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Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Titel: Prinzessinnensöckchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Benedikt
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journalistische Legitimation hatte, recherchieren konnte, mit Leuten reden. Selbstverständlich durfte Köhler nicht merken, dass sie etwas von ihm wollte, auf ihn angewiesen war. Sie machte »pfff« und sagte dann, sehr geschäftsmäßig: »Wenn Sie an einer weiteren Mitarbeit meinerseits interessiert sind, können wir uns heute ja treffen. Gegen halb eins? Ich habe allerdings nur eine Stunde Zeit. Laden Sie mich doch einfach mal schick zum Essen ein.«
    Genauso gut hätte man Köhler, dessen Geiz legendär war, dazu auffordern können, sein gesamtes Vermögen der Deutschen Bank zu überschreiben. Er schwieg auch jetzt und Carmen befürchtete, die Aussicht auf eine Geldausgabe habe ihn paralysiert, an den Rand eines Herzinfarkts oder wahlweise des Wahnsinns gebracht.
    Seine aufgeräumte und knappe Antwort überraschte sie. »Goldenes Kalb, pünktlich halb eins. Bringen Sie guten Hunger mit, samstags gibt es Rehrücken, seien Sie pünktlich.« Und legte auf.
    Sie lieferte Emily daheim ab, bekam ein Küsschen und sah dem Mädchen mit nicht ganz weißen Gedanken nach. Ob die Kleine in Gefahr schwebte? Heute war Samstag und Emilys Mutter den ganzen Tag zu Hause. Sie würden einen Großeinkauf machen, das Mädchen hatte ihr zudem versprochen, möglichst oft mit der Mutter zusammen zu sein, sich jede Stunde kurz telefonisch bei Carmen zu melden. Kevin, der Dienst hatte, würde von Zeit zu Zeit mit seinem Streifenwagen am Haus der Schmitzens vorbeifahren, die Umgegend im Auge behalten. Mehr konnten sie nicht tun. Carmen hoffte, es sei nicht die entscheidende Kleinigkeit zu wenig.
    Inzwischen hatte sie einen Blick für die morgendlichen Stammgäste des Cafés entwickelt. »Heute Morgen geht’s ja noch«, raunte ihr Clara zu, »aber heute Nachmittag kommen die Ausflügler, wenn wir Pech haben, ein ganzer Bus Wanderer.« Pech? »Na ja«, korrigierte sie sich, »Glück fürs Geschäft, stimmt schon. Aber sag das mal meinen Füßen und meinen Nerven.« Lachte und griff nach dem Tablett mit dem großen Frühstück für ihren Patenonkel, den Bestattungsunternehmer Günther Wolff, der mit Kati Pohland an einem Tisch saß. Beide unterhielten sich intensiv, angeregt, schwiegen, als das Frühstück serviert wurde. Sicher hatten sie eine Menge zu besprechen.

    *

    Nein, sie wollte das nicht essen. Es war Haferschleim und es schmeckte einfach widerlich. Er schob ihr das Zeug Löffel für Löffel in den Mund, Hannas Arme, ihre Beine waren wieder gefesselt, ihre Augen verbunden, die Löffel kamen immer schneller, so als sei der Mann nervös, habe keine Zeit. Irgendwann ergab sie sich in ihr Schicksal und schluckte das Zeug.
    Dann war er weg. Die Augenbinde hatte er ihr vorher abgenommen, für einen Moment sich tief zu ihr hin gebeugt, sie roch seinen Atem, der roch noch ekliger als der Geschmack in ihrem Mund, ekliger sogar als das Chloroform, das immer noch in der stickigen Luft zu hängen schien. Ein Hohn. Sie starrte in die Dunkelheit, nachdem er gegangen war, doch, es war ein Mann, kein Zweifel. In ihrem Bauch rumorte der Brei. Bitte nicht zur Toilette müssen, bitte, bitte, lieber Gott! War das gerade ein Gebet gewesen? Quatsch, sie rief nur um Hilfe. Jetzt konnte Gott beweisen, dass es ihn gab, er hatte von Hanna eine Chance bekommen, hey, das konnten nicht viele von sich behaupten, also nutze sie gefälligst.
    Ob sich ihre Eltern Sorgen um sie machten? Ja, wahrscheinlich. Gehörte dazu. Ein paar Tränchen für die Galerie verdrücken, wenn man hinter dem Sarg her ging. Aber die waren noch nicht zu alt, ein neues Kind zu fabrizieren. Diesmal vielleicht zur Abwechslung einen Jungen. Mit dem konnte der Vater dann zusammen Fußball gucken.
    Emily. Was machte die? Ging es ihr gut? Die würde echt trauern, wenn Hanna tot wäre. Wenigstens ein paar Wochen lang, mit viel Glück ein paar Monate. Bis irgend so ein dahergelaufener Typ kam und sie wuschig machen würde. Kennt man doch!
    Sie begann leise zu weinen. Tat gut. So hörte sie immerhin etwas, auch wenn es nur ihr eigenes Schluchzen war.

    *

    »Ich habe schon bestellt«, begrüßte sie Köhler. »Die Wildplatte für zwei Personen, ist heute günstiger Mittagstisch. Kommen Sie mir jetzt bloß nicht damit, Sie seien Vegetarierin oder gar Veganerin! Zwei Minuten zu spät sind sie obendrein. Sie haben sich nicht verändert.«
    »Sie auch nicht«, erwiderte Carmen und setzte sich. Neben ihrem Besteck lag eine rote Rose. »Von Ihnen?« Köhler schaute verdrießlich zwischen Carmen und

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