Prinzessin oder Erbse
uns von etwas anderem reden.«
»Gerne.« Ich war sowieso nicht scharf auf das Thema.
»Wir müssen uns einen Schlachtplan ausdenken, wie du David für dich gewinnen kannst. Und hör auf zu glauben, dass du nicht gut genug für ihn sein könntest. Vielleicht ist er ja gar nicht gut genug für dich.« Verblüfft
sehe ich sie an und muss angesichts der Absurdität dieses Gedankens lachen. David und nicht gut genug für mich?
»Verstehe. Du meinst, wenn sich herausstellt, dass David sich nicht die Bohne für mich interessiert, kann ich immer noch sagen, die Trauben, an die ich nicht herankomme, sind mir viel zu sauer?«
»Quatsch! Warum sollte er sich nicht für dich interessieren? Alles eine Frage von weiblicher Raffinesse.«
»Mit der ich ja zum Glück überreich gesegnet bin«, sage ich sarkastisch.
»Das kann man alles lernen«, wischt Julia meine Bedenken vom Tisch. »Männer funktionieren im Grunde doch alle ziemlich gleich. Sie sind Jäger.«
»Hm«, mache ich wenig überzeugt.
»Vor allem müssen wir dein Selbstbewusstsein stärken. Das funktioniert zum einen über positives Denken und zum anderen über ein gutes Körpergefühl.«
»Lass mich raten: Yoga.«
»Und Ausdauersport«, nickt sie, und ich ziehe eine Grimasse.
»Kann ich mir David nicht einfach beim Universum bestellen?« Ohne auf meinen ironischen Tonfall einzugehen, nickt sie eifrig. »Das solltest du auf jeden Fall tun. Allerdings klappt das nur, wenn du auch daran glaubst. Hast du das denn immer noch nicht verstanden?« Vorwurfsvoll sieht sie mich an. »Du musst davon überzeugt sein, dass du es wert bist, David als Freund zu haben. Sonst kannst du dir die Bestellung auch gleich sparen. Und dafür müssen wir dich ein bisschen aufmöbeln. Ich habe mir dazu ein paar Gedanken gemacht. Allerdings musst du mir vertrauen und nicht bei jedem Punkt eine
Diskussion anfangen. Einverstanden?« Ich zögere einen Moment. »Komm schon, schließlich hast du nichts zu verlieren. Aber immerhin einen Traummann zu gewinnen. « Verheißungsvoll lächelt sie mich an. Ich bin wirklich gerührt, dass sie sich so viele Gedanken um mich macht. Und deshalb verspreche ich ihr auch, ohne lange darüber nachzudenken, mich vertrauensvoll in ihre Hände zu begeben.
Bereits eine Stunde später bereue ich diese Entscheidung aus tiefstem Herzen. In meiner grauen Snoopy-Unterwäsche stehe ich vor dem hohen Spiegel im Flur und winde mich vor Verlegenheit. Julia, die mit verschränkten Armen an der Wand lehnt, nickt mir aufmunternd zu.
»Na los doch!« Ich sehe mir selbst fest in die Augen und hole tief Luft.
»Ich bin eine wunderschöne Frau.« Mein Blick wandert über meinen kalkweißen, von Sommersprossen übersäten Körper.
»Nochmal. Sag es immer wieder.«
»Ich bin eine wunderschöne Frau.« Irgendwie wirken meine Oberschenkel heute ganz besonders plump, die Brüste sind im Vergleich zum Hintern geradezu lächerlich winzig. »Ich bin eine wunderschöne Frau.« Unglücklich starre ich mir ins Gesicht. »Ich bin eine wunderschöne Frau.« Ich wünschte, meine Haare wären nicht so kraus. Und nicht so rot. Ich wünschte, ich hätte Julias immer leicht gebräunten, ebenmäßigen Teint. »Ich bin eine wunderschöne Frau.«
»Ich glaube dir kein Wort«, sagt Julia heftig.
»Ich glaube mir auch kein Wort.«
»Was denkst du, wenn du dich ansiehst?«
»Ich denke: Oh Gott!« Missbilligend schüttelt sie den Kopf.
»Dann sag mir, von David mal abgesehen, wieso sollte irgendein Mann jemals etwas anderes darüber denken?« Betreten sehe ich sie an. Sie stellt sich hinter mich und legt sanft die Arme um mich. »Jetzt sage ich dir mal, was ich sehe. Und du atmest tief in den Bauch und schaust einfach mal, ob du irgendetwas davon entdecken kannst. Ich sehe eine junge Frau mit den größten, strahlendsten und grünsten Augen der Welt.« Aber die hat doch David, fährt es mir durch den Kopf, bevor ich mir selber in die Augen schaue. Sie sind tatsächlich ziemlich grün. Und groß. Und von sehr dichten, goldenen Wimpern umkränzt. Stimmt schon, eigentlich sind sie nicht übel. »Ich sehe kupferrote, üppige Locken und eine Haut wie Elfenbein. Einen schlanken Körper …« Ja, von meinem dicken Hintern mal abgesehen. »… dem es aber an gewissen weiblichen Reizen nicht fehlt.«
»Haha, so kann man es auch nennen«, sage ich mit einem humorlosen Lachen, was Julia mit einem heftigen Nicken quittiert.
»Genau. Man kann die Dinge unterschiedlich benennen. Du musst lernen, sie
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