Prinz für die Köchin
frei. Gott sei Dank ist mit der Torte alles geregelt. Ich weiß gar nicht, was ich mir dabei gedacht habe, mir etwas so Kompliziertes auszusuchen.«
Imogen hatte mehrere Torten-Testdurchläufe durchgeführt und war sich jetzt sicher, dass sie sie am Vorabend der Feier fehlerlos hinbekommen würde. Es war ein übergroßer puits d’amour, ein tiefer Liebesbrunnen aus Brandteig, gefüllt mit übereinander geschichteter Vanillecreme und knackigem Nougat. Das Ganze thronte auf einem reich verzierten und mit Baisermasse umhüllten neoklassizistischen Sockel, an dem eine Leiter aus goldenen Zuckerfäden lehnte. Ganz oben drauf stand eine stämmige Figur, anhand der weißen Kochkluft leicht zu identifizieren, und starrte mit einem Hummer in der einen und einem Strauß Marzipanblumen in der anderen Hand schmachtend zur anderen Seite des Brunnens hinüber. Dort hockte ein ungemein glamouröses Marzipan-Ebenbild von Daphne Blanding in einer exakten Replik ihres Strandoutfits – ein großer weißer Strohhut und ein sündhaft teurer, wunderschön geschnittener schwarzer Badeanzug – auf dem Teigrand und tauchte einen Zeh in die Vanillecreme.
Für Imogen war die Herstellung dieses Meisterwerkes an Kitsch eine willkommene Fluchtmöglichkeit gewesen. Stundenlang hatte sie die Arbeit von ihrem schmerzhaften Verlassensein abgelenkt.
»Es war eine Menge Arbeit«, stellte sie jetzt entschlossen fest. »Ich könnte einen Tapetenwechsel brauchen. Also fahre ich heute nach Nizza und esse mit Dimitri zu Mittag.«
»Dimitri? Gute Idee«, verkündete Faustina, die gelassen wie immer in die Küche geschwebt kam. »Ein bisschen Sex, dann geht’s dir bestimmt besser.«
Wie in einem Theaterstück bedachten Gene, Mitch und Bunny Faustina alle gleichzeitig mit einem höchst merkwürdigen warnenden Blick, den Imogen nicht zu deuten wusste.
»Natürlich hat sie keinen Sex mit ihm!«, zischte Bunny. »Was für ein schrecklicher Gedanke!«
»Oh. Oh!« Faustina schüttelte den Kopf wie ein Pony, als wäre ihr gerade etwas eingefallen. »Hör bloß nicht auf mich, ich bin noch halb im Tiefschlaf.«
»Ich habe nicht vor, mit ihm zu schlafen«, versicherte Imogen und fragte sich, was eigentlich mit den anderen los war. »Wir sind einfach nur befreundet. Er will mir Linguine kochen – mit Jakobsmuscheln. Ehrlich gesagt freue ich mich darauf. Ich mag Jakobsmuscheln unheimlich gern.«
»Ja, klar doch«, schnaubte Mitch und schraubte den Deckel eines Marmeladenglases auf. »Als ob du davon auch nur einen Bissen zu essen kriegst. Der legt dich doch flach, bevor du eine Chance hattest, die Vorspeise zu probieren.«
Imogen lachte laut heraus. »Wir werden in einem Restaurant sein. Ich glaube, da besteht wenig Gefahr.«
»Imogen, hör zu«, sagte Faustina ernst, »vergiss nicht, du bist immer noch angeschlagen, und Männer, na ja, die sind ein bisschen wie Haie. Die können Blut riechen.«
»Heute ist einfach kein guter Tag, um nach Nizza zu fahren.« Gene sah ziemlich aufgewühlt aus. »Um diese Jahreszeit ist es da immer so voll.«
»Ihr seid alle total dagegen, dass ich nach Nizza fahre«, stellte Imogen bedächtig fest. »Warum?«
»Hé, les filles!«, krakeelte Amaury und kam mit Enzo im Schlepptau in die Küche gestürmt. »Ist sie schon auf? Wollt ihr sie vorwarnen, oder …« Als er Imogen erblickte, hielt er abrupt inne, dann fing er sich, sagte höflich: »Guten Morgen«, und ging um den Tisch herum zu Faustina.
»Was läuft hier eigentlich?«, fuhr Imogen ihre Freunde an und erhob sich. »Wieso benehmt ihr euch alle so komisch?«
Nach kurzem Schweigen antwortete Bunny mit forschem Lächeln: »Na schön, du hast uns durchschaut. Wir hatten heute Abend eine Überraschungsparty für dich geplant. Ich weiß, du hast gesagt, du willst keine, aber ich gebe dir mein Wort, es ist eine ganz schlichte, stilvolle Angelegenheit. Wir können deinen Geburtstag einfach nicht ohne eine kleine Feier vorbeigehen lassen – das wäre nicht anständig.«
»Danke«, sagte Imogen und drückte sie. »Keine Angst, ich bin rechtzeitig wieder da. Ist doch nur ein kleines Mittagessen«, fügte sie beruhigend hinzu und verschwieg Dimitris Pläne, sie mit Alkohol abzufüllen. Es schien nicht sehr sinnvoll, das zu erwähnen.
58
Als Imogens Auto quietschend vor dem Bahnhof zum Stehen kam, sagte sie verdrossen: »Jetzt schau dir das an, Monty – ich erledige Botengänge für andere. Super, nicht wahr? Und noch dazu an meinem Geburtstag.«
Sie war kaum zu
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