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Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Prinzessinnensöckchen (German Edition)

Titel: Prinzessinnensöckchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Benedikt
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war da im schmalen Spalt zwischen Augenbinde und Wangen plötzlich Licht zu sehen gewesen. Nicht viel, eher fahles Licht, wie von einer schwachen Glühbirne. Die Schritte des Mannes kamen näher, etwas raschelte, etwas wurde auf den Boden gelegt. Die Schritte des Mannes entfernten sich, das Licht blieb, auch als die Tür ins Schloss fiel.
    Sie wartete, dass der Mann zurückkäme. Er kam nicht. Sie wollte die Binde abstreifen, traute sich nicht. Tastete mit einer Hand auf dem Boden herum, fühlte Papier, einmal dünnes, einmal etwas dickeres. Ihre Finger stießen gegen etwas, das wegrollte, ein Geräusch machte. Vorsichtig schob sie die Augenbinde hoch.
    Ein Zettel, eine Postkarte, ein Kugelschreiber. Hanna kniff die Augen zusammen, das Licht, obwohl schwach, schmerzte. Sie befand sich in einem geweißelten Kellerraum, in den Ecken hingen schwarze Spinnwebengebilde, die aussahen wie Perücken. Unheimlich. In dem Raum war nichts sonst als ein ängstliches Mädchen auf einem großen Kissen.
    Hanna nahm die Postkarte, betrachtete das Bild. Berlin, Gedächtniskirche. Hatte sie schon einmal gesehen, ja, im Fernsehen wahrscheinlich, denn in Berlin war sie noch nie gewesen. Dann nahm sie den anderen Zettel, hielt ihn dicht vor die Augen, um lesen zu können. »Schreib das auf die Karte: Tut mir leid, Mama, es ist halt passiert. Wenn du fertig bist, wirf den Kugelschreiber gegen die Tür, zieh deine Augenbinde wieder an und bleib ruhig sitzen. Mach das genauso oder du bist tot.«
    Sie schrieb den Satz erst auf den Zettel, die Schrift war unruhig, kraxlig, nicht ihre Schrift. Sie schrieb ihn noch einmal, noch einmal. Dann nahm sie die Karte und setzte den Kugelschreiber an. »Tut mir leid, Mama, es ist halt passiert«. Es tat ihr wirklich leid. Sie begann zu weinen, das wollte sie nicht, aber verdammt, sie weinte nun mal. War froh, die Binde wieder vor ihren Augen zu haben, das musste der Kerl nicht sehen, dass sie weinte. Sie lehnte sich an die Wand, legte die Postkarte neben sich, schaute in die Richtung, in der sich die Tür befand, hob den Kugelschreiber und warf ihn mit aller Kraft. Er prallte mit einem Klack gegen das Metall, fiel auf den Boden, rollte ein Stück in den Raum.

    *

    Etwas hockte in Carmens Kopf, aber sie wusste nicht was. Etwas, das ihr vorhin begegnet war, ein Wort, ein Satz. Als Kevin angerufen hatte? Vielleicht. »Sie haben die Kerle ermittelt. Alle bis auf diesen Excalibur. Du weißt, was das bedeuten könnte?« Sie wusste es. Wenn es von Excalibur keine Spuren auf Hannas Laptop gab, dann wohl deshalb nicht, weil sie nicht über das Internet kommuniziert hatten. Sondern, wie es so hieß, »im wirklichen Leben.«
    »Genau«, hatte Kevin bestätigt. »Alles ganz harmlose Bürger übrigens, völlig normale treusorgende Familienväter bis auf diesen Alex. Der lebt noch bei Mami und ist eher ein Einzelgänger.« Aha, dachte Carmen. Lebt noch bei Mami. Da kannte sie auch einen.
    »Aber alle haben hieb- und stichfeste Alibis für den Mord an Pohland und die Sache bei der alten Scheune. Apropos: die Schleif- und Wagenspuren dort. Können wir ebenfalls vergessen. Was da geschleift wurde, war eine verrostete Egge, das ist so ein landwirtschaftliches Gerät, falls du das nicht kennen solltest.« Also SO blöd war sie nun auch nicht! »Jedenfalls: Der Besitzer des Feldes und der Scheune hat das am Nachmittag vom Acker geschleift, schweres Ding das, und mit seinem Wagen zum Schrottplatz gefahren. Deshalb die noch frischen Reifenspuren. Der Mann hat natürlich auch ein Alibi.«
    Natürlich. Sie hatte das Gespräch beendet, es war Zeit für die ANONYMEN SPIELER. Was sollte sie dort? Dem Ex-Spieler Wolff zuhören, wie er ein paar »Informationen für die Presse« zum Besten gab? Okay, musste sein. Das war ein Teil ihres Deals mit Köhler.
    Sie schärfte Emily noch einmal ein, niemandem außer ihr die Tür zu öffnen. Das Mädchen nickte. Ein wenig genervt, wie es Carmen schien, so wie man die Ermahnungen einer Mutter nervig findet. Sie drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Und koch mir was Leckeres. Ich freu mich schon.« Emily griente.
    Was also war da in ihrem Kopf und gab sich nicht zu erkennen? Sie fuhr Richtung Baltersbach zum Diakonieheim, kaum Verkehr auf den Straßen, die Sonne blendete. Etwas war da. Vielleicht etwas Wichtiges, vielleicht etwas völlig Unwichtiges.

29

    Pressekonferenz! Wie sie das Wort schon hasste! Jeder, der nichts zu sagen hatte, lud die örtliche Presse ein und erzählte eine

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