Prinz Charming
verlesen?«
»Nein, das wird am Dienstag geschehen«, antwortete Summers.
»Also morgen«, ergänzte Sherman.
»Und meine Großmutter hat ihrem Sohn und seiner Familie nichts hinterlassen?« erkundigte sich Taylor noch einmal.
»Doch, aber nur ein Almosen.«
»Nicht ganz«, widersprach Sherman. »Malcolm wird ein monatliches Einkommen beziehen - nicht viel, aber wenn er sparsam lebt, müßte er damit auskommen. Seine Frau bekommt hundert Pfund. Lady Esther meinte, dies entspreche dem Gewicht, das ihre Schwiegertochter seit der Hochzeit zugelegt habe.« Zu Lucas gewandt, erklärte er: »Madam hatte einen etwas sonderbaren Humor. Von Loreen hielt sie nie besonders viel und bezeichnete sie als chronische Nörglerin.«
»Und Jane?« fragte Taylor. »Hat meine Großmutter ihr nichts vermacht?«
»Soviel wie ihrer Mutter«, entgegnete Sherman. »Genau hundert Pfund und keinen Shilling mehr.«
Angstvoll blickte sie in die Zukunft. »Wenn Malcolm er-fährt, was seine Mutter getan hat, wird sein Wutschrei bis über den Atlantik dringen.«
Sherman, der Malcolm besser kannte als Summers, nickte zustimmend. »Sicher wird er versuchen, uns Ärger zu machen. Ich habe Ihre Großmutter gewarnt, aber sie wollte nicht auf mich hören und befahl ihren Rechtsanwälten, ein hieb- und stichfestes Testament aufzusetzen.«
»Was geschieht mit Malcolms Ländereien?« erkundigte sich Taylor.
»Wie Sie wahrscheinlich wissen, hat er den Grundbesitz mit Hypotheken belastet. Ihre Großmutter stellte Geld zur Verfügung, um die beträchtlichen Schulden ihres Sohnes zu bezahlen. Über fünfzigtausend Pfund.«
Lucas schien als einziger über diese Summe zu staunen. Wie konnte man sich nur so hoch verschulden?
Unwissentlich beantwortete Taylor seine Frage. »Sicher wird er nie zu spielen aufhören«, prophezeite sie.
»Ihre Großmutter kannte sein Laster, aber sie beschloß, ihm eine letzte Chance zu geben. Wenn er sich in neue Schulden stürzt, muß er selber sehen, wie er sie begleichen kann. An das Vermögen seiner Mutter kommt er nicht heran.«
»Oh, er wird Mittel und Wege finden«, seufzte Taylor. »Mein Onkel ist sehr raffiniert.«
»Machen Sie sich keine unnötigen Sorgen«, bat Summers.
Sherman sah, wie sie mutlos den Kopf hängen ließ. »Ich weiß, was Sie jetzt denken, meine Liebe. Bald wird er versuchen, Sie anzubetteln oder Geld von Ihnen zu borgen.« Zu seinem Kollegen gewandt, erklärte er: »Auf keinen Fall wird er das Testament seiner Mutter klaglos hinnehmen.«
»Ganz bestimmt nicht. Er wird sein Bestes tun, um mich aufzuspüren.« Bei diesen Worten schaute sie Lucas an. Lässig saß er in seinem Sessel, die langen Beine ausgestreckt, die Augen halb geschlossen, und schien zu dösen.
»Das spielt keine Rolle«, beteuerte Summers. »Selbst wenn Sie Malcolm einen Teil Ihres Erbes überlassen wollten
- Sie könnten es gar nicht. Ihre Großmutter hat auf präzisen Klauseln bestanden.«
»Und wenn ich sterbe?«
Diese Frage veranlaßte Lucas, sich aufzurichten. »Du wirst nicht sterben.«
Taylor schaute Harry Sherman eindringlich an. »Und wenn doch?«
»Dann bekommt Malcolm das Geld immer noch nicht. Ihr Mann wird Sie beerben.« Er hielt inne, um zu lächeln. »Aber ich habe den Eindruck gewonnen, daß er alles tun wird, um Ihnen ein langes, glückliches Leben zu ermöglichen. Hören Sie auf, vom Sterben zu reden, Taylor! Ihr Onkel kann Ihnen nichts anhaben. Auch ich entsinne mich, welche Angst Sie als kleines Mädchen vor ihm hatten. Aber nun sind Sie erwachsen und verheiratet. Vergessen Sie das Trauma Ihrer Kindheit. Zwischen England und Amerika liegt ein riesiges Meer.«
»Ja, Sie haben recht.« Taylor zwang sich zu einem Lächeln, um vorzutäuschen, seine Argumente hätten sie von allen Sorgen befreit.
Sie unterschrieb die Dokumente in Anwesenheit zweier Zeugen, dann wurden die Papiere beglaubigt, und sie eröffnete zwei Konten. Über eines verfügte sie gemeinsam mit ihrem Mann, das andere war für Victoria bestimmt. Mrs. Sherman versprach, die erforderlichen Unterlagen um vier Uhr ins Hotel zu bringen und von Victoria unterzeichnen zu lassen. »Sie sind sehr großzügig zu Ihrer Freundin«, bemerkte er, während Lucas seiner Frau in den Mantel half.
»Meine Großmutter würde das billigen«, erwiderte sie.
Wenige Minuten später waren sie auf dem Rückweg zum Hotel. Taylor wollte zu Fuß gehen, aber Lucas erklärte, dafür sei die Zeit zu knapp. Da er ihr nicht gestattete, allein die Straße
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