Prinz der Nacht
»Was für eine Nymphe sind Sie, Prinzessin?«
»Eine Richterin«, antwortete sie leise. »Ich diene Themis. Ich wurde nach Alaska beordert, um Sie zu beurteilen.«
» Um mich zu beurteilen ?«, stieß er hervor. »Oh, das ist unglaublich ! « Noch nie in seinem Leben hatte er sich so brennend gewünscht, jemanden zu erwürgen.
Ehe er diesem Impuls nachgeben konnte, stieg er vom Schneemobil und entfernte sich ein paar Schritte. Wieder einmal typisch für sein Pech! Er hatte gedacht, nun wäre er endlich jemandem begegnet, der sich kein Urteil über ihn bilden würde. Doch Astrid war sogar eine Richterin, die ihn prüfen und seinen Lebensstil zweifellos verdammen würde.
o ja, er suchte sich wirklich die richtigen Leute aus, denen er vertraute. Und die Götter lachten ihn höhnisch aus. Alle.
Erbost stapfte er um das Schneemobil herum und beobachtete Astrid, die reglos darauf saß, den Kopf gesenkt, die Hände im Schoß gefaltet. Sehr damenhaft. Wieso hatte sie es gewagt, in seinen Träumen so leidenschaftlich mit ihm zu bumsen? Was bildete sie sich eigentlich ein? Wie satt er all die Leute hatte, die sich in sein Leben einmischten !
Bevor Acheron und Artemis ihn töteten, setzten sie eine Richterin auf ihn an. So rücksichtsvoll ! Einfach rührend !
Vielleicht sollte er sich geschmeichelt fühlen, weil sie zumindest den Schein der Neutralität wahrten. Diese Gunst hatte er als angeklagter Sklave nicht genossen.
»Für Sie war das alles nur ein Spiel, nicht wahr, Prinzessin? >Kommen Sie, Zarek, setzen Sie sich auf meinen Schoß und erklären Sie mir, warum Sie sich so schlecht benehmen.«< Beinahe wurde ihm schwarz vor Augen. »Zur Hölle mit Ihnen, Lady! Zur Hölle mit euch allen !«
Nun hob sie den Kopf. »Bitte, Zarek !«
»Und? Haben Sie entschieden, dass Acheron recht hat? Bin ich ein Psycho? Wird er mir seine Bluthunde auf den Hals hetzen?«
Sie stieg vom Schneemobil und wandte sich in die Richtung, aus der seine Stimme zu ihr drang. »Nein, Thanatos sollte Sie nicht verfolgen. Und was Acheron betrifft, er würde Sie niemals verurteilen. Ohne seine Intervention wären Sie schon tot. Irgendwas hat er mit Artemis ausgehandelt, damit ich hierherkomme und Mittel und Wege suchen konnte, um Sie zu retten.«
»Ganz klar«, entgegnete er verächtlich.
»Das ist die reine Wahrheit, Zarek«, beteuerte sie. »Wenn Sie es auch bestreiten, es ändert nichts an der Tatsache, dass wir auf Ihrer Seite stehen.«
Inständig wünschte er, sie würde den vernichtenden Blick sehen, den er ihr zuwarf. »Ich sollte Sie hier erfrieren lassen ... Leider geht das nicht, weil Sie eine unsterbliche Nymphe sind.«
Sie hob ihr Kinn und schien sich gegen das Schlimmste zu wappnen. »Natürlich können Sie mich hier zurücklassen.
Aber so grausam ist der Mann nicht, den ich kennen gelernt habe.«
» Gar nichts wissen Sie über mich«, fauchte er und knirschte mit den Zähnen.
Astrid ging langsam auf ihn zu und streckte eine Hand aus. Nun brauchte sie einen körperlichen Kontakt, und ein Instinkt sagte ihr, auch er würde sich danach sehnen. »Nachdem ich in Ihrer Seele gewesen bin, habe ich herausgefunden, was sonst niemand weiß, Zarek.«
»Na und? Soll ich Ihnen deshalb mein Herz schenken? Wie großartig - die kleine Prinzessin hat sich in meine Träume geschlichen, um mich zu retten. Oh, ich binja so gerührt ! Soll ich jetzt weinen?«
Entschlossen umfasste sie seinen Arm und spürte seine angespannten Muskeln. »Hören Sie auf !« Mit beiden Händen berührte sie seine Wangen, die sich nach der rasanten Fahrt eiskalt und rau anfühlten und ihre Finger trotzdem erwärmten. Halb und halb erwartete sie, er würde zurückweichen, was er erstaunlicherweise nicht tat. Wie eine Statue stand er da. Unbewegt. Unnachgiebig.
Gab es eine Möglichkeit, sein Verständnis zu gewinnen, zu verhindern, dass er sich selbst zerstörte? Warum sah er die Wahrheit nicht?
Während er ihre warmen Hände spürte, konnte er kaum atmen. So schön war sie mit den funkelnden Schneeflocken auf ihren Wimpern und den blonden Haaren. In ihrem Gesicht las er Kummer - und Zuneigung. Würde sie ihm wirklich helfen? Nein, sicher nicht. Alle Leute dachten nur an sich selbst. Da war sie keine Ausnahme. Trotzdem wollte er ihr glauben und weinen.
Was hatte sie mit ihm gemacht?
In seinen Träumen hatte er manchmal gedacht, er wäre gar nicht so schrecklich und würde ein bisschen Glück verdienen. Bei allen Göttern, welch ein Narr er war! So dumm und
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