Prinz für die Köchin
sie.
Ihr letzter Kuss – von diesem charmanten Heuchler Adrian – lag so lange zurück, dass sie Bastien nicht wegschob, obwohl sie ganz deutlich Alarmglocken schrillen hörte. Stattdessen erwiderte sie den Kuss, und ihr erster Gedanke war, dass die köstliche, herbe Passionsfrucht tatsächlich einen wunderbaren Nachtisch abgäbe.
»Das wollte ich schon von dem Tag an tun, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe«, sagte Bastien zwischen zwei Küssen. »Hast du das gewusst?«
»Nein«, antwortete Imogen wahrheitsgemäß.
»Also.« Er lächelte. »Encore?«
»Ja«, sagte sie leise. »Encore.«
Sie küssten sich abermals, und Imogen war sich intensiver gemischter Gefühle bewusst. Die elektrische Spannung zwischen ihnen, die durch ihre irrtümliche Ohrfeige erzeugt worden war, hatte sie offenbar seltsam aufgewühlt. Bastiens Haut roch süß, und seine Hand, die liebkosend über ihr Schlüsselbein glitt, ließ ihre eigene Haut wunderbar kribbeln. Gleichzeitig jedoch drängten sich andere Gedanken in ihren Kopf, gaben missbilligende Geräusche von sich und verlangten, dass sie sofort mit diesem Unsinn aufhörte. Was machst du da eigentlich, dich mit jemandem von der Arbeit einzulassen?, zischte eine Stimme entrüstet. Willst du dir etwa alle Chancen verbauen, es in dem Restaurant jemals zu etwas zu bringen? Du kennst ihn doch gar nicht, betonte eine andere. Okay, vielleicht teilt ihr die Liebe zu gutem Essen, aber habt ihr sonst noch etwas gemeinsam? Bitte sei nicht blöd und lass dich wieder von einem hübschen Gesicht ködern, flehte eine dritte. Denk an Adrian und daran, was der am Ende für eine absolut grauenvolle Enttäuschung war.
Mitten im Kuss kam Imogen wieder zur Besinnung. Sie stemmte Bastien die flachen Hände gegen die Brust und schob kräftig. Er wich zurück und sah sie fragend an.
»Sollten wir nicht langsam zurückfahren?«, fragte sie. »Die fragen sich bestimmt schon, wo wir bleiben.«
Er warf einen Blick auf die Uhr, zog die Brauen hoch und ließ den Motor an, während er »Merde, merde, merde« vor sich hin brummelte.
Als sie schneller wurden, legte er einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Er schien nicht reden zu wollen, also saß Imogen, erleichtert und gleichzeitig nicht gerade übermäßig entspannt, den ganzen Heimweg über schweigend in seinem Arm. Ihre Miene drückte nichts anderes aus als extreme Verblüffung über ihr eigenes, noch nie da gewesenes Verhalten.
14
»Bonjour, Montee«, hörte Imogen jemanden hinter sich sagen, als sie im Supermarkt vor dem Hundefutter stand. Sie drehte sich um und starrte die fremde junge Frau an, die ihren Hund angesprochen hatte.
»Hallo?«, sagte sie unsicher, während sie eine voluminöse schwarze Lockenmähne, ein Gesicht voller Make-up sowie ein extrem knappes Outfit betrachtete, dessen grelle Farben – Orange, Neonpink und Gold – wie wild vor ihren Augen flammten und knisterten. Ein Paar riesige, mit Türkisen besetzte Kreolen rundeten das Ganze ab.
»Hi, Imogen«, sagte Faustina, die Hundetrimmerin, und trat beiseite, worauf ein großer Dobermann sichtbar wurde, der Monty neugierig musterte. »Das hier ist Cristiana. Mein Hund. Suchen Sie etwas für Montee?«
»Ach, nur ein paar Leckerli«, antwortete Imogen und gab sich alle Mühe, sie nicht anzuglotzen. Ohne ihre schicke, minimalistische Arbeitskluft sah Faustina aus wie ein völlig anderer Mensch, und Imogen wusste ganz genau, wie das Urteil ihrer Mutter angesichts einer so vulgären Aufmachung lauten würde – der pseudo-lateinische Familienterminus commonus nuttus. »Irgendetwas mit Knochenmark vielleicht«, beendete sie ihren Satz halblaut.
»Die da sind gut«, sagte Faustina, griff nach einem Beutel und reichte ihn ihr. »Cristiana steht unheimlich darauf.«
»Danke. Und wie geht’s Ihnen so?«
»Echt gut. Wenn ich hier fertig bin, gehe ich ins Solarium. Und dann hab ich eine Pediküre.«
Imogen nickte und dachte bei sich, dass Faustina wirklich ihren Horizont ein bisschen erweitern sollte. Es gab doch noch mehr im Leben als Körperpflege.
»Und was macht Ihr Job im Boustifaille?«, erkundigte sich Faustina, als sie zusammen den Gang zwischen den Regalen hinuntergingen. »Wird’s ein bisschen langweilig?«
»Wieso denn langweilig?«, fragte Imogen mit dem beklemmenden Gefühl, dass hier gerade der Spieß umgedreht worden war.
»Ich finde Kochen so was von langweilig. Bin viel zu faul dazu. Ich meine, wir müssen essen, sicher, aber es gibt doch noch
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