Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
hätten wir vielleicht Schwierigkeiten bekommen, ihn zu identifizieren, aber so war sein Gesicht noch eindeutig zu erkennen..."
Jo hob die Arme zu einer abwehrenden Geste. "Tu mir einen Gefallen und erspar mir die Details, Tom! So schön sind die nun wirklich nicht!"
Ein mattes Lächeln ging über Rowlands Gesicht.
"Sorry."
"Wie ist es passiert?" hakte Jo nach. "Wißt ihr schon etwas?"
"Er schwimmt wahrscheinlich schon die ganze Nacht im Hudson", erwiderte Tom Rowland. "Aber eins steht schon fest: Er ist nicht ertrunken, sondern starb durch einen Schuß. Noch haben wir keine Ahnung, wo das geschehen sein könnte." Er zuckte mit den Schultern. "Er wurde umgebracht und dann ins Wasser geworfen..."
"Ein Killer, der sein Handwerk versteht, hätte der Leiche ein paar Steine um den Hals gebunden, damit sie nicht wieder auftaucht..." meinte Jo.
"Und du meinst, dieser hier verstand sein Handwerk nicht so besonders?"
Jo zuckte die Achseln. "Ich schätze, daß Clint Leonard für seine Auftraggeber einfach zu heiß wurde."
"Wie auch immer: Jedenfalls war Leonard der Mörder von Steve Tierney. Das steht nach dem Vergleich zwischen den Projektilen, die in den Körpern von Tierney, dem Fotohändler und Detective Ramirez steckten, wohl fest. Alle drei wurden mit derselben Waffe erschossen."
Dann blickte Rowland an Jo hinunter und meinte plötzlich: "Ich habe das Gefühl, du warst schon mal näher am Stand der Mode, Jo. Oder ist der Gammel-Look wieder in und ich hab's nicht mitgekriegt?"
Jo lächelte dünn. "Ich hatte eine ziemlich unerfreuliche Begegnung mit einem Kerl, der es vorzog, sein Gesicht nicht zu zeigen."
Rowland hob die Augenbrauen.
"Eine Warnung an deine Adresse?"
"Ja, etwas in der Art. Vielleicht auch schon mehr."
*
Karen Tierney schaute nervös auf die Uhr. Michael hätte längst zu Hause sein müssen. Sie rief in der Schule an, aber dort war er nicht mehr.
Vielleicht war er noch mit Freunden unterwegs, obwohl sie ihm eingeschärft hatte, gleich nach Hause zu kommen. Der Wagen war unglücklicherweise in der Werkstatt, sonst hätte sie ihren Sohn abgeholt.
Eine halbe Stunde, das ist nicht viel! redete sie sich ein. Das konnte alles mögliche bedeuten. Irgend etwas Harmloses vermutlich...
Aber sie konnte ihre Sorgen nicht einfach so abstreifen. Es half nichts, sich immer von neuem einzureden, daß das alles nichts bedeuten mußte. Sie hatte sich nichts vorzuwerfen. Sie hatte sich an das gehalten, was man ihr gesagt hatte und dafür hatte man ihr zugesichert, daß ihr nichts geschehen würde. Und natürlich auch ihrem Jungen nicht. Das war das Allerwichtigste für sie.
Karen Tierney biß sich die Lippe und unterdrückte die Tränen, die einfach so aus ihr herauslaufen wollten. Nur kühlen Kopf bewahren! wies sie sich selbst an. Nur nicht den Verstand verlieren!
Sie hätte schreien können, aber obwohl sie allein in der Wohnung war, tat sie es nicht. Stattdessen ging sie zum Telefon und klapperte die Reihe von Michaels Freunden ab. Zumindest diejenigen, von denen sie wußte. Nichts. Immer wieder nichts.
Sie fragte sich, was sie unternehmen konnte.
Die Polizei schied aus - und dieser Walker? Nachdem sie ihn derart abserviert hatte? Was soll's! dachte sie. Er weiß ohnehin schon eine Menge oder reimt es sich zusammen. Warum soll er nicht auch den Rest wissen?
Aber wenn sie Michael wirklich in ihre Gewalt gebracht hatten, dann konnte es für den Jungen das Ende bedeuten. Skrupellose Leute waren das, denen eine Leiche mehr oder weniger keine besonderen Kopfschmerzen machte.
Plötzlich hörte sie einen Wagen vorfahren. Eine Autotür wurde geöffnet und fiel wieder ins Schloß. Dann Schritte. Sie glaubte schon fast, sich verhört zu haben und spürte ihr Herz wie wild schlagen. Sie kannte diese Schritte ganz genau. Es war Michael.
Sie rannte zur Tür, öffnete und nahm ihren Sohn in die Arme, während sie flüchtig mit den Augenwinkeln eine Limousine davonfahren sah.
"Warum weinst du, Mum?" fragte der Junge.
"Ich weine überhaupt nicht", behauptete sie. "Mit wem bist du gerade gekommen?"
"Ein Mann. Er war sehr nett und hat mich mitgenommen."
"Aber ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht einfach mit irgend jemandem, den du nicht kennst, mitgehen!"
"Aber er hat gesagt, daß er dich und Dad kennt, Mum!"
Sie atmete tief durch. Im Augenblick hatte sie nicht den Nerv, das auszudiskutieren. Dann ging das Telefon.
Karen Tierney ließ es ein halbes Dutzend Mal klingeln, ehe sie aus ihrer Starre
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