Prinz für die Köchin
als bereits der Abspann lief. Als Date konnte man das Ganze nicht gerade als Erfolg bezeichnen, der Film jedoch hatte Imogen zu diversen Erleuchtungen über die Einstellung der Franzosen zu Herzensangelegenheiten verholfen – und zu Sex.
Der Film war eine französische Komödie mit dem Titel C’est compliqué, la vie! (oder, wie Imogen es sich im Stillen übersetzte, Das Leben ist kompliziert) . Darin hatten alle möglichen fotogenen französischen Schauspieler mitgespielt, von denen sie noch nie gehört hatte. Im Film ging es durchaus lebhaft zu, aber Imogen hatte einige Schwierigkeiten, der Handlung zu folgen, was größtenteils am Fehlen englischer Untertitel lag. Außerdem wurde ihr bei der Handlung aus verschiedenen Gründen schwindelig. Der erste war die schiere Menge an Sexszenen, oder genauer gesagt an cinq-à-sept- Action (ein Begriff, den Mitch ihr erklären musste, als sie an jenem Abend nach Hause kam: fünf bis sieben Uhr abends galt als beste Zeit für außerehelichen Beischlaf). Auch an freundschaftlichem Frauentausch wurde nicht gespart. Außerdem konnte sie sich nicht merken, welche Frau eigentlich zu wem gehörte, vor allem da sämtliche Schauspielerinnen reizvolle, dunkelhaarige, rehäugige Geschöpfe waren, die auf unglaublich hohen Absätzen geschäftig die Straßen von Paris hinauf- und hinunterrannten, um von einem Hotelzimmer ins nächste zu gelangen. Ehrlich gesagt war es fast unmöglich, sie auseinanderzuhalten.
Imogen fand das Ganze fürchterlich französisch, vor allem die postkoitalen philosophischen Betrachtungen. In einer Szene saß zum Beispiel ein Mann mit einer der dunkelhaarigen Frauen (vielleicht sogar seiner eigenen, Imogen war sich nicht sicher) im Bett, und während sie sich eine Zigarette teilten, sagte er salbungsvoll: »Natürlich wissen wir niemals etwas über die Liebe selbst – nur über die Vorstellungen von Liebe.«
Während sie zusah, wie sich diese atemlose Komödie der Irrungen entwickelte und schließlich ein glückliches Ende nahm, bei dem jedes Männchen sein Weibchen fand (zumindest bis zum nächsten Mal), dachte Imogen bei sich, dass dergleichen doch bestimmt keinerlei Bezug zum wirklichen Leben hatte, oder? Gewiss brauchte doch der Pfad zur wahren Liebe nicht dermaßen verschlungen zu sein? Oder wenn doch, schloss sie, dann habe ich wirklich keine Chance, jemals den Weg zu finden.
Dann, als sie und Bastien, noch immer Hand in Hand, aus dem Kino gekommen waren, hatte Imogen sich sanft gelöst und versucht, ihn so behutsam wie möglich abblitzen zu lassen. Sie brauche »Zeit zum Nachdenken«, hatte sie erklärt.
»Aber die Sache ist die, ich glaube, es ist überhaupt nichts geklärt«, beendete sie nun ihre Schilderung. »Er versucht, sich nichts anmerken zu lassen, doch er ist ziemlich geknickt. Ich hätte mich gar nicht erst von ihm küssen lassen dürfen.«
Faustina nickte und blickte starr geradeaus. »So was kann ganz schön kompliziert sein. Ich habe im Moment auch gerade Schwierigkeiten mit einem Mann. Meine Mutter sagt immer: ›Un basgiu par fórza un vale una scorza.‹ Auf Korsisch heißt das, ein erzwungener Kuss ist nicht mal die Schale von einer Frucht wert.«
Bastien hatte sie ganz bestimmt nicht mit Gewalt geküsst, dachte Imogen, doch sie wusste, was Faustinas Mutter meinte. Insgeheim gab sie der Marktatmosphäre die Schuld an ihrem etwas leichtfertigen Betragen: All diese köstlichen Früchte hatten ihr den Kopf verdreht. Sie hatte sich völlig untypisch verhalten, fast wie eine Art Nymphomanin in Sachen Essen. Ratlos zuckte sie die Achseln und blickte zum strahlend blauen Himmel empor. Es konnte auch sein, dass das Klima sie irgendwie veränderte. Sie kam sich hier weniger zugeknöpft vor, sowohl emotional als auch im wahrsten Sinne des Wortes. Vielleicht war diese befreiende Atmosphäre ja der Grund dafür, dass so viele Amerikaner und Briten jahraus, jahrein an die Riviera strömten.
Was Bastien anging, blieb sie dabei. Es war keine gute Idee, etwas mit einem Kollegen anzufangen, ganz gleich, wie anziehend er war, sagte sie sich, während sie die ganze Zeit versuchte, das Bild dieser Dauernervensäge Dimitri zu verscheuchen, das aus irgendeinem Grund immer wieder in ihrem Kopf auftauchte.
Imogens Privatdrama spielte sich derweil vor dem Hintergrund eines größeren beruflichen Dramas ab – der Küchentragödie im Boustifaille. Wenn sie Pause hatte, warf sie manchmal auf dem Weg in den Hof durch das Bullauge einen schnellen
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