Prinzessin auf Probe?
Oberflächlich betrachtet, waren die Frauen in vielen Dingen total gegensätzlich. Vielleicht war das der Grund, warum er sich Nancy ausgesucht hatte?
Hatte diese eine Nacht mit Lilah ihn so sehr beunruhigt, dass er vor Angst davongelaufen war? Die Möglichkeit brachte sein Weltbild derart durcheinander, dass er einige Zeit brauchen würde, um darüber nachzudenken.
Carlos trat zur Seite, damit ein Geschäftsmann an ihm vorbeigehen konnte. „Nancy, offen gesagt, möchte ich nicht, dass meine Reisepläne jedermann bekannt sind.“
„Natürlich.“ Nancy nickte. „Ich wollte auch nur schnell kurz mit dir allein sprechen. Über das, was wir diskutiert haben, bevor du das Krankenhaus gestern verlassen hast.“ Sie warf Lilah einen bedeutungsvollen Blick zu.
Lilah verstand den Wink und meinte: „Ich muss ohnehin noch ein paar Anrufe tätigen. Wenn ihr mich also entschuldigt.“
„Nein. Warte.“ Er umklammerte Lilahs Arm, ohne Nancy aus den Augen zu lassen. Wer weiß, dachte er, was sie als Nächstes macht. „Nancy, tut mir leid, aber lass es jetzt nicht noch peinlicher werden. Es gibt nichts mehr zu besprechen. Ich denke, ich habe gestern Abend alles gesagt, was zu sagen war.“
Seine Stimme war fest, auch wenn er sich bemühte, nicht allzu hart zu klingen. Aber sie musste begreifen, dass es vorbei war.
Nancys Lächeln gefror. „Du hast recht. Entschuldige, dass ich einen versöhnlichen Abschied für uns wollte.“ Sie schloss Lilah in ihr eisiges Lächeln ein, wünschte ihnen eine gute Geschäftsreise und eilte zum Parkplatz.
Wütend auf sich und auf Nancy, wartete Carlos, bis Nancy vom Parkplatz gefahren war, bevor er sich wieder an Lilah wandte.
„Müssen wir mit noch mehr Groupies rechnen, ehe wir ins Flugzeug steigen?“
Automatisch griff er nach seinem Handy. „Viel mehr Sorge bereitet mir, wie sie herausgefunden hat, dass wir hier sind. Außerdem muss ich in Erfahrung bringen, was sie noch über unsere Reisepläne weiß.“
Ein Anruf beim Sicherheitsdienst seiner Familie war dringend vonnöten. So sehr er sich auch wünschte, seinen Eroberungszug mit Lilah zu beginnen, Sicherheit stand an erster Stelle.
Während die Flugzeugmotoren gleichmäßig dröhnten, öffnete Lilah den Sicherheitsgurt, damit sie besser aus dem Fenster schauen konnte. Sie brauchte dringend eine Ablenkung, damit sie nicht ständig an das dachte, was sie wirklich anschauen wollte. Immer wieder wanderte ihr Blick zu Carlos, der neben ihr ausgestreckt in einem gemütlichen Sessel saß und schlief.
Noch ehe das Flugzeug abgehoben hatte, war er bereits am Telefonieren gewesen, um sein Sicherheitsteam – die Familie hatte anscheinend eine eigene Sicherheitsabteilung! – damit zu beauftragen, herauszufinden, wie Nancy ihre Spur bis zum Flughafen verfolgen konnte. Anschließend hatte Carlos sich ausgestreckt und war sofort eingeschlafen. Die langen Nachtschichten im Krankenhaus hatten ihn gelehrt, jede Sekunde Schlaf, die er bekommen konnte, zu nutzen.
Wie konnte es angehen, dass er so vertraut aussah, und doch hier, außerhalb des Krankenhauses, so anders wirkte? Sie war keine Millionärin, aber finanziell durchaus gut abgesichert. Außerdem war sie, aufgrund des Berufs ihres Vaters, mit der Glitzerwelt von Hollywood in Berührung gekommen. Doch auch wenn ihr die Welt der oberen Zehntausend nicht völlig fremd war, waren der Reichtum und die Macht, über die Carlos verfügte, etwas ganz anderes. So sehr sie sich körperlich zu ihm hingezogen fühlte, von seinem Vermögen, seiner Welt mit den luxuriösen Limousinen und den Privatjets wollte sie sich nicht beeinflussen lassen. Genauso wenig wie von einer sehr entschlossenen Radiologin, deren Verhalten schon fast an Stalking grenzte.
Lilah vergrub die Finger in der Armlehne. Nancy Wolcott vor dem Flughafen warten zu sehen, hatte sie einmal mehr daran erinnert, wie wenig sie wirklich über Carlos wusste. Und wie wichtig es war, ihre Schritte sorgfältig abzuwägen.
Wenn sie doch nur die Zeit zurückdrehen könnte. Vor der Spendengala war alles so einfach gewesen. Da hatte sie die Anziehungskraft zu dem attraktiven, zurückhaltenden Chirurgen, der sie bis in ihre Träume verfolgte, noch unter Kontrolle halten können.
Carlos glaubte nicht daran, dass man nur in Schwarz-Weiß träumte. Zu sehr vermischten sich bei ihm Traum und Wirklichkeit, was vielleicht daran lag, dass er nie sehr tief schlief.
Auch jetzt nahm er im Unterbewusstsein das Dröhnen der Flugzeugmotoren wahr und
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