Prinz der Nacht
Vergewaltigung seiner Herrin hingerichtet worden.
»Sie schleppten mich aus der Zelle und warfen mich auf einen Wagen, an den sie mich fesselten«, flüsterte er. »Den zogen sie durch die Stadt, wo alle, die sich versammelt hatten, mich anspuckten. Höhnisch bewarfen sie mich mit verfaulten Essensresten und riefen mir sämtliche Schimpfwörter zu, die du dir nur denken kannst, Astrid. Die Soldaten banden mich vom Wagen los und schleiften mich in die Mitte der Menschenmenge. Dann versuchten sie mich hinzustellen. Aber meine Beine waren gebrochen. Schließlich ließen sie mich auf allen vieren liegen, sodass der Pöbel mich steinigen konnte. Auf meinem Rücken spüre ich immer noch den Hagel der Steine, die auf mich niederprasselten.
Und ich höre das gellende Geschrei: >Stirb, du Abschaum! «<
»Tut mir so leid, Zarek«, wisperte Astrid.
»Sprich nicht so gönnerhaft mit mir!«, protestierte er.
»Das tue ich nicht. Einen so starken Mann wie dich würde ich niemals herablassend behandeln.«
Er wollte von ihr wegrücken, aber sie hielt seinen Arm fest. »So stark bin ich nicht.«
»Doch. Wie du dieses schreckliche Leben ertragen hast, begreife ich nicht. Auch ich war oft allein, doch ich musste nie so leiden wie du.«
Als sie den Kopf auf seine Schulter legte, entspannte er sich ein wenig, und sie wünschte, sie könnte ihn sehen, seine Gefühle in den dunklen Augen lesen.
»Im Grunde bin ich gar nicht verrückt«, betonte er.
Astrid lächelte. »Das weiß ich.«
Müde seufzte er auf. »Warum bist du nicht mit Jess geflohen, als du die Gelegenheit hattest? Dann wärst du jetzt in Sicherheit.«
»Wenn ich dich verlasse, bevor mein Urteil feststeht, werden dich die Schicksalsgöttinnen töten.«
»Na und?«
»Ich will nicht, dass du stirbst, Zarek.«
»Ständig sagst du das. Und ich weiß noch immer nicht, warum du es verhindern möchtest.«
Weil ich dich liebe. Die Worte blieben ihr im Hals stecken, und sie wünschte inbrünstig, sie hätte den Mut, das Geständnis auszusprechen. Doch er würde es nicht akzeptieren. Nicht ihr Prince Charming. Stattdessen würde er sie erbost wegstoßen, denn in seiner Welt gab es keine Liebe. Deshalb verstand er nicht, was sie für ihn empfand.
Würde er es jemals begreifen?
Wie gern würde sie ihn trösten. Vor allem wollte sie ihn lieben, auf eine Weise, die ihr Qualen und Freuden zugleich bereitete. Würde Zarek ihr eines Tages gestatten, ihn zu lieben? Oder jemand anderem?
»Was soll ich sagen, damit du mir glaubst?«, fragte sie. »Wenn ich dir erkläre, dass ich dich mag, würdest du lachen.
Und wenn ich dir versichere, dass ich dich liebe, würdest du davonlaufen. Also erzähl du mir, warum ich dich retten möchte.«
Sie spürte, wie er sich wieder versteifte. »Könnte ich dich bloß von hier wegbringen, Prinzessin ! Du musst nicht mit mir zusammen sein.«
»Natürlich nicht. Aber ich will es.«
Zarek holte tief Atem, als hätte er soeben die schönsten Worte seines Lebens gehört. Jetzt standen keine Barrieren mehr zwischen ihnen. Keine Geheimnisse. Noch niemand hatte ihn so gut gekannt wie Astrid. Trotzdem stieß er sie nicht ab, und das war ihm rätselhaft. »Nicht einmal ich will mit mir zusammen sein. Warum legst du so großen Wert darauf?«
Ungeduldig rammte sie ihren Ellbogen in seine Rippen. »Wie ein Dreijähriger führst du dich auf. Warum ? Warum ?
Warum ? Warum ist der Himmel blau? Warum sind wir hier? Warum hat mein Wolf ein Fell? Manche Dinge sind einfach so, wie sie sind, Zarek, sie müssen keinen Sinn ergeben. Du solltest sie einfach akzeptieren.«
»Aber wenn ich das nicht kann?«
»Dann hast du schlimmere Probleme als Thanatos' Mordlust.«
Darüber dachte er eine Weile nach. Würde er ihr endlich zustimmen? Wagte er das? Wie man Freundschaften schloss, wusste er nicht. Oder wie man lachte und sich freute. Für einen Mann, der über zweitausend Jahre alt war, wusste er sehr wenig vom Leben.
»Sag mir ehrlich, Prinzessin - wie wirst du mich beurteilen?«
»Wenn es möglich ist, werde ich einen Freispruch erwirken«, antwortete sie ohne Zögern.
Er lachte bitter. »Für eine Tat, die ich nicht beging, wurde ich zum Tode verurteilt und trotz eines Verbrechens, an dem ich die Schuld trage, begnadigt. Da stimmt irgendwas nicht.«
»Zarek ... «
»Wird man dein Urteil akzeptieren?«, unterbrach er sie. »Du bist keineswegs unparteiisch, oder?«
»Nun, ich ... « Nachdenklich verstummte sie. »Ja, Acheron und Artemis werden mein
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