Prinz für die Köchin
als Farbkombination.«
Nachdem sie es geschafft hatte, Bunny ein paar Minuten lang dazu zu bringen, über praktische Dinge wie zum Beispiel die Anzahl der Gäste oder ihr Budget zu reden, versprach Imogen, ihr in den nächsten Tagen einen Kostenvoranschlag zukommen zu lassen, und verabschiedete sich.
»Wenn Sie das nächste Mal kommen, zeige ich Ihnen mein Atelier«, versprach Bunny, als sie sich am Tor die Hand gaben. »Von da hat man einen ganz reizenden Blick auf die Bucht.«
»Sind Sie Künstlerin?«
Imogen konnte sich vorstellen, was jemand wie Bunny malen würde – höchstwahrscheinlich sentimentale Landschaften, oder Bilder von »ganz reizenden« Tieren.
»Oh ja«, erwiderte Bunny keck. »Deswegen bin ich eigentlich hier. Meine Familie findet Kunst wunderbar, doch gleichzeitig mögen sie Künstler nicht besonders, also habe ich wohl ein bisschen geflunkert, fürchte ich. Ich weiß ja, dass das nicht richtig ist, aber sonst hätte ich mich nie nach Europa absetzen können.« Sie beugte sich verschwörerisch zu Imogen vor. »Meine Mom hält viel von Ahnenforschung, also habe ich gesagt, ich wollte etwas über unsere französischen Vorfahren herausfinden.«
»Wie merkwürdig«, meinte Imogen nachdenklich und begann, ihre eigene Familienproblematik zu schildern, besonders was ihre Mutter anging.
»Also, ich glaub’s ja nicht! Wir gleichen uns ja wie ein Ei dem anderen!«, rief Bunny und drückte Imogens Hand.
Bis zu einem gewissen Punkt, dachte Imogen nüchtern, sprach es aber nicht laut aus.
13
»Hier, probier mal«, sagte Bastien am nächsten Morgen und reichte Imogen ein kleines Stück Brot mit frischer Tapenade, einer Paste aus schwarzen Oliven.
»Das ist super«, sagte sie, während sie den Bissen hinunterschlang. »Danke.«
Es war erst halb sechs, und sie war dankbar für etwas Nahrhaftes. Andererseits hätte sie schon die Atmosphäre auf dem Großmarkt mit frischer Energie aufgeladen, denn diese erzeugte ein Gefühl pulsierender, fieberhafter Erregung. Imogen hatte Interesse an den Zulieferern des Boustifaille geäußert, und Bastien hatte sie eingeladen mitzukommen. Völlig hingerissen stand sie wie angewurzelt da und weidete sich am Anblick enormer Obst- und Gemüseberge, an Kisten voller tiefblauer Hummer und glitzernder Fische – riesige silberne Seebarsche, Petersfische, exotische orangerote Skorpionsfische.
»C¸a va?« , fragte Bastien und schüttelte dem Fischhändler die Hand. »Des écrevisses, s’il vous plaît.« Als der Mann ihm vorsichtig zwei Kisten mit lebenden Hummern in die Arme legte, fügte Bastien an Imogen gewandt hinzu: »Die sind für eine tolle Vorspeise. Sieht aus wie eine Blume; dunkelrote Blütenblätter aus roten Beeten um ein Stück Hummer.«
Beflügelt vom berauschenden Einfluss ihrer Umgebung ertappte Imogen sich dabei, wie sie ihre Schüchternheit überwand und – zunächst stockend, dann jedoch immer lebhafter – eine Diskussion mit dem Fischhändler über die Vorzüge von Mittelmeeraustern gegenüber jenen aus der Bretagne, der Normandie oder der Bucht von Arcachon begann. Dazu gehörte es, ziemlich oft das Wort huître zu benutzen – eine ganz schöne Herausforderung, mit diesem seltsamen R-Laut und den kniffeligen Vokalen. Doch sie ließ sich nicht beirren. Wen interessierte es schon, ob ihre Aussprache korrekt war? Sie fühlte sich in ihrem Element und kam sich vor wie eine Köchin, die sich mit einem Lieferanten unterhält. Was für ein berauschendes Gefühl!
»Die ist für Sie«, verkündete der Fischhändler, öffnete resolut eine Auster und reichte sie ihr mit einem Lächeln.
Imogen dankte ihm, kippte sich den Inhalt der Schale in den Mund und lächelte ihrerseits – sie spürte schlicht und einfach den Geschmack des Meeres auf der Zunge. Plötzlich kam ihr der Gedanke, dass es wirklich dämlich war, dass sie seit ihrer Ankunft noch nie schwimmen gewesen war. Für ein bisschen Sport konnte sie doch bestimmt Zeit finden.
Später, als Imogen Bastien in die Sauna-Atmosphäre der Gewächshäuser des Marktes folgte, zog sie ihre Fleecejacke aus und band sie sich um die Taille. Herrgott, war das heiß, dachte sie und fächelte sich diskret und wirkungslos mit dem Blusensaum Luft zu.
»Das ist es … das einzig Wahre«, verkündete Bastien begeistert und legte behutsam etwas in ihre ausgestreckte Hand, das aussah wie eine große, weiche Tomate. »Eine echte Kaki aus den Hügeln oberhalb von Cannes. Im Boustifaille machen wir daraus ein
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