Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
quietschten. Der Wagen rutschte heran, direkt auf Jo zu. Im letzten Moment hechtete dieser auf die langgezogene Motorhaube, bis das Gefährt schließlich nach fast zwanzig Metern zum Stillstand kam.
Jo hielt die Automatic auf die Frontscheibe gerichtet, genau dorthin, wo der Fahrer saß.
Er atmete tief durch und glaubte dann, seinen Augen nicht zu trauen. Am Steuer des Sportwagens saß jemand, den er kannte und hier und jetzt am allerwenigsten erwartet hätte.
Es war eine Frau.
Mary Wilkins.
*
Jo war froh, sein Gesicht in diesem Augenblick nicht im Spiegel sehen zu müssen. Es war ziemlich lang.
Mary Wilkins schien ihm im ersten Moment ängstlich, aber als sie den Privatdetektiv erkannte, wandelte sich ihre Furcht in Ärger.
Sie stieg aus dem Wagen und knallte wütend die Tür zu, während Jo von der Kühlerhaube herunterturnte, die Pistole an ihren Ort steckte und seine Kleidung wieder ein bißchen ordnete. Hose und Jackett hatten sichtlich gelitten und auch das Hemd war nicht mehr das, was einmal gewesen war.
Er sah aus wie einer, der mindestens zwei Wochen unter einer Brücke geschlafen hatte.
"Was fällt Ihnen ein, hier in der Tiefgarage den wilden Mann zu spielen? Da denkt man sich nichts Böses und plötzlich steht da so ein Kerl mit Pistole vor einem und ballert herum. Ich habe geglaubt, ich sehe nicht richtig!"
Jo hörte ihr gar nicht richtig zu, was sie noch mehr zu ärgern schien. Sie stemmte ihre schlanken Arme in die Hüften und machte aus ihrer Empörung keinen Hehl. Indessen ließ Jo den Blick über die Autoreihen schweifen.
Er fluchte innerlich.
Den Killer konnte er vergessen.
Wenn er nur einen Funken Verstand hatte, hatte er den Tumult genutzt, um sich einfach zu verdrücken.
Eins zu Null für dich, Killer-Cop! schoß es Jo grimmig durch den Kopf. Jetzt war es nicht mehr zu ändern.
"Was machen Sie hier überhaupt, Mister... Walker. So heißen Sie doch oder? Sie waren in der Agentur. Ich habe ein gutes Namensgedächtnis, das ist ein Teil meines Jobs."
Jo verzog das Gesicht und musterte sie.
Sie trug jetzt kein Kostüm, sondern Jeans und Pullover, was sie ganz anders wirken ließ. Sie hatte eine sportliche, durchtrainiert wirkende Figur.
"Dasselbe könne ich Sie fragen, Miss Wilkins."
"Schieße ich hier herum wie ein Irrer? Springe auf fahrende Autos und zerballere ihnen die Reifen! Ich hoffe, Sie kommen für den Schaden auf, Walker!"
"Keine Sorge, das werde ich. Trotzdem würde es mich interessieren, was das hellste Licht der Agentur um diese Zeit noch hier sucht!"
Sie stutzte.
"Das was?"
"Das hellste Licht der Agentur. So nannte Sie Ihre Chefin!"
Ein müdes, etwas gequält wirkendes Lächeln ging über Marys Gesicht. Sie zuckte die Achseln.
"Tatsächlich? Wahrscheinlich bin ich das auch." Sie seufzte und blickte nachdenklich drein. "Wir hatten Ärger mit einem Kunden. Als ich schon zu Hause war - geduscht und fertig für's Bett - da hatte ich eine Idee für ein neues Konzept in dieser Sache. Und da dachte ich, daß ich die Sache am besten gleich mit Mrs. Wyner durchspreche. Es hängt für Wyner & Wyner ziemlich viel davon ab..."
"Verstehe..."
"In einem kreativen Beruf ist das nun einmal so. Man kann nie im Voraus sagen, wann die Einfälle kommen. Die halten sich nicht an die Bürostunden."
Jo fragte etwas anderes.
"Sie sind jetzt gerade erst gekommen?"
Ihre Stirn legte sich sanfte Falten. Nach einer halben Sekunde nickte sie.
"Ja. Kurz bevor wir unseren...naja, sagen wir Zusammenstoß hatten!"
"Haben Sie irgendjemanden gesehen? Jemanden auf der Flucht, jemanden, der Ihnen irgendwie aufgefallen ist?"
"Nein. Niemand. Um diese Zeit ist man für gewöhnlich völlig allein hier unten. Wir haben nach Mitternacht."
"Heißt das, daß Sie Ihre Chefin öfter um diese Zeit noch Besuche abstatten, wenn Sie tolle Einfälle haben?"
Sie schien etwas verwirrt und strich sich mit ihrer Rechten eine störende Strähne aus dem Gesicht.
"Ich weiß gar nicht, was Sie wollen! Natürlich nicht! Jeder vernünftige Mensch vermeidet es, um diese Zeit hier unten zu sein. Und als Frau sowieso. Man hört doch dauernd von diesen Überfällen in Tiefgaragen und Parkhäusern..."
*
Jo half Mary dabei, den Sportwagen von der Fahrbahn zu bekommen, was mit dem Platten Reifen gar nicht so einfach war.
Dann gingen sie zusammen zu Aufzug. Jo erzählte ihr, was geschehen war.
"Ich hoffe, daß Sie den Killer fangen, Mister Walker!" sagte sie. "Mrs. Wyner hat sich mir anvertraut, als die ersten
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