Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
blickte auf die Uhr.
Er war etwas früher gekommen. Wenig später würde Rowland folgen und ganz zum Schluß erst Charlene Hughes. Es sollte kein Verdacht erregt werden, denn vielleicht überwachte der Anrufer ja die ganze Zeit über, was sich in Crawleys Cafe tat.
Jo bestellte sich einen Kaffee, während fast gleichzeitig Captain Rowland eintrat, um auf der anderen Seite des Cafes Platz zu nehmen.
"Und was möchten Sie?" wandte sich der hochgewachsene Kellner an Carey, während er sie mit dem Blick seiner intelligenten Augen förmlich zu durchdringen schien.
"Tee."
Der Kellner verschwand wieder. Als er glaubte, unbeobachtet zu sein, sah er sich noch einmal nach Jo und Carey um. Als er Careys wütendem Blick begegnete, sah er zu, daß er weiterkam.
"Was glotzt der so?"
"Sie sind eine schöne Frau."
"Oder er hat etwas gemerkt!"
"Sagen Sie, haben Sie eigentlich auch einen Vornamen, Lieutenant!"
Carey lächelte schwach. Ihre Züge entspannten sich ein wenig.
"Georgette-Josephine", flüsterte sie, als wäre es etwas Unanständiges und zuckte dabei mit den Schultern.
"Oh", schmunzelte Jo.
"Sehen Sie! Besser Sie nennen mich einfach Carey. Das machen alle auf dem Revier." Sie seufzte. "Ich habe wirklich Glück, daß meine Eltern mir nicht auch noch den Nachnamen aussuchen durften, was?"
"Jeder hat sein Päckchen zu tragen!" lächelte Jo.
Unterdessen kam ein weiterer Gast herein. Es war ein junger Kerl, höchstens fünfundzwanzig. Er hatte den Kragen seiner Wildlederjacke hochgeschlagen, besaß aber offenbar keine Handschuhe, denn er rieb sich wie wild die Hände. Wenig später bestellte er ein Frühstück.
"Sie haben Glück", meinte der Kellner. "In ein paar Minuten hätten Sie kein Frühstück mehr bekommen!"
Der junge Mann zuckte mit den Schultern und wischte sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht. "Ja", meinte er. "Ich, weiß, daß ich spät dran bin..."
Eine ganze Weile lang geschah nichts Aufregendes. Der Mann mit der Wildlederjacke bekam sein Frühstück, der Dicke zahlte und ging. Und dann kam Charlene herein. Ihre Bewegungen wirkten unsicher. Sie versuchte, an Jo vorbeizuschauen, legte den Mantel ab und ließ sich vom Kellner zu einem Platz am Fenster führen, von dem aus man einen Blick hinab auf das Verkehrsgewühl hatte.
Ein paar Minuten später wurde Charlene zum Telefon an den Tresen gerufen. Sie sagte zweimal "Ja!" und legte dann wieder auf. Jo sah ihrem Gesicht an, daß es der Anrufer mit der verfremdeten Stimme gewesen war. Sie sah ganz bleich aus, versuchte aber nach wie vor, sich nichts anmerken zu lassen.
"Wo sind die Toiletten?" fragte sie den Kellner.
"Die Treppe hinunter."
Sie nahm ihre Handtasche und machte sich auf den Weg. Jo senkte die Zeitung, die er indessen ausgebreitet hatte und gab Carey ein knappes, kaum merkliches Zeichen, daß ihr bedeutete, Charlene zu folgen. Carey begriff sofort.
Charlene hatte eine Diskette bei sich, auf der allerdings nur Datenmüll war. Aber selbst wenn der Anrufer die Diskette in die Hände bekam, würde es jedoch eine Weile dauern, bis er herausfinden würde, da er nur sinnlose Zeichenfolgen vor sich hatte - und nicht etwa einen verschlüsselten Text.
Es dauerte nicht lange, bis Charlene wieder auftauchte. Sie nickte Jo unmerklich zu. Das hieß, daß sie von dem Anrufer die Anweisung bekommen hatte, die Diskette irgendwo dort unten zu deponieren. Charlene zahlte umgehend ihre Rechnung und ging dann zur Tür hinaus. Draußen würde sie den Zivilbeamter unter seine Fittiche nehmen und Sicherheit bringen. Jetzt hieß es nur noch abwarten. Der Anrufer würde irgendwann auftauchen, um die Diskette abzuholen. Fragte sich nur, wann. Inzwischen kam Carey wieder herauf und setzte sich zu Jo.
"Es ist niemand unten!" flüsterte sie. "Weder bei den Damen- noch bei den Herrentoiletten."
Jo verzichtete darauf, sie zu fragen, wie sie das herausgekriegt hatte. Sie war clever und hatte sicher ihre Methode.
"Wo ist es?"
"Hinter dem Zigarettenautomaten."
In diesem Moment stand der Blondschopf mit der Wildlederjacke auf, drehte sich ziemlich auffällig um und ging dann in Richtung Toiletten.
Carey grinste und zeigte dabei ihre zwei Reihen strahlend weißer Zähne. "Jetzt sind Sie dran, Jo! Vielleicht ist das ja unser Mann!"
*
Der Blondschopf erstarrte, als Jo mit schnellen Schritten die Treppe hinunterkam. Der Kerl hatte tatsächlich seine Finger am Zigarettenautomaten.
Er zog sich eine Packung und behielt dabei sein Gegenüber genauestens im Auge.
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