Prinz für die Köchin
diese mit einem möglichst unterkühlten, feindseligen Auftreten einherzugehen.
»Da, wo ich herkomme«, hatte Faustina energisch erläutert, »wenn man da einen Jungen in der Öffentlichkeit anlächelt, dann ist es, als würde man sagen, dass er einen auf dem Hügel flachgelegt hat.«
»Aber das ist doch lächerlich!«
»Vielleicht, aber so ist es nun mal. Also gewöhnt man sich an, Männer nicht anzulächeln – und überhaupt so wenig wie möglich zu lächeln. Das erspart einem eine Menge Ärger.«
In dieser Hinsicht war Faustinas Umzug – »auf den Kontinent«, wie sie es ausdrückte – ungeachtet ihrer sentimentalen Bindungen an Korsika ungeheuer befreiend gewesen. Das einzige Problem war, wie Imogen bald herausfand, dass sie nicht allein gekommen war.
Das erste Mal begegnete Imogen Enzo nach einem ihrer morgendlichen Spaziergänge, als Faustina sie bat, im Hundesalon die Stellung zu halten, während sie nach oben rannte, um sich für ihren ersten Termin umzuziehen.
Imogen lotste Monty und Cristiana in Faustinas gefliesten Innenhof hinaus, der voller großer Töpfe mit Mimosen und Bougainvilleas war. Dann bemerkte sie, dass jemand vor dem Laden stand: ein junger Mann in Lederjacke, kunstvoll zerschlissenen Hüftjeans und Bikerstiefeln, seltsamerweise jedoch ohne Pudel.
Sie ging hin, um ihn hereinzulassen, und bekam einen kleinen Schreck, als ihr klar wurde, dass er ohne Zweifel der schönste Mann war, den sie je gesehen hatte: groß, dunkel und mit jener Art von feingeschnittenen Zügen gesegnet, die sie mit Statuen von griechischen Göttern assoziierte. Noch ehe sie sich fangen konnte, merkte sie bereits, wie sie ihn angrinste wie eine Vollidiotin. »Ah … bonjour«, hauchte sie schwach.
Er lächelte nicht zurück, sondern fragte stattdessen: »Elle est là, Faustina?«, während seine großen, schmelzenden schwarzen Augen sie unverwandt anblickten. Seine Oberlippe, stellte sie fest, war vollendet geschwungen, seine Unterlippe war ein üppiges, schwellendes Kissen. Grundgütiger. Als Imogen den Mund öffnete, um irgendetwas auf Französisch hervorzugurgeln, hörte sie Faustinas weiße Clogs die Treppe heruntergeklappert kommen.
»Ah, da bist du ja!«, sagte Imogen strahlend und drehte sich zu ihrer Freundin um.
Faustina blieb wie angewurzelt stehen, dann straffte sie sich und sagte mit schroffer, tonloser Stimme: »Enzo.«
»Faustina – cume stai?«
»Va bè.«
Das Paar stand da und starrte einander einen Moment lang schweigend und finster an, dann bedeutete Faustina Enzo mit einer winzigen Kopfbewegung, ihr in den Innenhof zu folgen, und schloss die gläserne Schiebetür hinter ihnen. Imogen beschäftigte sich damit, sich eine Tasse Tee zu machen, doch obwohl sie nicht ein einziges Wort verstehen konnte, entging ihr nicht, dass dort draußen ein leidenschaftlicher Streit im Gange war.
Enzo schien mit großer Eindringlichkeit irgendetwas zu fragen, während Faustina sich ausführlich in rebellischem Kopfschütteln erging und wiederholt mit dem Fuß aufstampfte. Schließlich hakte er einen gekrümmten Finger in die Goldkette, die sie um den Hals trug, betrachtete sie eingehend und bedachte Imogens Freundin dann mit einem triumphierenden Lächeln, ehe er die Schiebetür öffnete und den Salon verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Kurz darauf kam Faustina wieder herein.
»Alles okay?«, erkundigte sich Imogen.
»Ja, natürlich. Männer sind einfach unmöglich.«
»Mmm. Ja, das stimmt wohl.« Imogen stockte, dann fragte sie, unfähig, ihre Neugier zu zügeln: »War das dein Freund?«
»Nein. Na ja, irgendwie doch. Enzo und ich sind – waren – ein Kinderpärchen. Weißt du, wir sind im selben Dorf aufgewachsen, und er hat mich schon immer sehr gern gemocht, und er –«
»Sieht wahnsinnig gut aus!«, platzte Imogen heraus.
»Ja, sicher«, erwiderte Faustina ungeduldig. »Ich bin so an ihn gewöhnt, dass mir das gar nicht mehr auffällt. Nein, das Problem ist, er will heiraten und ich nicht.«
»Oh.« Imogen ließ das erst einmal sacken. »Wieso denn nicht? Ich meine, er ist doch so was von …«
»Attraktiv, ich weiß.« Faustina überlegte. »Er war schon immer ein richtiger Macho, sehr dominant … du weißt schon, im Bett«, erklärte sie mit einem flüchtigen Lächeln des Erinnerns.
Imogen nickte; ihr fiel beim besten Willen keine hinlänglich anspruchsvolle Erwiderung ein. Faustina war vielleicht nur ein paar Jahre älter als sie, in Sachen sexueller Erfahrung jedoch
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