Prinz für die Köchin
musste ihre Körpersprache richtig interpretiert haben, denn er verlor keine Zeit, sich mit ihr zu verabreden – sehr zu Hildegards verdatterter Belustigung. Fünf fast identische Dates: ein Abendessen, bei dem Adrian sich ausführlich über seine Karriere ausließ, während Imogen ihm fasziniert lauschte, gefolgt von befremdlich experimentellen Theaterstücken, in denen Freunde von ihm auftraten. Jedes Mal brachte er sie danach nach Hause und gab ihr einen heftigen Bühnenkuss, wobei er sie fast in seinen Armen zerquetschte. Verblüfft, dass sie nicht so dahinschmolz, wie sie es erwartet hatte, tröstete sich Imogen damit, dass Adrian trotzdem unleugbar ein ganz anderes Kaliber war als ihre bisherigen Liebhaber. Benji war ein unverbesserlicher Grabscher gewesen, und Phil ein anstrengender Dauerknutscher.
Am Ende ihres fünften Dates fragte er sie schließlich, ob sie mit zu ihm kommen wolle – die einzige Möglichkeit, da Imogen ihn ja schlecht nach Hause in den »Schlafsaal« mitnehmen konnte.
Endlich, dachte sie entzückt, endlich würden sie wirklich zusammen sein.
Die Nacht der Leidenschaft, von der sie geträumt hatte, lief folgendermaßen ab: In seinem Schlafzimmer angekommen zog Adrian erst sie und dann sich selbst aus und deponierte die Kleidungsstücke sorgfältig gefaltet auf einer Stuhllehne. Dann legte er sich zu ihr ins Bett und vollzog einen Geschlechtsakt von ungefähr drei Minuten Dauer – obwohl vier der Wahrheit vielleicht näher kamen. Hinterher duschte er und regte an, dass sie dasselbe tun solle. Als die sehr kleinlaute Imogen ins Schlafzimmer zurückkam, fand sie ihren Prinzen im Bett sitzend vor, nunmehr in einen Flanellpyjama gekleidet und mit einer Schlafbrille auf der Stirn. Auf seinem Schoß lag ein schmales rotes Samtkissen. Imogen stieg ins Bett und beäugte das Kissen dabei argwöhnisch. Wofür war das denn?
»Alles klar?«, erkundigte sich Adrian und bedachte sie mit einem geistesabwesenden, schläfrigen Lächeln.
»Äh, ja.«
Ihr schneidiger Lover legte sich hin, rollte sich auf die Seite, zog die Schlafbrille herunter und schob sich das Kissen zwischen die Knie.
»Anders kann ich nicht schlafen«, erklärte er und deckte sie beide mit der Daunendecke zu. »Gute Nacht.«
Das Licht ging aus. Imogen blieben vor blankem Erstaunen Mund und Augen weit offen stehen. Dann spürte sie, wie er sich neben ihr regte. Ihr Herz machte einen Satz. Jetzt würde er sie in die Arme nehmen, sie an sich drücken, jeden Teil ihres Körpers verschlingen!
»Imogen?«
»Ja!«
»Du atmest wirklich unheimlich laut. Könntest du versuchen, ein bisschen leiser zu sein?«
So hatte Imogens letzte sexuelle Begegnung geendet.
16
Eines Tages, als sie ihre Hunde auf der Promenade spazieren führten, wandte Faustina sich an Imogen und sagte ernst: »Du solltest mal mit mir shoppen kommen, nur ganz kurz. Du arbeitest viel – du hast eine kleine Abwechslung verdient.«
Unentschlossen furchte Imogen die Stirn. Shoppen gehörte zu Faustinas Lieblingsbeschäftigungen, sie selbst hingegen hatte nie Spaß daran. Aber sie hat recht, dachte Imogen, ich könnte wirklich eine kleine Abwechslung gebrauchen. Sie war völlig auf ihre Arbeit fixiert gewesen, hatte selbst den freien Mittwoch dazu genutzt, zu Hause zu lernen, wie man ein paar der Boustifaille-Gerichte kochte. Jetzt war sie so weit, dass sie sie von Anfang bis Ende ohne Hilfe zubereiten konnte.
Allerdings war sie mit ihren Versuchen, Monsieur Boudin dazu zu bewegen, sie ihre neu erworbenen Kenntnisse vorführen zu lassen, auf taube Ohren gestoßen. Während Bastien mit aufmunternder Miene zusah – was unter den gegebenen Umständen sehr lieb von ihm war –, hatte sie wieder und wieder zu ihrer mühsam einstudierten kleinen Selbstvermarktungsrede angesetzt. Dabei war ihr jedes Mal klar geworden, dass ihr Boss ganz andere Dinge im Kopf hatte. Der stand nur mit verschränkten Armen da und schnaubte von Zeit zu Zeit, den Blick starr auf einen Punkt über ihrer linken Schulter gerichtet. Gestern war es wieder so gewesen, und Imogen, inzwischen ziemlich verärgert, war ein bisschen laut geworden, um sich bemerkbar zu machen – etwas, was sie normalerweise nicht tat.
»Bitte, Chef!«, hatte sie gerufen, »Daphne Blanding findet, dass Sie eine Frau in Ihrer Küche brauchen. Glauben Sie nicht, dass sie recht hat?«
Verblüfft über ihre eigene Verwegenheit war sie daraufhin instinktiv einen Schritt zurückgewichen, falls der erzürnte Boudin
Weitere Kostenlose Bücher