Prinz für die Köchin
sich los und versuchte vergeblich, ihm auszuweichen.
»Verlass dich drauf – es wird dir gefallen«, sagte er und zog sie in seine Arme.
Imogen hatte versucht, keine Miene zu verziehen. »Okay, und wo ist es? Das, was so interessant ist?«
Dimitri lachte los. »Gar nicht weit von da, wo du jetzt stehst. Wahrscheinlich könntest du glatt die Hand ausstrecken und es berühren.«
Als sie zu ihm aufblickte, hätte sie beinahe das große Kichern gekriegt. Sofort ärgerte sie sich über sich selbst. Das war doch nun wirklich kein Benehmen. Die Wahrheit war, dachte sie und riss sich sofort wieder zusammen, dass sie nach der Zubereitung des Buffets ziemlich erledigt war und sich deswegen wohl ein wenig hysterisch aufführte.
Dimitri legte einen Finger auf das Schönheitspflästerchen. »Niedlich«, sagte er lächelnd. »Ich dachte, wir könnten uns vielleicht hinter die Büsche da verdrücken. Komm schon, du weißt doch, dass du es willst.«
»Bilde dir bloß nichts ein«, hatte sie zurückgegeben und war davongeschritten.
Inzwischen war dies Bunnys ganz großer Abend; sie war mit Sicherheit die Schönste auf dem Ball. Vorhin war sie auf einen Stuhl gestiegen und hatte eine reizende kleine Rede gehalten. Sie hatte allen dafür gedankt, dass sie gekommen waren, und gerade begeistert vom Leben in Saint-Jean-les-Cassis geschwärmt, als der Ehrengast seinen absolut perfekten Auftritt hinlegte – in weinroten Kniebundhosen, rosarotem Gehrock, mit Blumen bestickter weißer Satinweste und Spitzenhemd. Ein platter Reifen bei seinem Moped hatte ihn ein wenig aufgehalten.
»Du weißt doch, dass ich im Internet über die Geschichte meiner Familie recherchiert habe«, hatte Bunny Imogen ein paar Tage vor der Party atemlos erzählt. »Also, heute Morgen habe ich eine E-Mail von einem französischen Verwandten bekommen – einem Cousin, der genauso alt ist wie ich! Er klingt ja so höflich – wie ein richtiger Gentleman, und er heißt …« Sie hielt die Luft an, ehe sie hingebungsvoll verkündete: »Amaury d’Oussey. Ist das nicht wunderschön? Er ist so eine Art Historiker hier aus der Gegend, glaube ich, und er wohnt gar nicht weit weg von hier … du weißt schon – Montpellier? Also habe ich ihn eingeladen. Und er hat gesagt, er würde sehr gern kommen!« Bunny strahlte, ihre Augen leuchteten. »Wenn ich ihn zum ersten Mal sehe, wird er verkleidet sein. Das wird so sein, als ob man sich ein Ahnenporträt anschaut.«
»Ist er ein entfernter Cousin?«
»Oh, ja, sehr entfernt«, antwortete Bunny mit funkelnden Augen. »Also hoffen wir mal, dass er richtig was hermacht.«
»Richtig was hermachen« war nicht das Erste, was einem einfiel, wenn man Amaury d’Oussey zu Gesicht bekam. Akkuratere Beschreibungen hätten vielleicht – in keiner festen Reihenfolge – Formulierungen wie »blutleer« enthalten, oder »bleich«, »deutlich mehr Stirn als Kinn« und (Letzteres von Mitch und um einiges zu vernehmlich) »Oh Mann – ist das ein Mann? Eine Frau? Eine Giraffe?«.
Doch nichts von alledem machte Bunny auch nur das Geringste aus. Sie sah aus, als würde sie wirklich und wahrhaftig vor Entzücken in Ohnmacht sinken, als Amaury sich vorstellte und ihr mit der steifen Förmlichkeit eines Höflings aus dem 18. Jahrhundert die Hand küsste. »Enchanté, chère cousine«, verkündete er und bleckte liebenswürdig leicht pferdeähnliche Zähne.
»Ach, wie reizend«, stieß Bunnys Schwester Grace halblaut hervor, ehe sie eifrig ihrerseits die Hand vorstreckte.
Bunny war wahrhaftig im Glück, als sie kurze Zeit später einigermaßen beherrscht (um ihre Frisur nicht zum Kentern zu bringen) zu einem von Cheyennes wummernden Techno-Stücken umherhopste und dabei ihren französischen Verwandten festhielt.
»Hi.« Imogen hatte Faustina entdeckt und tippte ihr auf die Schulter.
Faustina fuhr zusammen und seufzte dann erleichtert. »Ach, du bist’s. Ich dachte schon, es wäre Enzo. Ständig steht er neben mir – das geht mir echt auf die Nerven. Ich wusste es doch, ich hätte eine Maske aufsetzen sollen. Na ja, ich muss in Bewegung bleiben. Wir sehen uns später.«
Sie huschte davon und sah ziemlich gestresst aus, und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis Enzo in einem granatroten Reitrock auftauchte, als würde er von der Fährte seiner Geliebten magisch angezogen. Als er Imogen erblickte, blieb er jäh stehen. »Salut«, sagte er und verband diese Begrüßung mit einem jener umwerfend geheimnisvollen Blicke, die sie
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