Prinz für die Köchin
eingerichtete Küche in ihrer Wohnung, vielleicht würde sie Imogen ja erlauben, sie zu benutzen? Sie könnte Werbezettel in den Geschäften im Ort aushängen, könnte anbieten, kleine Feierlichkeiten auszurichten – Kinderfeste und so etwas –, und schauen, ob sich etwas ergab. Einen Versuch war es wert. Alles war besser als gar nichts! Wieder fing sie Dimitris Blick auf, und da sie in Gedanken noch immer bei ihrem Plan war, lächelte sie ihn automatisch an. Er lächelte zurück, und Imogen war verblüfft, als sie ein kleines, aber unverkennbares Kribbeln freudiger Erregung verspürte. Oh Mann, dachte sie verwirrt. Was war denn das?
9
Imogen stand ganz allein in der Küche des Boustifaille, in dem T-Shirt und den Boxershorts, die sie normalerweise zum Schlafen trug, als plötzlich Monsieur Boudin hereinmarschiert kam, eine lebendige, laut trötende Gans an der Leine. Als Imogen ihn verdattert anstarrte, drückte er ihr das Tier in die Arme und fauchte: »Du glaubst also, du kannst kochen? Na, dann zeig mir mal, was du draufhast. Mach mir einen crumble de foie gras à la bergamotte, SOFORT ! Und zwar PERFEKT ! ALLES PER HAND , VERSTEHT SICH !«
Was? Einen crumble de foie gras? Aber … das geht doch gar nicht!, dachte die zu Tode erschrockene Imogen, während ihr Blick dem der Gans begegnete.
Inzwischen begann ihr Boss ungeduldig an den Arbeitstresen entlangzurennen und mit den Fäusten darauf einzuhämmern. Das machte ein unglaubliches Getöse, und während sie noch überlegte, wie in aller Welt sie die Bergamottekonfitüre per Hand so karamellisieren sollte, dass sie genau den erforderlichen Grad an blondeur erreichte, von dem grauenvollen Gänseleber-Rätsel ganz zu schweigen, hastete Imogen hinter ihm her und rief: »Aufhören! Bitte hören Sie auf!« Dabei versuchte sie, sich über den Lärm hinweg verständlich zu machen, den die verängstigte Gans veranstaltete.
»Bitte, bitte hört doch mit dem Krach auf!«, wimmerte sie zum hundertsten Mal und öffnete die Augen. Da saß Monty, der ihr das Gesicht ableckte und sie voller Besorgnis anstarrte – hatte sie etwa im Schlaf geschrien? Und hinter ihm war der stickige Innenraum ihres Autos; alle Fenster waren hochgekurbelt.
Natürlich. Jetzt fiel es ihr wieder ein. Heute Abend war sie nach dem üblichen Abstecher ins La Sirène heimgegangen und hatte sich ziemlich mies gefühlt. Auf ihre Catering-Anzeige, die sie vor über einer Woche im Schaufenster von Daphnes Laden und am Informationsbrett des Supermarktes ausgehängt hatte, hatte bislang noch niemand reagiert. Und auch die Nächte in der Schlafbaracke waren zu einer immer größeren Prüfung geworden. Der Nachtclub gleich nebenan brachte es mit sich, dass die Wände ihres Zimmers bis in die frühen Morgenstunden im Techno-Beat wummerten. Heute Nacht schien das alles einfach zu viel zu sein, und als sie und Monty wieder einmal ihre freudlose kleine Unterkunft in Augenschein genommen hatten, war Imogen sofort wieder hinausgeeilt.
Als sie jetzt Monty in ihrem Auto verschlafen anblinzelte, empfand sie zunächst wunderbare Erleichterung, dass die foie gras- Kampfansage nur ein Albtraum gewesen war. Dann ging ihr auf, dass das Hämmern nicht aufgehört hatte. Es klang, als klopfe jemand ans Fenster. Hastig setzte sie sich auf und blickte schlaftrunken auf die Straße hinaus. Dort stand Daphne Blanding, flankiert von Mitch, dem Amerikaner aus der Buchhandlung. Imogen kurbelte das Fenster herunter und genoss die frische Luft, die sanft um ihr Gesicht wehte.
»Hi, Daphne«, sagte sie verlegen. »Hallo«, fügte sie an Mitch gewandt hinzu, der in einem babyblauen Kaschmirpulli, blass-rosa Leinenhose und Schnür-Espadrilles wahrhaft prachtvoll aussah.
»Imogen?« Daphne sah verwirrt und besorgt aus. »Ist alles in Ordnung?«
»Ja, alles bestens.«
»Würde es dir etwas ausmachen auszusteigen, Liebes? Ich kriege von all dieser Bückerei einen ganz steifen Hals.«
Imogen entriegelte die Tür und stieg aus, gefolgt von Monty, der voll hingerissener Überraschung Mitchs Espadrilles anstarrte, ehe er sich ein wenig näher heranschob, um ihren exotischen Geruch einzusaugen.
»Hattest du etwa vor, die Nacht in deinem Auto zu verbringen?« Daphne zog die elegant gezupften Brauen hoch.
»Na ja …« Imogen scharrte ein wenig mit den Füßen. »Die Wahrheit ist, ich habe es in meinem Zimmer nicht ausgehalten. Das hier ist doch eine ruhige Straße, da habe ich halt gedacht, es wird schon niemand merken, wenn ich
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