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Prinz für die Köchin

Titel: Prinz für die Köchin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Zagha
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sich wieder ein bisschen besser. Sie rief sich in Erinnerung, warum sie nach Frankreich gekommen war. Imogen schaute auf die Uhr; sie hatte Zeit, sich mit Saint-Jean-les-Cassis vertraut zu machen, ehe sie zur Arbeit antreten musste.
    Was ihr an dem Ort am meisten auffiel, war die Tatsache, dass er für seine bescheidene Größe eine Menge Lebensmittelgeschäfte aufzuweisen hatte. Ganz offensichtlich stand Essen bei den Franzosen ganz oben auf der Liste. Ganz kurz dachte sie an die Hauptstraße ihres Viertels in London, mit den reizlosen Eckläden und den grellen Kebab-Imbissbuden. Hier zählte sie auf den beiden Hauptstraßen mindestens fünf Bäckereien und pâtisseries, mehrere Metzger, drei Fischläden und ebenso viele Käsegeschäfte. Sie alle schienen gut zu laufen, trotz eines Supermarktes in ihrer Mitte, und sie sah außerdem noch ein Plakat, das einen Wochenmarkt am Hafen ankündigte.
    Im Vorbeigehen merkte sie sich, vor welcher Bäckerei die längste Menschenschlange stand, denn ihr war durchaus klar, dass es selbst in Frankreich eine ganz klare Hierarchie gab, von brauchbarem Brot hin zu absolut himmlischen Baguettes. Einen Augenblick lang blieb sie vor einem Käsegeschäft stehen, um dem Besitzer zuzusehen, einem Mann im grauen Kittel, der einen asketischen und recht professionellen Eindruck machte. Sie staunte darüber, wie er mit jener entspannten Autorität, die den wahren Fachmann verriet, einen unentschlossenen Kunden zu einem vollendet gereiften Ziegenkäse hindirigierte.
    Imogen fühlte sich auf Anhieb wohl hier. Wenn man den irre hohen Stresspegel bei der Arbeit einmal einen Moment lang beiseiteließ, überlegte sie, dann befand sie sich jetzt zum ersten Mal in ihrem Leben in einem Umfeld, wo sie genauso war wie alle anderen. Wie die Franzosen war auch sie der Meinung, dass man gar nicht wählerisch genug sein konnte, wenn es ums Essen ging.
    Ansonsten jedoch, dachte sie kläglich, war sie definitiv überfordert. Wieder und wieder fiel ihr das gepflegte Selbstvertrauen auf, das die Französinnen ausstrahlten, an denen sie auf der Straße vorbeikam. Dabei war es gar nicht so, dass all diese Frauen schön oder jung waren, doch sie waren alle wunderschön gekleidet und bewegten sich, nun ja, flink, so als wären ihre Körper ihnen keine Last. Das war das genaue Gegenteil davon, wie Imogen ihren eigenen empfand.
    Versuchsweise zog sie den Reißverschluss ihrer Fleecejacke herunter und schickte sich an, sie auszuziehen – so kalt war es gar nicht. Dann schloss sie sie hastig wieder. Das weite Kleidungsstück kaschierte ihren Busen. So hatte sie es schon immer gehalten, und französischer Einfluss hin und her, daran würde sich nichts ändern.
    Als Nächstes gingen sie und Monty kurz zum Strand. Voll war es dort nicht gerade; zumindest dem Datum nach war ja noch Winter, doch ein paar mahagonifarbene Leiber, von auffälligen Bikinis in allen Regenbogenfarben geziert, wurden trotzdem zur Schau gestellt. Ein paar ganz Tapfere badeten sogar. Imogen schwamm gern, fürs Sonnenbaden jedoch war sie nie zu haben gewesen – dazu musste man sich viel zu sehr entblößen. Sie saß im Sand, behielt entschlossen Fleecejacke und Cargohose an und nahm auch den praktischen Sonnenhut nicht ab. Dafür erntete sie neugierige Blicke, doch sie achtete gar nicht darauf und sah stattdessen Monty zu, der vorsichtig den äußersten Rand der Wellen erforschte. »Ich bin mir nicht sicher, was ich von diesem schwappenden, schaumigen Zeug halten soll«, schien er zu sagen, als er sich zu ihr umdrehte. Nach ein paar enthusiastischen, aber kurzen Sprints hinter vorbeifliegenden Möwen her stürzte er sich in eine wahre Buddelorgie.
    Als sie am Strand entlang zurückgingen, wo niedrige weiße Apartmenthäuser ihre Balkone dicht an dicht vorstreckten, wurde Imogens Blick von einem Haus angezogen, das ihr vorher nicht aufgefallen war. Eine cremefarbene türmchenbewehrte Villa, die ein Stück von der Straße zurückgesetzt dastand und teilweise von einem verwilderten Garten verborgen war. Imogen fand, dass sie einem Dornröschenschloss nicht unähnlich war. Neugierig spähte sie durch den Zaun. Die blauen Läden der Villa waren alle geschlossen. Monty begann an seiner Leine zu zerren, und Imogen machte sich von Neuem auf den Weg in die Mitte des Ortes, während sie sich fragte, ob wohl jemand in der Villa wohnte. Und wenn ja, wer.
    Der Zeitpunkt, wo sie sich im Boustifaille zum Dienst melden musste, rückte allmählich näher, und sie

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