Prinzessin auf Probe?
die Narkosemittel waren noch nicht völlig aus seinem Körper geschwemmt.
Zum Teufel, dachte er, ich weiß sowieso nicht, was ich Lilah sagen soll.
Er ließ sich wieder auf den Stuhl fallen. „Lilah glaubt, ich hätte sie nur geheiratet, damit Vater in die Transplantation einwilligt.“
„Und? Hast du?“, fragte Antonio. „Ich will das nicht bewerten. Ich bin nur neugierig.“
„Zum Teil. Aber nicht nur.“ Carlos schaute auf seine verschränkten Hände. „Sie ist schwanger. Offenbar kann ich doch ins Schwarze treffen.“
„Herzlichen Glückwunsch, Brüderchen.“ Er hob eine Faust, wenn auch ein wenig benommen, und stieß sie gegen Carlos’ Faust. „Also nehme ich mal an, hast du vergessen, ihr zu sagen, dass du sie liebst. Es mag nicht für jeden ersichtlich sein, aber für deine Familie ist es eindeutig, dass es dich ziemlich heftig erwischt hat.“
Natürlich. Carlos schloss die Augen. Es war schon lange um ihn geschehen. Doch an dem Morgen nach der Spendengala war er in Panik geraten, weil Lilah all seine Schutzwälle einriss. Weil sie ihn dazu brachte, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und stattdessen in die Zukunft zu sehen. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, wo er sich entscheiden musste – entweder ließ er sich auf das Wagnis Liebe ein, oder er verlor Lilah für immer.
Denn er liebte sie, liebte sie von ganzem Herzen.
„Du hast recht, es hat mich schwer erwischt, aber wie kommst du darauf, dass ich den Antrag vermasselt habe?“
„Du magst ein brillanter Chirurg und ein begnadeter Musiker sein, aber wenn es darum geht, etwas in Worte zu fassen …?“ Antonio schüttelte den Kopf. „Die Jahre, die du im Krankenhaus verbracht hast, haben dich deine Kommunikationsfähigkeit gekostet.“
Carlos widerstand dem Verlangen, eine sarkastische Antwort zu geben. Er hatte heute schon genügend einstecken müssen. Abrupt stand er auf und flüchtete sich wieder in seine Rolle als Arzt. „Du solltest jetzt schlafen.“
„Und du solltest auf mich hören.“ Trotz seiner schwachen Stimme klang Antonio bestimmt. „Frauen wollen die Worte hören. Es sei denn, du hast Angst, sie auszusprechen.“
Carlos hob eine Augenbraue. „Versuch nicht, mich damit zu ärgern, dass du mich als Angsthasen bezeichnest. Wir sind keine Kinder mehr.“
„Richtig …“ Antonio musste erneut husten. „Aber ich habe nicht vergessen, wie mich das motiviert hat.“
„Wie bitte?“
Antonio legte das Kissen zur Seite. „Am Tag, als wir San Rinaldo verlassen mussten.“
„Ich weiß noch immer nicht, was du meinst.“ Seine Erinnerungen an den Tag waren voller Blut und Schmerz. „Ich weiß nur noch … Mutter.“
Sein Bruder nickte kurz und mit schmerzverzerrtem Gesicht, das in diesem Fall nichts mit der Operation zu tun hatte. „Aber nachdem sie gestorben war, hast du uns dort rausgeholt. Du hast uns immer weitergetrieben und mir sogar gesagt, ich solle gefälligst nicht solch ein Angsthase sein. Duarte und ich wären an jenem Tag ohne dich gestorben.“ Nur das stete Piepen der Geräte durchbrach die Stille. Nach einem Moment fuhr Antonio fort: „Ich kann ja verstehen, dass es dich wurmt, dass du nicht derjenige warst, der die Leber spenden konnte, um unseren Dad zu retten. Aber, verdammt, Carlos, du kannst doch nicht immer den Helden spielen. Es tut nicht weh, ab und zu auch mal ein ganz normaler Sterblicher zu sein.“
So hatte Carlos das noch nie gesehen, aber die Worte seines Bruders ließen ihn innehalten. Seit ihrer Flucht fühlte er sich gefangen in der Vergangenheit. Er hatte immer versucht, andere zu retten, um vergessen zu können, dass es ihm nicht gelungen war, seiner Mutter zu helfen. Dadurch hatte er eine Mauer zwischen sich und einem normalen Leben errichtet.
Und genau diese Mauer hatte ihn daran gehindert, zu sehen, was sich direkt vor seiner Nase befand – eine erstaunliche Frau, die er liebte. Er liebte Lilah Anderson Medina, und es war an der Zeit, dass er es ihr nicht nur zeigte, sondern endlich auch sagte.
Und er würde nicht eher aufgeben, bis sie ihm glaubte.
Lilah war sich sicher, dass sie träumte. Wie konnte es sonst angehen, dass sie in das Gesicht eines Mannes schaute, der sie voller Liebe ansah?
Aber die harte Kirchenbank, die sich so unangenehm in ihre Hüfte drückte, war real genug. Lilah blinzelte, um richtig wach zu werden, doch noch immer saß Carlos neben ihr, die Arme verschränkt, als hätte er darauf gewartet, dass sie aufwachte.
Langsam setzte sie sich auf
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