Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
Schicksal oder vielleicht auch nur Wiebkes beruflicher Weg hatte sie vor einiger Zeit wieder zusammengeführt, auch wenn Berringer noch nicht so ganz klar war, wohin das Ganze laufen sollte. Schließlich war es zwischen ihnen schon einmal schiefgegangen – und das zu einer Zeit, als seine Seele noch gesund gewesen war.
Auf der anderen Seite konnte ihm Wiebke vielleicht dabei helfen, die Vergangenheit endlich ein Stück weit hinter sich zu lassen. Die Betonung lag dabei allerdings auf ein Stück weit.
Berringer seufzte und überlegte, was er antworten sollte. Sein Kopf war auf einmal völlig leer. Alle Wörter, die auch nur im Entferntesten hätten passen können, schienen sich plötzlich aus seinen Gehirnwindungen verabschiedet zu haben. Eine Minute verging, dann eine zweite. Schließlich schrieb er: Wir telefonieren.
Erst als er die Nachricht abgeschickt hatte, erinnerte er sich daran, dass er ihr die gleichen zwei Worte erst vor Kurzem geschrieben hatte. Mist, dachte er, das wird sie als unsensibel interpretieren.
Aber es war zu spät. Die Nachricht war weg. Unwiederbringlich im Äther des Mobilfunknetzes.
Doch schon im nächsten Moment fesselte etwas anderes seine Aufmerksamkeit.
Er sah, wie Krassow ziemlich eilig zum Kofferraum seines Wagens stiefelte. Er holte ein paar schlammverschmierte Turnschuhe daraus hervor und steckte sie in einen Müllsack, dann überquerte er die Straße und warf den Beutel in einen Mülleimer, den jemand anderes rausgestellt hatte. Erst da bemerkte er, dass ihn Berringer von seinem Wagen aus beobachtete, und er erstarrte mitten in der Bewegung und mitten auf der Straße.
Ganz kurz präsentierte er sein Gesicht ohne das so kontrollierte, geschäftsmäßige Event-Manager-Lächeln. Aber dieser rare Moment, in dem er einen tieferen Einblick unter seine glatte Moderatorenfassade gewährte, war sogleich wieder vorbei.
Krassow ging auf Berringers Wagen zu, und der Detektiv ließ die Scheibe nach unten.
„Sie beschatten mich doch nicht etwa?“, fragte Krassow mit gezwungen wirkendem Lächeln.
„Dann hätten Sie mich nicht bemerkt“, erwiderte Berringer. „Ganz bestimmt.“
„Ja, ja …“
„Glauben Sie mir.“
„Ich wette, Sie haben auch schon mal was in einen fremden Mülleimer geworfen, der halb leer ist.“
„Sicher.“
„Es kostet heutzutage ja fast so viel, all das Zeug wieder loszuwerden, das man sich gekauft hat, wie man ursprünglich dafür ausgegeben hat, um es zu bekommen.“
„Dennoch putze ich meine Schuhe lieber, statt sie wegzuschmeißen“, entgegnete Berringer.
„Ich bin in Scheiße getreten, um es deutlich zu sagen. Den Geruch kriegen Sie nie wieder richtig weg, und in meinem Job muss man immer einen guten Eindruck machen.“
„Wo tritt man denn hier in Scheiße?“, fragte Berringer.
„Überall. Mir ist es beim Joggen passiert, aber Sie können hier gehen, wo Sie wollen
– überall Leute mit großen Hunden, die große Haufen machen, und niemand, der dafür sorgt, dass Straßen und Wege wieder sauber werden!“
„Ich muss los“, sagte Berringer.
„Wiedersehen.“
„Bestimmt.“
Berringer ließ das Seitenfenster hochgleiten und startete den Motor. Im Rückspiegel sah er noch, wie Krassow ihm hinterher blickte. Als hätte ich ihn dabei erwischt, wie er eine Leiche beseitigt, dachte der Detektiv.
Dabei waren es doch nur Schuhe …
Bei der nächsten Ampel piepte sein Handy erneut und kündigte damit Wiebkes Antwort-SMS an.
Die Nachricht bestand nur aus einem einzigen Wort.
wann
Klein geschrieben und ohne Satzzeichen.
Berringer schrieb: Später.
Mehr ging nicht, dann war die Ampel wieder grün.
4. Kapitel
M – Eine Stadt sucht einen Mörder
Du weißt, dass alles, was bisher geschehen ist, nur ein Vorspiel war. Eine Probe. Eine Generalprobe vielleicht, aber nicht mehr. Du hast den Schritt durchdacht, du hast ihn im Kopf längst vollzogen, nun kannst du es auch in der Realität durchziehen.
Katzen spielen manchmal mit ihrer Beute, bevor sie sie töten.
Willst du noch länger eine Katze sein oder endlich tun, was getan werden muss?
Damit Schluss ist.
Endgültig.
Du brauchst keine Furcht zu haben.
Die Hölle, die hinter dir liegt, ist schlimmer als alles, was noch kommen kann.
Schlimmer auch als alles, was du auslöst, wenn du jetzt endlich den Mut fasst, der nötig ist.
Du nimmst den Bolzen, legst ihn ein …
Klack.
Es ist doch eigentlich so leicht …
Von unterwegs rief er Vanessa Karrenbrock in der Detektei
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