Prinz für die Köchin
französische Popsongs spielte. Gleichzeitig rollte ein stetiger Strom glänzender Sportwagen draußen vorbei, ehe er nach rechts abschwenkte, auf den Pinienhain zu und daran vorbei zum kleinen Kasino des Ortes. Alles sehr glamourös und exotisch.
Um Imogen herum saß der größte Teil des Boustifaille-Personals. Außer Bastien gehörten zu ihren Küchengefährten jetzt auch der freundliche Régis, der aussah wie ein tätowierter Teddybär mit rasiertem Schädel, der dauerangespannte, wieselähnliche kleine Emmanuel (Manu genannt) und Pierrot, der groß und dürr und schrecklich mitteilsam war und einen Pferdeschwanz trug. Der Speisesaal war durch Larissa vertreten, ein hübsches, freches Mädchen aus dem Ort mit langem dunklem Haar, und außerdem durch Patrice, einen schüchternen jungen Mann mit Brille. Er kam frisch von der berühmten Ecole Hôtelière de Lausanne, einer der renommiertesten Gastronomiefachschulen der Welt.
Monty hatte Imogen anfangs schrecklich vermisst, wenn sie zur Arbeit ging, jetzt jedoch hatte er sich daran gewöhnt, dass sich Daphne um ihn kümmerte, während seine Herrin fort war. Was Imogen selbst betraf, so fand sie sich allmählich besser zurecht. Mittlerweile war sie mit dem langwierigen französischen Ritual des Händeschüttelns und der Wangenküsse – bises – vertraut, das vor jedem Arbeitseinsatz Pflicht war. Anfangs war es ganz schön schwierig gewesen, sich zu merken, wen es zu küssen und wem es die Hand zu schütteln galt, und Bastiens Hilfe hatte sich als unbezahlbar erwiesen. Eine vernichtend peinliche Katastrophe war eines Abends gerade noch abgewendet worden, als ihr Freund sich vielsagend geräuspert hatte, just als sie im Begriff gewesen war, Monsieur Boudin mit zwei Küssen zu beglücken. Es war Ehre genug, ihrem Boss die Hand geben zu dürfen; alles, was darüber hinausging, war bei dem großen Meister undenkbar.
Ein weiteres Ritual war, dass das Personal jeden Abend nach dem Dienst im La Sirène einfiel, um ein wenig Dampf abzulassen. Bei dieser Regel gab es Ausnahmen: Der hochmütige maître d’ Jean-Jacques und Sidonie, die elegante Weinkellnerin, gingen normalerweise nach Hause zu ihren jeweiligen Familien. Bei diesen spätabendlichen Ausflügen waren alle durchaus nett zu Imogen, abgesehen von Larissa, die anscheinend fest entschlossen war, nichts mit ihr anfangen zu können. Andererseits, dachte Imogen im Stillen, hatte Larissas schlechte Laune vielleicht auch etwas mit der angespannten Atmosphäre in der Küche des Boustifaille zu tun.
Heute zum Beispiel war es ganz besonders stressig gewesen. Nicht einen einzigen Augenblick hatte der Druck nachgelassen. Imogen verstand inzwischen ein bisschen besser, was es hieß, einen solchen Betrieb am Laufen zu halten, und zwar nicht nur als Lieferant köstlicher Speisen, sondern auch als erfolgreiches Unternehmen.
»Das hier ist ein ziemlich kleines Restaurant«, hatte Régis zu ihr gesagt, als sie zusammen im Hof Pause gemacht hatten. »Ich habe schon in viel größeren Läden gearbeitet, mit viermal so vielen Gedecken, und das war ganz schön heftig, aber die mussten ihren Ruf nicht so verteidigen wie das Boustifaille. Die Leute warten nur darauf, dass man auf die Nase fällt. Ich glaube, der chef tut sich im Moment ganz schön schwer.«
Es stimmte, dachte Imogen, Monsieur Boudin sah wirklich immer völlig erschöpft und ziemlich trübsinnig aus. Nicht ein einziges Mal hatte sie ihn lächeln sehen. Auch die anderen Mitarbeiter sahen aus, als beschäftige sie irgendetwas. Hatte das etwas damit zu tun, hatte sie Bastien später mit gedämpfter Stimme gefragt, dass der Speisesaal nur selten besonders voll war?
»Na ja«, hatte er nach einem raschen ängstlichen Blick in Richtung ihres Bosses geantwortet, »die Reservierungen gehen wirklich schon seit einer ganzen Weile zurück.«
»Und was, glaubst du, ist das Problem?«
»Zum Teil die Konjunktur. Die Leute überlegen sich genau, ob sie einen Haufen Geld für ein Essen ausgeben. Aber hauptsächlich liegt es an …« Bastien war verstummt und hatte mit einer Kopfbewegung auf Monsieur Boudin gezeigt.
Manu, der gerade aus der Speisekammer zurückkam und sie gehört hatte, blieb kurz stehen und sagte leise: »Ich glaube, er hat keinen Spaß mehr an der Herausforderung. Er ist nicht mehr so scharf auf den Erfolg, wie man sein müsste, um sich ganz oben halten zu können.«
»Das kann ich einfach nicht verstehen«, hatte Dimitri schroff bemerkt und sich in ihre
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