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Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition)

Titel: Prinzessin der Nacht - Phantastischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Endl
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die vom Weg zur Königin erzählten. Unendlich ausführlich, wenngleich nur in Fetzen vorhanden. Immer weiter rülpste Famma. Immer mächtiger. Und immer mehr Echos, die sie in ihrem Inneren bewahrte, drangen nach draußen. Umspülten Skaia samt dem beißenden Geruch, der ihr fast die Sinne raubte.
    Kaum dass sie noch einen eigenen Gedanken fassen konnte. Ihre Schläfen pochten, trommelten an gegen die wispernden Worte und die Säureschwaden. Mit Mühe ertastete Skaia die Wand. Stützte sich ab, damit sie nicht zu Boden sank. Ihr Kopf würde platzen, wenn sie nicht bald den Rückzug antrat. Schwankend kämpfte sie sich ins Freie, hervor unter der Felskuppel. Rang nach Luft.
    Mikolo starrte sie erschrocken an.
    Es dauerte, bis sich Skaia erholt hatte. Nur langsam wurden aus Keuchen und Husten wieder ruhigere Atemzüge. Und da Mikolo nicht aufhörte zu rufen: „Ist alles in Ordnung, Skaia, sag was!“, gab sie krächzend zur Antwort: „Ja ... verdammt, ja!“ Und dann: „Hast du gesehen? Du musst ihr ziemlich viel von dir erzählen, wenn du in Erfahrung bringen willst, wie du zurückkommst nach Hause.“
    Mikolo zog angewidert die Nase hoch.
    „Es geht nicht anders. Vielleicht, wenn du dir die Nase zuhältst ...“ Ermattet schloss sie die Augen. Als sie sie wieder öffnete, sah sie gerade noch, wie Mikolos Gestalt im Dunkel des Felsvorsprunges verschwand.
    Es war eine Wohltat, frische Luft zu atmen. Dabei wurde sie immer klarer im Kopf, und all die Wegbeschreibungen, von denen sie erst gedacht hatte, sie widersprächen sich allesamt, passten immer besser zusammen.
    Nach einer Weile trat Mikolo aus dem Schatten des Vorsprungs. Ganz aufrecht. Weder röchelnd noch mit angeekelter Miene. Er konnte doch in dieser kurzen Zeit unmöglich ...
    „Sie schläft. Sie ist wieder total in sich zusammengefallen und reagiert auf gar nichts. Ich habe sogar an ihr gerüttelt. Obwohl ich sie eigentlich nicht anfassen wollte.“ Deshalb wischte er also mit den Händen an seinen Hosenbeinen herum.
    „Hm. Dann musst du hier warten, bis sie wieder aufwacht. Sie weiß bestimmt etwas.“
    „Wieso nur ich? Wartest du nicht mit mir?“
    „Nein.“ Skaia schüttelte sehr bestimmt den Kopf. „Ich werde nicht hier sitzen bleiben, während Solterra zugrunde geht. Das kann ja ewig dauern, bis Famma wieder aufwacht.“
    „Ewig?“ Mikolos Miene war das reine Elend.

 

Landschaft konnte man es längst nicht mehr nennen.
    Dabei war der Weg anfangs genauso schön gewesen, wie es die Echos versprochen hatten. Unterhalb des Hügels, wo Skaia und Mikolo den letzten Heidestrauch hinter sich gelassen hatten, wuchsen Büsche, deren zarte Blätter sanft im Wind schaukelten. Moose krochen über Steine und Stämme. Wie pelzige Tierchen, die eine Tarnfarbe angenommen hatten. Die Trauerweiden rauschten leise. In der Luft lag eine Ahnung von Vanilleduft. Wenn sie ihm nachging, das wusste Skaia, war sie richtig.
    Mikolo nervte sie wiederholt mit der Frage, ob sie denn glaube, er fände auch ohne Famma wieder zurück nach Javónien. Auf einmal aber rief er: „Schau mal, da liegt ein Stück Gartenschlauch.“
    Das Gewächs, das er für einen Gartenschlauch hielt, schlängelte sich vom Weg aus ins Gebüsch, wo es sich verzweigte. Mit seinen Dornen hakte es sich in die Rinde eines Baumes und rankte nach oben. Luftwurzeln trieben aus dem Gewächs und klammerten sich fest. Mehr und mehr dieser schlangenhaften Pflanzen entdeckten Skaia und Mikolo. Überall hingen sie. Auf vielen von ihnen saßen kleine Wattebäusche, die von Faltern und Schwebfliegen umtanzt wurden.
    „Dass es hier so nach Schokolade riecht“, wunderte sich Mikolo. „Und nach Honig auch ein bisschen.“
    Die Düfte waren betörend. Und sie passten zu dem, was sich vor und über den Wanderern auftat. Je weiter die beiden gingen, umso öfter sahen sie, wie aus den weichen Bällchen braune Blätter hervorkamen. Dann brachen sie auf: Erblühten hier zu üppigen Trichtern in Lachs-, Bronze- und Crèmetönen, flammten dort auf als Sterne in reinem Weiß. Vor manchen der Blüten schwirrten schwarze Geschöpfe, die Skaia nicht kannte. Von ihnen schienen auch die fiependen Geräusche auszugehen.
    „Fledermäuse. Die gibt’s nur im Dunkeln“, erklärte Mikolo. „Sie saugen die Blüten aus.“ Neid schwang in seiner Bemerkung mit.
    Nach und nach ließen sie das Blütenparadies hinter sich. Mit einem letzten Hauch von Honig und Vanille wich auch die schwüle Wärme. Rasch kühlte es ab.
    „Immer

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