Prinzessin auf Probe?
griff nach dem Becher mit dem Punsch. „Tut mir leid, was hast du gesagt?“
Sie blickte ihn über den Rand des Bechers an, während im Hintergrund das Feuer prasselte. Doch die Funken waren nichts im Vergleich zu denen, die Carlos in ihr entzündete.
Er stellte seinen Becher auf den Tisch. „Warum hast du nie geheiratet?“
Sein abrupter Themenwechsel brachte sie erst einmal zum Schweigen. Wie, um alles in der Welt, war die Unterhaltung auf dieses Thema gekommen, während sie ihren Tagträumen nachgehangen hatte? Nicht, dass sie vorhatte, zuzugeben, woran sie gedacht hatte.
„Und warum hast du nie geheiratet?“, konterte sie schließlich. „Du bist älter als ich.“
„Der Punkt geht an dich.“ Er salutierte spielerisch. „Sollte meine Frage sexistisch geklungen haben, entschuldige ich mich. Um meine Reue zu bekunden, antworte ich zuerst. Ich habe schon vor langer Zeit beschlossen, Junggeselle zu bleiben.“
„Und zwar, weil …?“, hakte sie neugierig nach.
„Aus typisch männlichen Gründen“, meinte er grinsend. „Ich bin ein Workaholic. Außerdem wollte ich keiner Frau zumuten, sich dem Stress auszusetzen, eine Medina zu werden.“
Der letztgenannte Grund war alles andere als typisch. „Es gibt eine ganze Reihe von Frauen, die sich dem gern aussetzen würden. Nancy, zum Beispiel, scheint ganz vorn in der Reihe zu stehen.“
Sein Lächeln schwand. „Ich habe keine von ihnen ermuntert.“
„Und trotzdem laufen sie dir nach.“ Kaum hatte sie das laut ausgesprochen, zuckte sie zusammen, weil es so nach Eifersucht klang. Aber schließlich trug sie ja auch sein Kind in sich. Alle diese Frauen würden zwangsläufig Anteil am Leben ihres Kindes nehmen.
Na, wunderbar. Jetzt war sie eifersüchtig und besorgt.
Carlos massierte geistesabwesend sein Knie. „Sie haben es auf den Titel und das Geld abgesehen. Es würde sie auch nicht stören, wenn ich ein Troll mit einem dritten Auge auf der Stirn wäre.“
Lilah lachte laut auf, bevor sie schnell die Hand auf den Mund drückte.
Er hob eine Augenbraue. „Ich meinte es durchaus ernst.“
„Ich weiß, aber trotzdem … ich stelle mir das gerade bildlich vor …“ Sie konnte gar nicht wieder aufhören zu lachen. Wobei ihr durchaus bewusst war, dass dieses Lachen ein Ventil war, um die Spannung abzubauen. Sie war aufgrund der Ereignisse der letzten beiden Tage so angespannt, dass die Gefühle in ihr geradezu zu wachsen schienen und herausmussten.
Und ihre Gefühle waren ja nicht das Einzige, was in ihr wuchs. Instinktiv legte sie eine Hand auf ihren Bauch und musste wieder lachen.
Carlos starrte sie an, als wäre sie verrückt geworden. Wer weiß, dachte Lilah, vielleicht hat er ja recht. Sie schluckte, und merkte, dass ihr eine Träne über die Wange lief. Dann noch eine und noch eine. Bis sie die Flut nicht mehr aufhalten konnte und zu schluchzen begann.
7. KAPITEL
Carlos hatte Patienten schon häufiger weinen sehen, als er zählen konnte. Obwohl er hoffte, dem Leiden anderer gegenüber noch nicht völlig abgestumpft zu sein, konnte er es sich nicht leisten, sich von Tränen beeinflussen zu lassen. Anderenfalls wäre er nicht mehr in der Lage, seine Patienten vernünftig zu behandeln.
Lilah so aufgelöst zu erleben, brachte aber auch ihn aus dem Gleichgewicht.
Da konnte er keine Distanz mehr wahren, also schwang er die Beine vom Sofa und kniete sich vor sie, während sie versuchte, sich die Tränen abzuwischen. Nur ein einziges Mal hatte er bisher erlebt, dass Lilah die Fassung verlor. Sie hatte sich mit der Versicherungsgesellschaft angelegt, um einem seiner Patienten zu seinem Recht zu verhelfen. Der Junge hatte sich bei einer Fahrt in einem Vergnügungspark die Wirbelsäule verletzt. Die Betreiber hatten den Eltern erklärt, sie sollten froh sein, dass das Kind den Daumen bewegen konnte, um den elektrischen Rollstuhl zu bedienen.
Daraufhin hatte Lilah alles in ihrer Macht Stehende getan, um sicherzustellen, dass der Junge bekam, was er brauchte.
Spät am Abend, nachdem der Junge operiert worden war, hatte Carlos noch einmal seine Runde gemacht und Lilah am Bett des Kindes sitzen sehen. Mit einem tränennassen Taschentuch in der Hand hatte sie still dagesessen, während eine einzelne Träne noch an ihren Wimpern gehangen hatte, so als wäre dieser Tropfen genauso stur wie die Frau, die sich weigerte, aufzugeben. Er hatte nicht herausgefunden, warum dieser Fall sie härter getroffen hatte als all die anderen, oder ob er es nur nie
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