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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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Skaia gestützt, schleppte er sich aus der Höhle.
    Sie flüchteten hinter den Felsblock und ließen sich unter einem Vorsprung nieder, der sich wie eine kleine Kuppel über den steinigen Boden spannte.
    „War ... das ... Famma?“ Mikolos Stimme war dünn. Aber hier drinnen hallte sie richtig.
    „... Famma? Famma?“, echoten die Wände.
    „Nein“, antwortete Skaia einsilbig, und die Wände bestätigten: „Nein. Nein.“
    Wenn es die Wände waren. Denn in einer dunklen Ecke hatte Skaia zwei helle Punkte ausgemacht. Sie verschwanden immer wieder, aber nur für Bruchteile von Sekunden.
    „Jetzt erschrick bitte nicht, aber es kann sein, dass Famma hier drinnen sitzt.“ Sie hatte es nur geflüstert, aber auch diese Worte warfen die Wände zurück: „... drinnen sitzt, drinnen sitzt.“
    Mikolo hielt hörbar den Atem an.
    „Bist du Famma?“, probierte es Skaia mit Blick in die Ecke.
    „... Famma? ... Famma?“
    Es kam keine Antwort. Nur ein tiefes Schnaufen und noch mehr Geblinker der hellen Augen.
    „Famma ist nicht so wie ihre Schwester. Sie wird uns helfen. Sie hilft allen“, sagte sich Skaia vor und machte einige Schritte auf die stille Bewohnerin zu. Allmählich konnte sie Gesichtszüge erkennen. Das Wichtigste: Die Lippen waren schmal. Die Haut sah ledrig aus, die Falten um den Mund unbeweglich. Der Kopf war nur noch von wenigen Haaren bedeckt. Richtig lebendig wirkten allein die Ohren. Jedem Geräusch drehten sie sich aufmerksam zu. Selbst das Flackern der Blaukappe entging ihr nicht.
    Wie es schien, suchte das Flämmchen die Ritzen in der Felswand ab. Vermutete es dort jemanden, der alles wiederholte, was man hier sagte? Na ja, was wusste so ein Kleingeist von den Gesetzen der Physik ...
    Skaia sagte in beruhigendem Ton: „Wir haben gehört, dass du alles weißt.“
    Famma nickte, während das Echo erneut Skaias Worte wiederholte.
    „Dann kannst du mir auch den Weg zur Königin verraten?“
    Es dauerte eine Weile, bis Famma fragend den Kopf zur Seite legte. Sie sagte wohl nicht so schnell etwas.
    „Gut, vielleicht willst du erst einmal wissen, wer ich bin?“, versuchte es Skaia erneut.
    Die Augen klimperten sie mehrfach an.
    Also erzählte Skaia. Wo sie herkam und warum sie zur Königin wollte. Famma hörte aufmerksam zu und kommentierte den knappen Bericht mit bedächtigen Kopfbewegungen. Skaia hoffte zumindest, dass sie mehr waren als vorsichtige Gymnastikübungen für den eingerosteten Hals. Doch als sie geendet hatte, wartete sie vergeblich auf eine Antwort. Famma legte nur wieder den Kopf zur Seite.
    Was wollte sie denn noch? Details? Das zog sich ja ganz schön hin. Wenn sich in der Zwischenzeit nur die Schwester nicht wieder aufrappelte.
    Skaia erzählte weiter: von den Jahren, als ihre Eltern noch gelebt hatten, wie sie vom Vater auf den Schultern herumgetragen worden war, sie die Reiterin, er das Pferdchen. Er derjenige, der ihr dabei alles Mögliche rund ums Pferd erklärte, sie diejenige, die nicht richtig zuhörte, weil sie viel lieber das Pferdchen mit „Hüs“ und „Hotts“ durch die Wohnung jagte.
    Sie kam vom Hundertsten ins Tausendste, weil ihr die Frau immer deutlicher aufmunternd zunickte, aber immer noch kein Sterbenswörtchen von sich gab. Allerdings wurde sie immer beleibter. Zuerst hatte Skaia es für Einbildung gehalten. Aber langsam war es eindeutig: Der Körper unter dem Rupfenstoff schwoll mehr und mehr an, sodass der Sand, der Staub, die zerbröselten Reste von Blüten, alles, was zentimeterdick auf dem Gewand abgelagert war, herunterrieselte. Selbst die Krater auf den Wangen begannen sich zu glätten.
    „Also, ich gehe hier raus!“, kam es von Mikolo leise.
    „... raus! ... raus!“
    Die Augen von Famma weiteten sich.
    „Nein, warte doch ... Sie soll endlich etwas sagen!“
    Heftig prallten Skaias Worte zweimal, dreimal, viermal auf sie zurück.
    „Sie weiß es doch, sie weiß es doch, sie muss es doch wissen.“
    „... wissen wissen wissen.“
    Nicht nur Skaia fühlte sich elend. Der ewig stumme Mund vor ihr wölbte sich, als ob er sich übergeben müsste. Skaia sprang zurück. Aber was ihr entgegenkam, war nur ein Rülpser. Sein säuerlicher Geruch hüllte Skaia ein. Umschwebte sie mit Wispern: „... im Berg ... Berg.“
    „ ... ’n Weg des Eises und der Finsternis ... nis ... nis ...“
    „ ...’cht weit ... weit.“
    „ ... nur genug Mut ... Mut.“
    So viel Stimmen, so viel Echo, hin und her zischend unter der Kuppel aus Stein. So viele Berichte,

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