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Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Titel: Prinzessinnensöckchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Benedikt
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mehr essen. Na ja, am Abend mit Mum ein Alibibrot mit Streichkäse, Magerstufe. Die regte sich immer so auf und meinte ernsthaft, 53 Kilo seien bei einer Körpergröße von 1,64 eher zu wenig. In was für einer Welt lebte die eigentlich? Es war wohl die gleiche merkwürdige Welt, in der Mütter glaubten, ihre Töchter kämen mit 50 Euro Taschengeld im Monat über die Runden.
    Eigentlich wollte Emily noch ins Kino gehen, doch der Gedanke an einen dunklen Raum mit anderen Menschen, die sie nicht kannte, erschreckte sie. Ein wenig durch die Innenstadt bummeln, sich manchmal umdrehen, ob einem keiner folgte. Lange hielt sie das nicht durch.
    Machte ihr alles keinen Spaß heute. Die blöde Hose bei »Minnie's«, stand ihr sowieso nicht, viel zu eng, zu grell, zu gelb. Würde sie drin aussehen wie ne pralle Leberwurst, kurz bevor die Haut aufplatzt. Sie dachte an die Spanisch-Hausaufgaben. Was bedeutet dir dein Name? Wie konnte ein vernünftiger Mensch eine solche Frage stellen und von einem verlangen, sie zu beantworten! Auf Spanisch! Ihr Name war Emily und nicht Minou, obwohl sie gerne so geheißen hätte. Egal. Sie würde irgendetwas googeln und hinschreiben. Vielleicht fand sie heute Abend jemanden im Chat, der eine bessere Idee hatte. War aber auch egal. Sie war sauer. Auf sich, auf Hanna, auf alles. Folgte ihr wirklich niemand? Sie wagte es nicht mehr, sich umzudrehen.
    Sie nahm den Zwei-Uhr-Bus, die ersten Berufstätigen fuhren von der Arbeit heim, sie kannte keinen von ihnen. Der Himmel hatte sich wieder bewölkt, wahrscheinlich würde sie in den Regen kommen, wenn sie ausstieg. Na toll. Und wenn wieder was vor der Tür liegen würde? Ein Paket mit Söckchen? Irgendetwas anderes? Wenn ihr jemand zu Hause auflauern würde? Jetzt war es nicht mehr nur ein unangenehmes Gefühl, das ihren Magen traktierte. Jetzt war es ein Schmerz wie von einem Messer, ein Schmerz, der sie fast zum Weinen brachte.
    Gleich wäre sie am Ziel. Der Bus bremste an der Haltestelle dem Wald gegenüber, eine ältere Frau stieg aus, niemand ein. Emily konnte nicht hinschauen. Der Bus fuhr wieder an, Emily drückte ihre Schultasche an sich, sah aus dem Fenster. Die Frau.
    Sie stand an ihrem Wagen und schaute Emily direkt in die Augen. Jetzt war ihr, als stieße das Messer in ihrem Bauch hoch bis zum Herz.

    *

    Etwas stimmte nicht hier. Köhler hatte auf ihr gekünstelt fröhliches »Guten Morgen!« nur mit einem Kopfnicken reagiert und dabei weiterhin auf den Monitor seines Rechners gestarrt. Kann vorkommen, dachte Carmen, merkwürdig nur, wenn der Rechner ausgeschaltet ist. Sie ging in ihr Büro, das sie lieber Abstellkammer nannte, blätterte in ihrem Terminkalender und las dort mit Schrecken, dass sie eigentlich gleich wieder aufbrechen musste, um der Eröffnung eines Fachgeschäfts für handgemachte Gürtel beizuwohnen. Natürlich würde die Bürgermeisterin den obligatorischen Blumenstrauß überreichen, die obligatorische Rede halten und die obligatorischen Zähne grinsen lassen. Das Leben konnte manchmal so vorhersehbar sein.
    Da aber Köhler, der alle ihre Termine auswendig zu lernen schien, keine Anstalten machte, sie fluchend aus dem Haus zu scheuchen, gönnte sich Carmen eine Internetrecherche. Auf der Homepage des Vertreibers der Prinzessinnensöckchen bewunderte sie das Produkt in allen Farben und Variationen. Krone und Schriftzug gab es auch auf Höschen und Kaffeetassen, Push Up Bras und Zahnputzbechern, es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Prinzessinnen-Toilettenpapier den Markt erobern würde. Geschäftstüchtige Kerlchen, dachte Carmen.
    Ein großes blondes Mädchen also, das ständig unterwegs schien, um Prinzessinnensöckchen gleich im Sechserpack zu kaufen. Fungierte sie vielleicht als eine Art Sammelbestellerin, die das Zeug im Auftrag ihrer Freundinnen einkaufte? Wegen der drei Prozent Preisnachlass? Nein, das glaubt Carmen nicht. Kein Mädchen würde sich die Chance entgehen lassen, wenn sie schon mal in einer Boutique war auch gleich noch ein paar angesagte Fummel anzuprobieren und damit zum Gekicher ihrer Freundinnen im Spiegel zu posen wie das hippste Supermodel. Was waren da schon 40 Cent, die man sparen konnte.
    Nachdenklich fuhr sie den Rechner runter, griff ihr Fotozeug und sprintete aus dem Büro, am noch viel nachdenklicheren Köhler vorbei, der weiterhin auf den dunklen Monitor starrte und Carmens »Tschüs« mit einer angedeuteten Kopfbewegung quittierte. War der Redakteur auf seine alten Tage etwa ruhig

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