Prinz für die Köchin
beschließen sollte, wie eine Rakete auf sie loszufahren.
»Daphne«, wiederholte Monsieur Boudin, und sein Blick schien Imogen zum ersten Mal wirklich zu erfassen. Er lächelte sie an. Eigentlich sah er ziemlich gut aus, wenn sein Gesicht sich entspannte. Doch danach setzte er wieder seine teilnahmslose, ausgelaugte Miene auf und schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht, petite. Jetzt passt es nicht.«
Während sie ihre Freundin durch die Gläser einer gigantischen herzförmigen Sonnenbrille unverwandt musterte, fuhr Faustina ernst fort: »Oder wir setzen uns einfach eine Weile an den Strand. Weißt du, wenn du dich nicht bald mal in die Sonne legst, hast du am Ende noch ein braunes Gesicht und einen weißen Körper.«
Imogen zuckte die Achseln, obwohl sie in Wirklichkeit bereits die ersten Anzeichen dieses Phänomens bemerkt hatte. »Ach, das stört mich nicht. Und überhaupt, ich schwimme viel lieber, als mich in die Sonne zu legen.«
Faustina zog die kleine Nase kraus. »Mir ist das Wasser noch ein bisschen zu kalt, aber du kannst ja reingehen, wenn du meinst, dass dir das Spaß macht.«
»Das Problem ist nur, ich habe keinen Badeanzug eingepackt, als ich losgefahren bin.«
Faustina lachte ungläubig auf und deutete auf das glitzernde Meer. »Du fährst ohne Badeanzug an einen Ort wie diesen? Dann sollten wir einen kaufen gehen.«
Imogen überlegte einen Augenblick, dann nickte sie. Das wäre zweckdienliches Shoppen. Sie würde sich einen dunklen schlichten Einteiler zulegen. Und vielleicht eine Badekappe. Eine gute, stabile Schwimmbrille. Ja, das ginge durchaus.
Faustina machte auf dem Absatz kehrt und marschierte mit ihr auf eine Boutique an der Promenade zu. Imogen schaute zum Namen des Geschäfts hinauf – Ultradonna. Ultra-Weib? Oh, Hilfe. Das hörte sich nicht so an, als wäre es das Richtige für sie. Beklommen warf sie einen raschen Blick auf die Schaufensterpuppen, an denen kaum vorhandene Kleidungsstücke drapiert waren. Auf der Schwelle scheute sie wie ein Pferd.
»Hör mal«, sagte sie, »ich will da wirklich nicht rein! Das ist …« Was? Was war mit der Boutique? Zu französisch? Ja, das war es. Sie war viel zu französisch. »Gibt’s hier denn kein ganz normales Sportgeschäft?«
»Ein Sportgeschäft?«, fragte die verdutzte Faustina. »Wozu denn? Ich dachte, du brauchst einen Badeanzug.«
»Ja, aber –«
»Ich möchte doch nur, dass du dich mal umschaust. Das hier ist das schönste Geschäft in ganz Saint-Jean, verlass dich drauf.«
Mich auf dich verlassen?, dachte Imogen. Ganz bestimmt nicht, du hast einen grauenvollen Geschmack! Laut sagte sie: »Vielleicht sollte ich irgendwann mal nach Nizza fahren – da gibt es doch bestimmt ein großes Einkaufszentrum mit einem Laden für Sportsachen? Der Laden hier ist winzig, und einen Badeanzug kaufen, das ist etwas … Privates.«
Faustina seufzte, dann meinte sie mit einem Hauch von Schärfe: »Okay, aber wenn du siehst, wenn jemand im Meer ertrinkt, dann gehst du doch auch nicht einfach weg und denkst: ›Ah ja, das ist was Privates, ich lasse die Frau da lieber in Ruhe.‹ Du springst rein und ziehst sie raus.«
Imogen brauchte einen Moment, um diesen wenig schmeichelhaften Vergleich zu entschlüsseln – offensichtlich hielt Faustina nicht viel davon, wie sie sich anzog. Das Ganze war ein Albtraum, doch sie brauchte nur den Kopf einzuziehen und keinerlei Interesse zu zeigen, dann würde ihre Freundin bald aufgeben. Die Besitzerin der Boutique kam heraus, um sie zu begrüßen.
»Salut, ma belle!«, sagte sie und küsste Faustina auf beide Wangen.
»Salut, Mylène!«
Mylène, sehr gebräunt, mit langem, leuchtend pinkrosa gefärbtem Haar und einem Fuchsgesicht, trug einen hautengen Jogginganzug aus Nickistoff, ebenfalls in Knallpink. Sie lächelte Imogen an, winkte sie herein und verschwendete keine Zeit. »Du hast 90C, nicht?«
»Ich weiß nicht, welche französische Größe ich habe. Normalerweise nehme ich Medium. Haben Sie vielleicht so etwas wie einen Einteiler, ganz schlicht? In Schwarz, einen, der …« sie legte die Hände an die Halsbasis »… ordentlich hoch geschnitten ist?«
Mylène blieb wie angewurzelt stehen, einen knappen Dreiecksbikini aus Goldlamé in den Händen. Sie und Faustina wechselten Blicke.
»Ich hab’s doch gewusst – du willst einfach nicht verstehen!«, schimpfte Faustina und stampfte mit einem winzigen Fuß auf.
»Tue ich wohl!«
»Dann probier den da an. Der ist so hübsch, das sieht so toll
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