Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)
und über beige Geißelhütchen, die zum Teil wie die reinsten Ritterhelme, zum Teil sogar wie Fliegende Untertassen aussahen. „Geißelhütchen werden auch Dinoflagellaten genannt. Als Dinoflagellaten fasst man Angehörige der Klassen Desmophyceae und Dinophyceae zusammen, letztere mit der fossil bedeutsamen Ordnung Peridiniales.“
„Es tut mir Leid, aber ich kenne die Klassen Desmopfdingsda und Dinodingsda nicht“, meinte Skaia und hoffte, dass sich Klüglichs Gesicht erneut verfärben würde. Sie wurde nicht enttäuscht. Nur, dass es diesmal nicht rot anlief, sondern total erbleichte. So ein weißes Gesicht hatte Skaia noch nie gesehen. Aber auch dieser Effekt verschwand mit der ― diesmal gestotterten ― Erklärung Klüglichs zu den unklaren Klassen bald wieder. Skaia war zufrieden. Auch dieser Kreaturenkundler fügte sich ein in die Reihe seltsamer Geschöpfe, die Skaia in diesem Fach kennen gelernt hatte. Wer konnte schon so rasch seine Hautfarbe wechseln wie ein Chamäleon? Diese Stunden konnten spannend werden. Vielleicht brachte sie mit ihren Fragen auch ein Grün bei Klüglich zustande. Oder ein Violett?
Skaia hatte inzwischen ziemlich großen Hunger und freute sich auf das Menü von Missjö Sufflee. Die eine Stunde Sonnen- und Heimatkunde, würde sie auch noch hinter sich bringen. Und da die bisherigen Erzieher alle angenehmer waren als Klirr, war sie guter Dinge. Bis die Tür aufging.
„Du hättest mich da unten vermodern lassen in der Zelle, nicht wahr?“ Die Doppelkinnwülste wabbelten, als Klirr auf sie zukam.
Der Mann war wie ein Bumerang. Man wurde ihn einfach nicht los. Skaia war so verblüfft, dass ihr nicht einmal einfiel, ihm zu widersprechen.
„Aber die Welt dreht sich nicht so, wie du es willst! Du hast keine Ahnung, wie sie sich dreht. Und du würdest auch ahnungslos bleiben, hättest du nicht jemanden, der dir alles erklärt. Was wärst du denn ohne deinen guten, alten Klirr?“ Er ließ seine fleischige Hand auf Skaias Kopf fallen und tätschelte sie.
Angewidert wand sich Skaia weg.
„Und keine Angst. Natürlich werde ich mich weiter um dich kümmern.“ Klirrs Hand packte ihr Kinn und hielt es fest. Er stierte sie an. „Dir beibringen, wie vernünftige Menschen miteinander umgehen.“ Ein bedrohliches Schnaufen folgte seinen Worten. Dann ließ er Skaia los und rief nach der Hausaufgabe, die er zuletzt gestellt hatte. Dass Skaia nicht einmal eine Seite über das Buch „Die Geschichte der Zeit“ präsentieren konnte, nahm er zum Anlass für viel Geschrei. „Und das nach mehreren Tagen!“ Er ließ keine Ausrede gelten. Erst recht nicht Skaias Hinweis auf ihre „durchgedrehte Stundenkugel“. Den Rest der Stunde zählte er allerlei Daten aus der Zeit-Geschichte auf und fragte sie im Fünf-Minuten-Abstand gleich wieder ab. Stockte Skaia mit ihren Antworten, ergoss sich sofort ein Schwall von Vorwürfen über die „immer noch und immer wieder schwache Schülerin“. Zäh floss die Stunde dahin.
„Noch Fragen?“, beendete Klirr wie immer seinen Unterricht. In der Klasse gab es nie jemanden, der sich daraufhin gemeldet hatte. Die Gefahr war einfach zu groß, Klirr noch einen Grund zu liefern, über „diese unglaubliche Fülle des Unwissens“ zu lamentieren und ― noch schlimmer ― die Stunde durch weitere Erklärungen zu verlängern. Im Einzelunterricht hatte Skaia aber bereits so viel Unerträgliches über sich ergehen lassen, dass sie auch noch die Fragen wagen konnte, auf die sie immer noch keine Antwort bekommen hatte.
„Was ist eigentlich der Totgesagte Park? Und warum ist es verboten, ihn zu betreten?“
„Das hat mit unserem Thema nichts zu tun!“ Kopfschüttelnd hob Klirr zu einer längeren Klage an, aber Skaia kam ihm zuvor: „Wissen Sie es nicht?“
Dem Erzieher blieben die Worte im Hals stecken.
„Sie können ja in der Burgbibliothek nachschlagen“, nutzte Skaia die Sprechpause. „Oder haben Sie keinen Ausweis?“
Irritiert klapperte Klirr mit den Augenlidern, bevor er seine Sprache wiederfand: „Das ist doch unglaublich. Natürlich habe ich den. Und jetzt ist Schluss.“ Er machte auf dem Absatz kehrt und verschwand aus Skaias Zimmer. Die Tür ließ er offen. Skaia konnte sehen, wie er schnaufend den Weg zum Bibliothekstrakt einschlug. Und sie freute sich, dass er vor lauter Zorn ganz vergessen hatte, ihr etwas aufzugeben. Na, offenbar lohnte es sich doch, am Ende der Stunde Fragen zu stellen!
Freilich rettete das Skaia nicht vor den
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