Prinz der Nacht
nicht. Einen Mann wie ihn verdiente sie nicht.
Was hatte er getan? In seiner heißen Begierde hatte er ihr die Unschuld geraubt.
Sie setzte sich auf und streichelte seine Schulter - eine zärtliche Geste, die seine Zerknirschung noch schürte.
»Stimmt was nicht, Zarek?«
»Alles in Ordnung«, log er, unfähig, seine Gedanken zu verraten. Niemals hätte sie sich einem Mann wie ihm hingeben dürfen. So tief stand er unter ihr, dass er ihrer Güte nicht würdig war.
Trotzdem berührte sie ihn, und das ergab keinen Sinn. Sie legte ihre Wange an seinen Rücken und umfing seine Taille. Beschwichtigend strich sie über seine Brust, er konnte kaum atmen. »Glaub mir, Zarek, ich bereue nichts.
Hoffentlich teilst du meine Gefühle.«
Nein, er wollte seinen Gewissensqualen nicht gestatten, dieses überirdische Glück zu trüben. »Soll ich die schönste Nacht meines Lebens bereuen?« Als er sich entsann, was geschehen war, seit Jess ihn geweckt hatte, lachte er bitter.
»Abgesehen von diesem Terminator, der hinter uns her ist, und der Göttin, die meinen Tod wünscht...«
»Das verstehe ich.« Auch Astrid lachte, dann küsste sie seinen Nacken. »Unsere Situation ist doch nicht hoffnungslos? «
Darüber dachte er eine Weile nach. »>Hoffnungslos< - das bedeutet, dass man irgendwann Hoffnung schöpfen durfte.
Was dieses Wort heißt, begreife ich nicht. Nur Leute, die eine Wahl haben, können sich Hoffnungen machen.«
»Und die hast du nicht?«
Zarek spielte mit einer Strähne ihres blonden Haars. »Da ich ein Sklave bin, kenne ich keine Hoffnung. Ich tue nur, was man mir befiehlt.«
N ein, das stimmte nicht ganz. In seinem menschlichen Dasein hatte er niemals gewagt, den Mund zu öffnen und zu protestieren. Eine Peitschenstrafe nach der anderen hatte er erduldet, eine Demütigung nach der anderen, und nichts unternommen. Erst als Dark Hunter hatte er zu kämpfen gelernt.
»Glaubst du, Sasha ist okay?«, fragte Astrid.
Der abrupte Themenwechsel überraschte ihn. »0 ja, Jess kann sehr gut mit Tieren umgehen. Sogar mit Katagaria.«
Erleichtert lächelte sie. »0 Zarek, ich glaube, jetzt weißt du endlich, wie man jemanden tröstet. Halb und halb hatte ich erwartet, dass du hoffst, Sasha würde tot in irgendeinem Straßengraben liegen.«
Zarek betrachtete die kleine Hand, die auf seiner Brust lag. Tatsächlich, sie zähmte ihn, sie veränderte ihn. Und das erschreckte ihn noch mehr als das Monster, das sie beide töten wollte. Gegen Thanatos konnte er sich wehren. Aber diese Emotionen ... Offenbar war er Astrid hilflos ausgeliefert.
»Nun ja, wenn ich Glück habe, ist dein Wolf nicht mehr zu retten.«
Da musste sie wieder lachen. Sie drückte einen Kuss auf seinen Rücken. Dann stand sie auf, um sich anzuziehen.
Zarek beobachtete sie. Was hatte sie nur an sich? Was mochte es sein, was ihn drängte, seinen Charakter zu verwandeln? Ihr zuliebe wollte er anständig sein. Gütig. Menschlich. All das war er nie gewesen.
Schließlich zwang er sich aufzustehen, seine alten Kleider in den Mülleimer zu werfen und neue aus dem Schrank zu holen. Nun, wenigstens war das Loch in seinem Rücken verheilt. Nachdem er sich angezogen hatte, hielt er Astrid einen seiner alten Parkas hin.
»Was ist das?«, fragte sie.
»Darin wirst du nicht frieren.«
Während sie ihre Hände in die zu langen Ärmel schob, suchte er Handschuhe, Mützen und Schals zusammen.
»Wohin gehen wir, Zarek?«
»Das wirst du schon noch sehen - gewissermaßen.«
»Bald bricht der Tag an.«
»Das weiß ich.« Er schlüpfte in seine wasserfesten Stiefel, dann schob er den Ofen beiseite und öffnete eine Falltür darunter. Er half Astrid in die Öffnung und folgte ihr die kurze Treppe hinab, schloss die Falltür und benutzte seine telekinetischen Kräfte, um den Ofen wieder an seinen Platz zu rücken.
»Wo sind wir?«, fragte sie.
»In den Tunneln.« Zarek knipste seine Taschenlampe an. Hier unten war es dunkler als in einem Grab und kühl.
Aber sie waren in Sicherheit. Wenigstens für einige Zeit. Diesen Schlupfwinkel kannte Thanatos nicht. Niemand kannte ihn.
»Welche Tunnel?«
»Kurz gesagt, das Resultat meiner Langeweile. Nachdem ich die Wände meiner Hütte mit den Schnitzereien bedeckt hatte, wollte ich mir größere Bewegungsfreiheit verschaffen. Hier unten ist es im Sommer nicht so heiß und im Winter nicht so kalt. Ganz zu schweigen von meiner Angst, eines Tages würde Acheron in meiner Hütte auftauchen und mich töten. Deshalb
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