Prinzessin oder Erbse
habe ich für uns einen Tisch reserviert. Der Drehplan ist mal wieder eng, und Nadja und David haben nur eine Dreiviertelstunde Zeit.«
»Ja, und?« Er seufzt vernehmlich in den Hörer.
»Sie sollen das Essen bestellen, damit wir nicht so lange warten müssen. Meinen Sie, dass Sie das schaffen?«
»Natürlich.« Er gibt mir die Bestellung durch, und ich mache mich auf den Weg zu dem kleinen Italiener, der sich nur ein paar Meter weiter die Straße hinunter neben dem Studiogelände befindet. Obwohl ich nur ein paar Minuten dorthin brauche, bin ich ziemlich durchgefroren und ärgere mich über mich selbst, keine Jacke mitgenommen zu haben. Als ich das kleine, gemütliche Restaurant betrete, steigt mir der Duft von gebratenem Knoblauch und Olivenöl in die Nase. Jeder der blauweiß gedeckten Tische scheint besetzt zu sein, die angeregten
Gespräche der Gäste vermischen sich zu einem lebhaften Summen. Ein gut aussehender Italiener kommt auf mich zu und schenkt mir ein charmantes Lächeln.
»Buongiorno, Signorina.«
»Guten Tag. Ich meine Buongiorno. Ich habe eine Reservierung für vier Personen auf den Namen Sommerlein. «
»Sommerlein, natürlich. Ich bin Luigi. Zu Ihren Diensten. Wo ist Ihre Jacke, Signorina? Es ist zu kalt zu laufen ohne Jacke. Kommen Sie, kommen Sie!« Er winkt mich hinter sich her und führt mich zu einem hübschen Tisch, der halb hinter einer Steinmauer verschwindet. »Mehr Privatsphäre«, erklärt er mir mit leuchtenden Augen, »bitte, setzen Sie sich, Signorina, ich bin gleich bei Ihnen.« Schon ist er wieder verschwunden, um gleich darauf mit vier in braunes Leder gebundenen Speisekarten wiederzukommen.
»Danke. Die brauche ich nicht.« Nachdem ich die Bestellung aufgegeben habe, lehne ich mich entspannt in meinem Stuhl zurück und betrachte das leise Flackern der Kerze auf dem Tisch, bis ich Matthias mit David und Nadja zur Tür hereinkommen sehe. Während Nadja ununterbrochen auf Matthias einredet, sieht David sich im Restaurant um. Er trägt verwaschene Jeans, einen schlichten, schwarzen Pullover unter der dunklen Winterjacke. Als sich unsere Blicke treffen, lächelt er. Ich kann nicht anders, als zurückzulächeln. Das wird doch wohl erlaubt sein, oder nicht? Nachdem sie ihre Jacken abgelegt haben, kommen die drei zu unserem Tisch.
»Hallo«, sagt David und dann beugt er sich doch tatsächlich vor und gibt mir ein Küsschen auf die Wange.
Mir stockt vor Aufregung der Atem, und ich kann meine Haut an der Stelle prickeln fühlen.
»Hallo.« Ich bemühe mich, meine zitternden Knie unter Kontrolle zu bringen. Würde und Haltung, Fanny. Lass dir nicht anmerken, wie sehr du ihn willst. Sei die Prinzessin, nicht die Erbse. Also reiße ich mich mit aller Willensstärke, die ich aufbringen kann, von Davids Augen los und setze mich wieder hin. In diesem Moment tritt Luigi an unseren Tisch heran.
»Come stai, signorina, signores?«
»Danke gut.«
»Ah, natürlich gut. Ein guter Tag, mit zwei hübschen Signorinas am Tisch, ein guter Tag«, nickt er eifrig. »Zum Trinken wie immer San Pellegrino?«
»Ja, bitte«, nickt Matthias, während ich mich entspannt zurücklehne und das Gefühl genieße, mit Nadja in einem Atemzug als »hübsche Signorina« bezeichnet zu werden.
»Also, ich wollte eigentlich gerne noch mal mit euch die nächsten Schritte der Pressearbeit besprechen«, beginnt Matthias, als wir wenige Minuten später vor köstlich duftenden Spaghetti mit Meeresfrüchten sitzen. »Nächste Woche erscheint deine Fotostrecke im FHM-Magazin. Ist übrigens toll geworden. Zum Niederknien.« Nadja lächelt geschmeichelt. »Ich habe mir erlaubt, schon mal ein paar Gerüchte diesbezüglich zu streuen, weshalb du für nächste Woche schon fünf Interviewanfragen hast. Und David, du ebenfalls. Du bist natürlich immer noch reumütig wegen der Geschichte mit Kati, aber die Bilder ärgern dich.«
»Du kannst dich ja mal mit Alex unterhalten«, wirft Nadja ein und verzieht ihr hübsches Gesicht, »und dir
erklären lassen, wie unerträglich und kränkend es ist, die eigene Freundin nackt in einem Männermagazin sehen und sie quasi, ich zitiere, mit aller Welt teilen zu müssen. «
»Immer noch so viel Stress zu Hause?« Mitfühlend legt Matthias eine Hand auf ihren Unterarm. Jetzt erst kapiere ich, dass Alex wohl Nadjas Freund ist, der von ihren Unterwäsche-Bildern nicht ganz so begeistert zu sein scheint. Wenn ich ehrlich bin, dann kann ich ihn sogar verstehen.
»Immer noch, schon wieder,
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