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Prinz Rajin - Der Verdammte

Prinz Rajin - Der Verdammte

Titel: Prinz Rajin - Der Verdammte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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mit beiden Händen in eine Vertiefung zwischen den Drachenschuppen seines Reittiers. Er tat dies zweimal kurz hintereinander und so heftig, dass sogar etwas Blut hervortrat. Es war allerdings nicht das stumpfe Metallrohr, das zumindest die oberen Schichten der Drachenhaut durchdrang, sondern die innere Kraft, die der Weise so stark auf dieses Werkzeug fokussierte, dass es von Blitzen umflort wurde. Blitzen, die aus seiner Hand schlugen, das Metall umtanzten und dann in den Körper des Drachen fuhren. Ayyaam brüllte auf.
    Erinnerte er sich in diesem Moment seines Ahnen, der sich womöglich gerade unter den Gesteins-und Geröllmassen des mitteldrachenischen Gebirgsrückens zu räkeln begann, um ein neues Zeitalter des Chaos anbrechen zu lassen?
    Liisho schaffte es schließlich, den Widerwillen Ayyaams zu brechen. Der Weise lenkte den Drachen geradewegs auf die brodelnden, rot glühenden Fluten zu.
    Rajin folgte ihm mit Ghuurrhaan, der zwar ebenfalls scheute, aber insgesamt leichter zu beherrschen schien. Sie flogen geradewegs über den kochenden Fluss. Die Dampfschwaden waren beißend, aber dafür schienen sich die Mondwinde abzuschwächen. Mehr noch - mitten über dem Fluss wurden die beiden Drachen plötzlich von einer so heftigen Aufwärtsströmung erfasst, dass es selbst für diese gewaltigen, vor ungebärdiger Kraft nur so strotzenden Riesenkreaturen nicht möglich war, sich dagegen zu wehren.
    Der Luftstrom riss sie in eine Höhe, aus der das ganze Ausmaß der Ereignisses überschauen konnte: Das, was eben noch der Ma-Ka-Strom gewesen war, wirkte nun wie eine klaffende Wunde in der Erde, die sich von Horizont zu Horizont durch das Land zog.
    Dies musste ein Vorgeschmack auf das sein, was ihnen allen blühte, wenn die Drachen sich von der Herrschaft der Menschen befreiten, ging es Rajin durch den Kopf. Um wie vieles furchtbarer musste das Chaos gewütet haben, als die Drachen in einem Anfall von Hybris das Erdreich aufrissen und ihrer Herrschaft damit eigenhändig ein vorläufiges Ende gesetzt hatten.
     
     
    Sie flogen weiter westwärts. Liisho bestand darauf, die Drachen zu schinden, bis es nicht mehr ging, um eine möglichst weite Strecke zurückzulegen. Sie flogen hoch – so hoch, dass mancher Beobachter am Boden die beiden Drachen für hochfliegende Vögel hielt.
    Hin und wieder sahen sie auch kleine Verbände von Kriegsluftschiffen, die in entgegengesetzte Richtung flogen. Aber gleichgültig, ob sie überhaupt Notiz von Rajin und seinen Getreuen nahmen – so hoch wie Ghuurrhaan und Ayyaam vermochte keines dieser Schiffe zu fliegen.
    Der Blutmond ging auf, und die Nacht brach herein, als sie ein ausgedehntes Waldgebiet erreichten. Zunächst überflogen sie einen Teil davon, ehe sie schließlich auf einer Lichtung ihr Nachtlager aufschlugen. Da war es allerdings schon spät, und alle fünf Monde bildeten bereits eine Perlenkette am Himmel. Der Schneemond wirkte so groß, wie Rajin – so meinte er - ihn noch nie zuvor gesehen hatte. Wie ein Menetekel des kommenden Unheils, das sich im Tal des Ma-Ka-Flusses angekündigt hatte.
    Es war unwahrscheinlich, dass tajimäische Luftschiffe sie hier entdeckten, trotz der Lagerfeuer, die sie entzündet hatten.
    „Einen besseren Lagerplatz könnten wir uns gar nicht wünschen“, meinte Liisho.
    Andong und Kanrhee halfen Rajin dabei, die Wunden Ghuurrhaans zu versorgen. Liisho kümmerte sich zunächst um seinen eigenen Drachen, ehe er sich schließlich Ghuurrhaans Flügel ansah. „Die Löcher werden sich schließen“, prophezeite er. „Vielleicht sogar innerhalb einer Nacht – oder nach einer weiteren. Wenn man Drachen länger ruhen lässt, stärkt das ihre Selbstheilungskräfte.“
    „Aber wir können hier nicht mehrere Tage und Nächte verweilen“, murrte Rajin.
    „Das ist allerdings wahr. Morgen früh müssen wir weiter. Du hast ja mit eigenen Augen gesehen, wie es steht.“ Liisho schüttelte den Kopf. Tiefe Furchen hatten sich in seine Züge gegraben, die voller Sorge waren. Die Zuversicht, die den Weisen trotz aller Widrigkeiten stets ausgezeichnet hatte, schien von ihm gewichen zu sein. Rajin glaubte, deutliche Zweifel bei ihm zu erkennen. Zweifel dran, ob die Mission, der sie beide dienten, überhaupt von Erfolg gekrönt sein konnte oder ob nicht alles am Ende vergeblich war.
    Ein erwachender Urdrache und ein stürzender Mond - das waren die Mächte, die letztlich alle zunichte machen konnten, selbst wenn es gelang, die Herrschaft des Usurpators zu

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