Prinzessin oder Erbse
nachgedacht, ob ich einfach bei dir vorbeifahren soll, aber ich wollte dich nicht drängen. Ich wusste ja nicht, ob es dir recht wäre, wenn ich einfach so bei dir zu Hause auftauche. Ganz offensichtlich hast du ja ein Nähe-Distanz-Problem, wenn du es nach dem Sex nicht mal bis zum nächsten Morgen bei mir aushältst.« Ein Nähe-Distanz-Problem? Wer? Ich? Wie kommt er denn auf die Idee?
»Ich habe …«
»Dann komme ich am Montagmittag bei dir im Büro vorbei, um dich zum Essen einzuladen, und du behandelst mich wie etwas, das die Katze von draußen reingeschleppt hat.«
»Also hör mal …«
»Du redest keine zehn Worte mit mir und lässt mich einfach stehen. Jetzt sag mir bitte, was ich darüber anderes denken soll, als dass unsere Nacht für dich eben nur ein One-Night-Stand war?«
»Ein One-Night-Stand?«, echoe ich ungläubig. »Dafür bin ich überhaupt nicht der Typ. Wie kommst du denn bloß auf diese absurde Idee?«
»Ich dachte, das hätte ich gerade erläutert«, sagt er gereizt.
»Aber so war das alles gar nicht. Ich dachte nur, der Elbstrand bei Mondschein, das Lagerfeuer, die Musik,
ich dachte, das sei eben deine Masche. Und dass ich nur ein weiteres Groupie bin, das du zum Dessert vernaschst. «
»Das traust du mir zu?«
»Ähm, nun ja«, winde ich mich, »eigentlich nicht, aber …«
»Aber was?« Selbst in dieser Situation kann ich nicht umhin, seine Schönheit zu bewundern. Und genau das ist es. Das große Aber. Aber du bist so schön. Und ich bin so durchschnittlich. Du bist ein Star, ein erfolgreicher Künstler. Und ich bin ein Niemand.
»Aber du kannst doch jede haben«, flüstere ich, und er grinst.
»Schon möglich. Aber mir gefällt nun mal der kleine Rotschopf mit den Sommersprossen.«
»Ehrlich?«, frage ich atemlos. Er nimmt mein Gesicht in beide Hände und sieht mir in die Augen.
»Ganz ehrlich.«
»Und warum?« Er lässt vor Überraschung die Hände sinken. Gut, das ist vielleicht jetzt eine etwas unromantische Frage, aber ich möchte das wirklich wissen. Warum keine von den tausend anderen Frauen, die ihm nachlaufen? Warum ich?
»Nun, da wären zunächst mal deine Haare«, sagt er gedehnt und spielt mit einer meiner Locken. Ich haue ihm auf den Oberarm. »Schon gut. War doch nur ein Scherz. Wobei ich die wirklich toll finde. Aber… ich weiß auch nicht. In deiner Gegenwart zu sein fühlt sich einfach so viel besser an als, na ja, nicht in deiner Gegenwart zu sein.« Mit einem hilflosen Schulterzucken sieht er mich an. »Du trägst keine Maske, das gefällt mir. Man kann dir immer ansehen, was du gerade fühlst.« Ich spüre,
wie mir das Blut in die Wangen steigt. »Genau das meine ich. Und ich mag deine Augen«, fährt er fort, »sie sind immer so ernsthaft. Dauernd habe ich Frauen um mich herum, die ständig von einem Ohr zum anderen grinsen und dabei ihre gebleichten Zähne präsentieren. Aber wenn du mal lächelst, dann bedeutet es wirklich etwas. Ich liebe es, mich mit dir zu unterhalten, weil ich das Gefühl habe, bei dir ehrlich sein zu dürfen. Wirklich ich selbst.«
»Beantwortest du mir dann auch ehrlich eine Frage?«
»Natürlich. Jede.«
»Wer ist Leila?« Als er mich überrascht ansieht, füge ich schnell hinzu: »Ich habe das Post-it in deinem Badezimmer gesehen.« Er greift nach meiner Hand.
»Leila ist eine sehr wichtige und gute Freundin für mich. Nicht mehr und nicht weniger.«
»Aber ihr seid nicht in einer Beziehung?«, vergewissere ich mich, und er schüttelt heftig den Kopf.
»Natürlich nicht. Was ist, soll ich fortfahren, dir zu erzählen, warum ich dich wundervoll finde?« Ich überlege einen Moment lang und lege dann die Arme um seinen Hals.
»Ich komme bei Gelegenheit darauf zurück«, flüstere ich, bevor ich ihn küsse.
Am nächsten Morgen sitze ich früh an meinem Schreibtisch und bin mächtig stolz auf mich. Nein, ich bin David nicht sofort wieder mit Haut und Haaren verfallen. Ja, zugegeben, ich habe ihm einen kleinen Kuss zugestanden. Na schön, vielleicht waren es auch zwei oder drei. Aber dann habe ich mich verabschiedet und bin ganz brav und alleine nach Hause gefahren. Selbstbeherrschung,
dein Name ist Fanny. Gerade will ich meinen Computer hochfahren, als ein Schatten auf den Monitor fällt. Hinter mir steht Felix, einen Becher Latte Macchiato und ein Stück Kuchen in der Hand.
»Hi. Ich wollte gar nicht stören, ich dachte, ich bring dir schnell was zum Frühstück vorbei«, sagt er und stellt beides vor mich
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