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Prinz der Nacht

Prinz der Nacht

Titel: Prinz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prinz der Nacht
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seine Verwandtschaft mit den Halbbrüdern bitter büßen. Unentwegt peinigten sie ihn, an keinem einzigen Tag ließen sie ihn in Ruhe. Bettler, Bauern, die anderen Sklaven - alle standen hoch über ihm. Er war nichts weiter als ein armseliger Prügelknabe.
    Astrid richtete sich auf und schlang ihre Arme um seine Taille. »Du zitterst ja ! Frierst du?«
    Doch er antwortete noch immer nicht. Er wusste, er müsste sie wegschieben, aber er brauchte ihren Trost und jemanden, der ihm sagte, dass er nicht völlig wertlos war. Und ihm versicherte, er würde sich nicht für ihn schämen.
    Verzweifelt schloss er die Augen und lehnte seinen Kopf an Astrids Schulter.
    Dass er sich so uncharakteristisch verhielt, überraschte sie, sie streichelte sein Haar. Langsam wiegte sie ihn hin und her. »Willst du mir nicht erzählen, was dich bedrückt?«
    »Warum? Es würde nichts ändern ... «
    »Weil ich dir helfen möchte, Zarek. Wenn du 's erlaubst.«
    »Manche Schmerzen heilen nie«, erwiderte er leise, sie verstand ihn kaum.
    »Zum Beispiel?« Zärtlich strich sie über seine Wange. Eine Zeit lang zögerte er. »Weißt du, wie ich gestorben bin?«
    »Nein.«
    »Auf Händen und Knien, wie ein Tier am Boden, das um Gnade winselt.«
    Erschrocken zuckte sie zusammen, tiefes Mitgefühl verengte ihre Brust. »Warum?«
    Da versteifte er sich, und sie dachte, er würde sich aus ihren Armen befreien. Doch er rührte sich nicht. »Hast du gesehen, wie mein Vater mich loswurde? Wie er den Sklavenhändler bezahlte?«
    »Ja.«
    »Bei diesem Mann lebte ich fünf Jahre lang.« Er wandte sich zu ihr, umarmte sie, drückte sie ganz fest an sich, als könnte er nicht ertragen, was er ihr anvertraute. »Wie ich behandelt wurde, kannst du dir nicht vorstellen. Tag für Tag musste ich die Latrine säubern. Jeden Morgen, wenn ich erwachte, fluchte ich, weil ich immer noch lebte. Abends hoffte ich, im Schlaf zu sterben. Kein einziges Mal träumte ich, diesem elenden Leben zu entrinnen. Wenn man als Sklave geboren wird, kommt man gar nicht auf den Gedanken, die Flucht zu ergreifen, oder auf den Gedanken, dass man nicht verdient, was einem angetan wird. Nur eins wusste ich. Ich war ein Sklave und durfte nicht hoffen, jemand würde mich kaufen und mir ein besseres Schicksal bieten. Jedes Mal, wenn Kunden ankamen und mich sahen, hörte ich sie angewidert seufzen. Den Ekel in ihren Mienen sah ich nur verschwommen.«
    In Astrids Augen brannten Tränen. Unfassbar, wie grausam dieser attraktive Mann in seiner Jugend entstellt worden war. Sie presste die Lippen auf seine Stirn, strich ihm das Haar aus dem Gesicht, während er erzählte, was er noch niemandem verraten hatte. In seiner Stimme schwangen keine Gefühle mit. Nur an den angespannten Muskeln erkannte sie sein Seelenleid.
    »Eines Tages kam eine schöne Frau zu uns«, flüsterte er, »von einem römischen Soldaten begleitet. In einem dunkelblauen Peplos stand sie auf der Schwelle. Ihr Haar war schwarz wie der mitternächtliche Himmel, ihre Haut glatt und makellos. Wenn ich sie auch nur undeutlich sah, so hörte ich doch die anderen Sklaven tuscheln. Und das taten sie nur, wenn sie eine außergewöhnliche Frau erblickten.«
    Von plötzlicher Eifersucht erfüllt, schluckte Astrid. Hatte er diese Römerin geliebt? »Wer war sie?«
    »Eine vornehme Dame, die einen Sklaven brauchte.« An ihrem Hals spürte sie seinen warmen Atem, seine schwieligen Finger spielten mit einer ihrer Haarsträhnen, und die zärtliche Geste rührte sie zu neuen Tränen. »Sie ging zu der Kammer, wo ich gerade die Nachttöpfe reinigte. Natürlich wagte ich nicht, sie anzuschauen. Dann hörte ich sie sagen: >Diesen hier will ich.< Ich nahm an, sie würde einen anderen Mann meinen. Doch sie zerrten mich auf die Beine, ich war wie vom Donner gerührt.«
    »Sicher erkannte sie deine Güte«, meinte Astrid und lächelte wehmütig.
    »0 nein«, entgegnete er in scharfem Ton. »Sie brauchte einen treuen Diener, der sie warnte, wenn sie sich mit ihrem Liebhaber vergnügte und ihr Ehemann unerwartet nach Hause kam. Einen Sklaven, der ihr alles schuldete. Im Haus des

    Sklavenhändlers war ich die erbärmlichste Kreatur. Daran erinnerte sie mich immer wieder. Ein falsches Wort aus meinem Mund und sie würde mich in meine Hölle zurückschicken.«
    Nun ließ er Astrid los. Sie streckte eine Hand aus und spürte ihn an ihrer Seite. »Hat sie ' s getan?«
    »Nein. Sie behielt mich, obwohl ihr Mann mich verabscheute und meinen Anblick nicht

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