Prinz der Nacht
Astrid, die auf seinem Parka schlummerte. Auch er müsste sich ausruhen.
Aber er war zu nervös, um Schlaf zu finden. Er schloss die Falltür und stieg die Stufen hinab.
Während er neben Astrid stand, stürmten Erinnerungen auf ihn ein. Er sah Gesichter und Flammen, spürte den Zorn, der ihn durchströmt hatte. All die Menschen, die ich schützen sollte, habe ich getötet.
In seinem Gehirn hallte bösartiges Gelächter wider, ein Blitz durchzuckte den Raum.
Und Ash ... Zarek strengte sein Gedächtnis an. Warum entsann er sich nicht, was in New Orleans geschehen war?
Was hatte sich in seinem Dorf ereignet? Nur Fragmente hatte er im Kopf, und kein einziges ergab einen Sinn. So als würden viele Tausend Puzzleteile am Boden liegen, und er könnte sie nicht zusammenfügen.
Rastlos wanderte er in der kleinen unterirdischen Kammer umher und tat sein Bestes, um sich an die Vergangenheit zu erinnern. Die Stunden verstrichen, immer wieder lauschte er auf Geräusche, die Thanatos ' Ankunft verraten würden.
Zu Mittag übermannte ihn seine Erschöpfung, und er streckte sich an Astrids Seite aus. Gegen seinen Willen nahm er sie in die Arme und atmete den süßen Duft ihrer Haare ein, schloss die Augen und betete um einen angenehmen Traum.
Zarek strauchelte, als er in dem alten römischen Hof zu dem Schandpfahl gestoßen und festgebunden wurde. Dann zerrten die Diener den zerrissenen Peplos von seinem Körper und entblößten ihn vor seinen drei Verwandten, die sich eingefunden hatten, um ihn zu bestrafen. Er war elf Jahre alt.
Dicht vor ihm standen seine Brüder Marius und Markus, sichtlich gelangweilt, während der Vater die Lederpeitsche entrollte. Zarek spannte seine Muskeln an. Nur zu gut kannte er den brennenden Schmerz, den er erdulden würde.
»Wie viele Hiebe du ihm verabreichst, ist mir gleichgültig, Vater«, sagte Marius. »Dass ich Maximilianus beleidigt habe, bereue ich nicht. Wenn ich ihn nächstes Mal treffe, werde ich es wieder tun. Deshalb müsste der da nicht leiden.«
Der Vater hielt inne. »Wenn ich dir nun sage, der elende Sklave ist dein Bruder? Würde dich das kümmern?«
Da brachen beide Jungen in Gelächter aus. »Was, dieser Abschaum? In seinen Adern fließt kein römisches Blut.«
Der Vater trat vor, packte Zarek an den Haaren und zog seinen Kopf hoch, damit seine Söhne das vernarbte Gesicht sahen. »Seid ihr sicher? Ist er wirklich nicht mit euch verwandt?«
Sofort verstummte das Gelächter. Unfähig zu atmen, rührte Zarek sich nicht. Über seine Herkunft wusste er Bescheid. Jeden Tag wurde er daran erinnert, wenn die anderen Sklaven in sein Essen spuckten oder Steine nach ihm warfen, weil sie nicht wagten, ihren Zorn und Hass an der restlichen Familie auszulassen.
»Was behauptest du da, Vater?«, fragte Marius.
Magnus schlug Zareks Kopf gegen den Pfahl und löste seine Finger aus den zerzausten Haaren. »Diesen Kerl habe ich mit der Lieblingshure eures Onkels gezeugt. Was glaubt ihr wohl, warum er nach seiner Geburt zu mir geschickt wurde?«
»Nein, das ist nicht mein Bruder.« Angeekelt schnitt Marius eine Grimasse. »Lieber ertrage ich noch Valerius als diese miese Ratte.« Er ging zu dem Sklaven, bückte sich und versuchte seinen Blick zu erhaschen.
Da Zarek nichts anderes übrigblieb, schloss er die Augen. Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, dass man ihn noch strenger bestrafen würde, wenn er seinen Brüdern ins Gesicht schaute.
»Nun, was sagst du, Sklave? Fließt römisches Blut in deinen Adern?«
Zarek schüttelte den Kopf.
»Bist du mein Bruder?«
Wieder schüttelte er den Kopf.
»Also nennst du meinen edlen Vater einen Lügner?«
Als Zarek merkte, dass er wieder einmal hereingelegt worden war, erstarrte er. Dann versuchte er sich in panischer Angst von den Fesseln zu befreien.
»Nun, tust du das?«, fragte Marius.
Jetzt schüttelte er den Kopf. Doch es war zu spät. Er hörte das beängstigende Zischen, als die Peitsche durch die Luft fuhr, bevor sie herabsauste und seinen nackten Rücken zerfleischte.
Zitternd erwachte er und rang nach Luft, setzte sich auf, sein Blick irrte umher. Halb und halb erwartete er, einem seiner Brüder zu begegnen.
»Zarek?« Eine warme Hand berührte seinen Rücken. »Alles in Ordnung?«
Von den alten Erinnerungen überwältigt, konnte er nicht sprechen. Seit Marius und Markus die Wahrheit erfahren hatten, war jeder seiner Tage eine einzige Qual gewesen. Bis der Vater ihn an einen Sklavenhändler verkaufte, musste er für
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