.
»Machen Sie sich denn keine Sorgen, Mr. Ross?«
»Das ist nur ein harmloses Gewitter, Taylor. Um diese Jahreszeit gibt’s hier keine Hurrikane.« Ohne mit der Wimper zu zucken, log er: »Bald haben wir’s überstanden.«
Aufmerksam beobachtete sie ihn, suchte nach irgendwelchen Anzeichen von Besorgnis, fand aber keine. »Haben Sie schon einmal einen solchen Sturm erlebt?«
»Schon oft.« Auch das war eine glatte Lüge.
Erleichtert seufzte sie und brachte sogar ein Lächeln zustande. Jetzt fühlte sie sich viel besser, fast sicher. Doch dieses Wohlbefinden machte er sofort wieder zunichte, indem er seine Hose auszog. Hastig schloß sie die Augen. »Mr. Ross, was machen Sie denn da?«
Da verlor er die Geduld. »Würden Sie bitte endlich aufhören, mich Mr. Ross zu nennen?« fuhr er sie an.
Daß er so unvermittelt aus der Fassung geriet, verblüffte sie. »Wenn Sie es wünschen ...«, erwiderte sie, ohne die Augen zu öffnen. Sie hörte, wie er etwas Unverständliches murmelte, wahrscheinlich einen Fluch.
Nachdem er seine restliche Kleidung abgestreift hatte, ging er zu seinem Koffer, um eine saubere, trockene Hose herauszunehmen. Normalerweise schlief er nackt, aber weil er an Deck zu übernachten pflegte, hatte er natürlich etwas angezogen. Auch in dieser Nacht würde er sich züchtig bekleiden müssen, wegen der jungen Lady, mit der er gestraft war.
Gott schütze mich vor Jungfrauen, dachte er. Wahrscheinlich würde sie einen Herzanfall bekommen, wenn sie heraus-fand, daß er ihr Bett zu teilen beabsichtigte. Aber er wollte sie nicht anrühren. Intimitäten mit seiner Ehefrau würden das finanzielle Arrangement nur komplizieren. Und wenn er mit ihr schlief, würde er sich verpflichtet fühlen, verheiratet zu bleiben. Da ließ er sich lieber aufhängen oder wieder ins Gefängnis werfen.
Weil er sich
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