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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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darauf. Und der Name von Klirr.
    Da drang von draußen ein Aufschrei herein, gefolgt von heftigem Geplätscher. War Lallah mit ihrem Verehrer gekentert? Wahrscheinlich brannten ihr gerade alle Sicherungen durch. Ein schweres Los für Lallah. Und für Skaia eine Katastrophe. Denn Klirr fuhr, aus dem Schlaf gerissen, unter seiner Decke hoch.
    Skaia war schon am Boden. Blitzschnell robbte sie unter das breite Bett. Er durfte sie nicht sehen. Die Bettfedern wölbten sich nach unten und drohten Skaia zu erdrücken, als sich Klirr keuchend erhob. Warum blieb er nicht einfach liegen und schlief wieder ein? Seine Füße patschten vor Skaias Nase auf den Boden. Dann schlurften sie zur Gartentür, die sogleich mit einem Scheppern zuflog.
    „Drecksgesindel“, krächzte Klirr. „Jetzt kann ich wieder von vorne anfangen.“ Er klappte ein Schranktürchen auf und holte zu Skaias Entsetzen einen menschlichen Kopf heraus. Missmutig knallte er ihn auf den Schreibtisch. Ein metallisches Klong ertönte, und ein weiteres Buch plumpste zu Boden. Klirr starrte auf den Kopf, der bei genauerem Hinsehen reichlich künstlich wirkte. „Also los, du Kasper!“, sagte Klirr und versetzte dem Kopf einen Schlag. Wie auf Kommando begann der sich zu regen. Er gähnte! Zog seinen Mund schief und jaulte müde. Klirr schaute zu. Der Kopf gähnte. Und gähnte und gähnte. Immer wieder anders und trotzdem monoton. Bis auch Klirr ins Gähnen kam. Skaia schaute weg und hielt sich die Ohren zu. Presste die Lippen aufeinander. Schluckte dem Gähnen, das auch in ihr aufsteigen wollte, entschlossen entgegen. Sie dachte an ihren Sonnenmast, an die Zauberinstrumente, die so schön geklungen hatten, an den überdrehten Kapellmeister, an alles, für das es sich wach zu bleiben lohnte.
    Als Klirr wieder ins Bett plumpste, wusste sie, dass das Schlimmste vorbei war. Klirr hatte sich müde gegähnt. Bald stellte sich das Nasenpfeifen wieder ein. Skaia wartete nur kurz. Dann kroch sie unter dem Bett hervor und verdrückte sich.
    Während sie durch die leeren Gänge lief, versuchte sie sich zu erinnern: Hatte Fräulein Martha nicht behauptet, mit Ausweis käme man zu jeder Zeit in die Bibliothek? Skaia drehte Klirrs Kärtchen in ihren Händen hin und her. Sie würde es versuchen. Wenn es nicht klappte, konnte sie den Ausweis immer noch klein schneiden und im Klo versenken. Das wäre auch nicht schlecht. Skaia stellte sich die Szene köstlich vor: Klirr und Fräulein Martha im erbitterten Streit um einen neuen Ausweis. Weil nicht einmal geklärt werden konnte, wo der erste abgeblieben war. Weil Klirr offensichtlich so verantwortungslos war, dass er auf seine Dokumente nicht Acht gab.
    Doch die Karte war perfekt. Skaia hielt sie nur an das Magnetfeld, das neben der Klinke angebracht war, und schon sprang die Bibliothekstür auf. Skaia grinste zufrieden ― auch weil ihr klar wurde, dass Klirr in jedem Fall Zoff mit Fräulein Martha haben würde. Denn seine Karte gehörte jetzt Skaia.
    Als erstes eilte sie zu dem Regal, wo sie schon in einigen Büchern geblättert hatte. Wie vermutet, fand sie in dem Band „Standhaft, duldsam, verschwiegen ― Die Weisheit der Herrscher“ einiges über das Schweigegelübde des Guten Herrschers. Als sie las, dass es nur in jener Zeit galt, in der der Auserwählte auf sein Amt vorbereitet wurde, atmete sie erleichtert auf. Ihre Freude wurde im nächsten Kapitel allerdings gleich wieder getrübt.
    „Keinen Vertrauten gibt es für den Herrscher außer den zwölf Eingeweihten. Diese Dreizehn sind es, die die glänzende Macht der Sonne immer von neuem gestalten. Stört keiner ihre Kreise, wächst unter ihnen die Weisheit“, hieß es da. Wusste Aldoro das? Dass er Skaia kaum noch beachten durfte? Hatten die Eingeweihten ihm das gesagt? Was für ein Spiel spielten sie? Skaia musste Aldoro einfach sprechen! Und zwar vor der Feuer- und Wasserprobe, die er ohne den Sonnenkreis ja gar nicht bestehen konnte. Tief in Gedanken stellte sie das Buch wieder an seinen Platz.
    Da knarrte die Eingangstür. Skaia fuhr herum und spähte zwischen den Regalen hindurch. Es war doch Schlafenszeit! Welchen Büchernarren trieb es da in die Bibliothek? Mit offenem Mund beobachtete sie, wer hereintrat. Es war nicht nur eine unruhige Seele, die zu seltsamer Stunde ins Reich von Fräulein Martha schlich. Es waren gleich zwölf. Die Eingeweihten gaben sich leise die Klinke in die Hand. Skaia hatte geglaubt, sie sei die einzige, die sich dem Zwang der Stundenkugel

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