Prinz für die Köchin
aus, wenn man braun ist.«
»Mir sind praktische Sachen zufällig lieber«, entgegnete Imogen vorsichtig und sah niemandem in die Augen. »Wegen meiner Figur.«
Sowohl Mylène als auch Faustina zogen fragend die Augenbrauen hoch.
»Na, so toll ist die schließlich nicht«, schloss Imogen halblaut.
»Und wer hat dir das erzählt?«, verlangte Mylène zu wissen.
»Meine Mutter. Sie hat immer gesagt, ich soll mich unauffällig anziehen, ich soll nicht vulgär aussehen.«
Faustina brach in schallendes Gelächter aus. »Du meinst, weil sie deine Figur vulgär findet?«
»Ja«, antwortete Imogen betrübt. Die genauen Worte ihrer Mutter, kühl und mehr als einmal vorgebracht, hatten gelautet: »Bitte, Liebling, bloß nichts Ausgeschnittenes – das ist so schrecklich gewöhnlich« und »Es ist ja so ein Jammer, dass dein Hinterteil so vorsteht, Schatz.«
Mylène schwieg, und Faustina hörte auf zu lachen. »Imogen, das ist ja furchtbar«, stieß sie hervor.
»Das ist überhaupt nicht furchtbar!«, fuhr Imogen sie an. Unerklärlicherweise war ihr, als wäre sie völlig aus dem Gleichgewicht.
Faustina zog einen Flunsch und kniff die Augen zusammen. Sie schwieg, bis Imogen sich wieder gefangen hatte. »Okay, aber gefällt es dir denn, wie du dich anziehst?«
»Ja«, antwortete Imogen entschieden. »Ich fühle mich gern wohl in meinen Sachen.«
Faustina lächelte. »Das ist echt komisch.«
»Wieso?«
»Weil du eigentlich nie so aussiehst, als würdest du dich besonders wohlfühlen.«
Ehe Imogen Zeit hatte, das abzustreiten, meinte Mylène nachdenklich: »Ich frage mich, ob das vielleicht an der Unterwäsche liegt. Trägst du auch den richtigen BH ?« Sie streckte die Hand aus und zog an Imogens T-Shirt, um einen eingehenden Blick auf ihren BH -Träger zu werfen.
»Was machen Sie denn da?«, empörte sich Imogen, just als Faustina aufkreischte: »Oh mein Gott! Was ist das denn?«
»Das geht dich überhaupt nichts an«, blaffte Imogen verdrossen. »Aber wenn du’s denn unbedingt wissen musst, das ist ein Sport- BH .«
»Ein Sport-was? Warst du heute Morgen joggen? Oder bist du in den Fitnessclub eingetreten?«
»Nein – ich trage immer Sport- BH s! Die sind viel praktischer.«
Faustina barg das Gesicht in den Händen, während Mylènes Züge allmählich zu einer Maske ungläubigen Grauens erstarrten.
Imogens Stimme wurde höher. »Ich habe nie etwas anderes getragen. Die sind preiswert, und ich kaufe sie immer im Doppelpack, und –«
»Aufhören! Hör auf!«, rief Faustina. »Mehr ertrage ich nicht!«
Beschämt verstummte Imogen.
»Bon, alors«, sagte Mylène sanft, nachdem sie die winzigen Goldlamédreiecke wieder an ihren Platz auf dem Kleiderständer gehängt hatte. »Vielleicht versuchen wir es mal mit einem Kompromiss. Was ist denn mit dem hier?«
Sie hielt einen grün-weißen Baumwollbikini hoch. Eigentlich war er gar nicht so übel, musste Imogen sich eingestehen. Er sah sogar aus, als könnte er ihre Anatomie tatsächlich fassen.
»Ja – der ist total süß!«, beschied Faustina. »Total Bardot.«
»Okay, ich probiere ihn an«, sagte Imogen müde. Was immer nötig war, damit Faustina Ruhe gab.
In der Umkleidekabine zog sie sich rasch aus und schlüpfte in den ersten Bikini ihres Lebens. Und dann, erst dann, betrachtete sie sich in dem großen Spiegel – etwas, das sie niemals tat, wenn es sich vermeiden ließ. Ihr Busen sah nicht so unproportioniert groß aus wie sonst. Das war gut. Es war ein bisschen komisch, ihre Schenkel entblößt zu sehen, aber nicht so traumatisch, wie sie gefürchtet hatte. Sie drehte sich seitwärts: Ihr Bauch war flach, und ihre Taille sah ziemlich schmal aus. Wie ungeheuer merkwürdig.
»Alors?«
Mylène und Faustina streckten die Köpfe durch den Vorhang. Beide lächelten.
»Der ist super – voll balnéaire.« Mylène nickte beifällig.
»Was heißt das?«, fragte Imogen beunruhigt.
»Das heißt, es ist ein toller Look für die Promenade«, übersetzte Faustina. »Nur …« Sie zögerte und runzelte die Stirn.
»Unbedingt«, sagte Mylène. »Sie muss auf die Sonnenbank.«
»Ich sehe mal, ob ich heute noch was für sie kriege«, meinte Faustina und griff nach ihrem Handy.
»Halt!«, sagte Imogen. »Keine Sonnenbank.«
»Aber –«, wandte Faustina ein.
»Nein, ich mein’s ernst«, verkündete Imogen durch zusammengebissene Zähne. Dann betrachtete sie sich abermals, und ihre Züge entspannten sich. »Aber den Bikini nehme ich.«
17
»Sehen
Weitere Kostenlose Bücher