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Prinz der Nacht

Prinz der Nacht

Titel: Prinz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prinz der Nacht
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längst entschwundene Gottheiten. Er liebte Simis alberne Geschichten und ihre geradlinige Logik.
    Genauso gut könnte er ein kleines Kind beobachten, das sich die Welt zurechtlegte und gewisse Dinge in seinem Gedächtnis speicherte. Nie wusste man, was ihr im nächsten Moment durch den Sinn schwirren würde.
    Wie ein Kind sah sie die Dinge glasklar. Wenn jemand Ärger machte, brachte man ihn um. Basta. Von subtiler Politik verstand sie nichts. Sie war weder amoralisch noch bösartig, sondern einfach nur ein blutjunger Daimon mit göttergleicher Macht, der nichts von Täuschung, von Lug und Trug verstand.
    Darum beneidete er sie, und deshalb schirmte er sie so sorgsam ab. Die harten Lektionen, die er gelernt hatte, wollte er ihr ersparen. Sie verdiente die Kindheit, die er nie genossen hatte. Behütet und beschützt, eine Kindheit, in der ihr niemand wehtun durfte.
    Was er ohne sie machen würde, wusste er nicht. Als Baby war sie zu ihm gekommen, zu dem einundzwanzigjährigen Jungen. Irgendwie hatten sie einander großgezogen - die Letzten ihrer Spezies auf dieser Erde. Seit elftausend Jahren gab es nur noch sie beide, und sie war ebenso ein Teil von ihm wie ein lebenswichtiges Organ. Ohne sie würde er sterben.

    Das Tor des Tempels öffnete sich. Zischend fletschte Simi die Zähne und teilte ihm mit, Artemis sei vorzeitig zurückgekehrt.
    Um sich zu vergewissern, wandte er den Kopf zum Thronsaal. Ja, eindeutig, die Göttin kam auf ihn zu. Müde seufzte er auf.
    Als sie Simi neben seinen Füßen sitzen sah, blieb sie abrupt stehen. »Was macht es außerhalb deines Arms?«
    »Wir unterhalten uns, Artie.«
    »Lass es verschwinden !«
    »Von dir lasse ich mir keine Vorschriften machen, du alte Kuh«, schnaubte Simi. »Ja, alt bist du. Furchtbar alt. Und eine Kuh.«
    » Simi«, betonte Ash ihren Namen, »bitte, geh in meinen Körper zurück.«
    Geringschätzig starrte sie Artemis an, dann verwandelte sie sich in einen dunklen amorphen Schatten, schwebte zu ihm und presste sich an seine Brust, wo sie zu einem großen Drachen mutierte, mit feurigen Spiralen, die sich um beide Arme wanden.
    Bei diesem Anblick lachte er. Das war Simis Methode, ihn zu umfangen und Artemis gleichzeitig zu ärgern. Jedes Mal, wenn sie zu viel von seinem Körper vereinnahmte, brachte sie die Göttin in Wut.
    »Sag ihm, es soll mit dem Unsinn aufhören !«, fauchte Artemis angewidert.
    Ash verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum kommst du so früh zurück?«
    Nervös zuckte sie die Achseln, und eine böse Ahnung stieg in ihm auf.
    »Was ist passiert?«
    Artemis ging zu einer Säule und lehnte sich an den Marmor. Unsicher biss sie auf ihre Lippen und spielte mit dem vergoldeten Saum ihres Peplos. Acherons Magen krampfte sich zusammen. Wenn sie einer Frage auswich, war tatsächlich etwas schiefgelaufen - sogar ganz gewaltig.
    »Erzähl es mir, Artemis.«
    »Warum sollte ich?«, stieß sie hervor. »Du wärst mir nur böse. Und das bist du ohnehin schon. Wenn ich es dir sage, willst du sicher gehen. Das kannst du nicht, und dann schreist du mich an.«
    Mit einem tiefen Atemzug zwang er sich zur Ruhe. »Du hast drei Sekunden Zeit, um mich zu informieren. Oder ich vergesse deine Angst, eins deiner Familienmitglieder könnte herausfinden, dass ich in deinem Tempel wohne. Dann werde ich meine Kräfte nutzen und selbst feststellen, was geschehen ist.«
    »Nein, das darfst du nicht !«
    In seinem Kinn begann ein Muskel zu zucken.
    Beklommen trat sie hinter die Säule und gestand mit der Stimme eines verängstigten kleinen Kindes: »Thanatos läuft frei herum.«
    »Was?«, donnerte er und sprang auf den Boden.
    »Da siehst du 's, jetzt schreist du mich an.«
    »Glaub mir«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, »ich schreie nicht einmal annähernd.« Von hellem Zorn erfüllt, begann er auf der Terrasse umherzuwandern, er musste sich zusammenreißen, um Artemis nicht zu ohrfeigen. »Du hast mir versprochen, du würdest ihn zurückrufen.«
    »Das habe ich versucht. Aber er ist entkommen.«
    »Wie?«
    »Keine Ahnung. Ich war nicht da, und jetzt weigert er sich, mir zu gehorchen.«
    Mit glühenden Augen starrte er sie an. Thanatos war auf freiem Fuß. Und der Einzige, der ihn aufhalten konnte, stand in Artemis ' Tempel unter Hausarrest. Zur Hölle mit ihren Tricks und falschen Versprechungen ! Dieses Haus durfte er nicht verlassen. Im Gegensatz zu den Olympiern war er an einen Schwur gebunden, sobald er ihn ausgesprochen hatte. Und

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