Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
ich das weiß, heißt Jed Flaherty. Er ist ein Unterführer von O’Donovan.“
„Ich wundere mich über deinen schlechten Umgang, Braden!“
Braden machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich traf ihn neulich bei einem Boxkampf und da habe mich mit ihm so über dies und das unterhalten. Flaherty investiert nämlich gerne sein überschüssiges Geld in hoffnungsvolle Boxtalente, verstehst du?“
„Vollkommen. Wo finde ich diesen Flaherty?“
„Im Cyprus Grove Club.“
„Ist das nicht dieser neue Nachtclub in der South Side?“
„Richtig. Der Laden gehört einem gewissen Peter Stephens, auch ein Ire. Aber das ist nur ein Strohmann. In Wahrheit landet jeder Lincoln, der da umgesetzt wird, irgendwann über ein paar Ecken auf Jed Flahertys dickem Bankkonto.“ Braden Naismith hob die Tasse.
„Leg dich besser nicht mit dem Kerl an.“
„Nicht, wenn es sich vermeiden lässt“, versprach ich.
„Er hat immer einen fiesen Schläger bei sich, vor dem ich mich in Acht nehmen würde.“
„Ich werde mich in Acht nehmen“, versprach ich. „Ach, noch etwas! Wie sieht Flaherty eigentlich aus?“
„Hager, rothaarig, trägt einen Bowler-Hut und die Farbe seiner Einstecktücher beißt sich mit der seiner Krawatten. Er hat einen miserablen Geschmack, was das angeht.“
*
Am Abend zwängte ich mich erst in meinen Smoking und anschließend hinter das Steuerrad meines 24er Plymouth um in die South Side zu fahren.
Von der Cyprus Grove Bar hatte ich schon gehört, aber den Besuch in derartigen Luxus-Läden kann ich mir nur erlauben, wenn ich dafür einem Klienten die Spesen aufs Auge drücken kann. Den Plymouth stellte ich in einer Nebenstraße ab. Ich begab mich zum Eingang. Ein großer bulliger Kerl, dessen gewaltige Oberarmmuskeln beinahe die Ärmel seines Jacketts sprengten, ließ mich herein. Vorher musterte er mich von oben bis unten. Kleider machen eben doch keine Leute. Er schien genau zu spüren, dass ich nicht der typischen Klientel des Cyprus Grove Club entsprach. Ich zückte einen Zehndollarschein und verhinderte damit gerade noch wirkungsvoll, dass er weiter darüber nachdachte. Wenig später gab ich meinen Mantel an der Garderobe ab. Im Inneren der Bar herrschte dichtes Gedränge.
Eine Jazz-Band spielte.
Der Geruch nach Alkohol hing in der Luft. Er wurde hier ganz offen ausgeschenkt. Der Besitzer und seine Freunde, von denen Seamus O’Donovan sicherlich der Einflussreichste war, hatten gute Kontakte bis nach ganz oben. Über seinen Gönner O’Donovan hatten diese Verbindungen bis in die höchsten Spitzen der Stadtverwaltung gereicht. Zum Büro des Bürgermeisters ebenso wie zur Residenz der Gouverneure von Illinois.
Ich ließ mir einen Bourbon mit Eis geben. Ein guter Tropfen. Ich kippte ihn hinunter und sah mich um. Niemand richtete sich hier nach den Gesetzen der Prohibition. Ganz im Gegenteil. Hier wurden in so kurzer Zeit so große Mengen vertrunken, dass man auf die Idee kommen konnte, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zuging.
Solange Seamus O’Donovan seine mächtige Pranke über dieser Bar hielt, würde nichts passieren und die Chicago Police zufälligerweise immer nur dann auftauchen, wenn es nichts zu ermitteln gab. Weder an Drogen noch an Hochprozentigem. Ich hielt mich eine Weile am Schanktisch auf und hörte den Gesprächen der anderen zu. Eine der Ladies, die man dazu angestellt hatte, den Umsatz zu steigern, musterte mich von oben bis unten und paffte dabei mit ihrer Zigarette herum, die sie auf eine Spitze gesteckt hatte.
Sie war dunkelhaarig, trug einen Bubikopf mit irgendeinem Federzeug und ein eng anliegendes, fließendes Kleid, das die Vorzüge ihrer Figur deutlich zur Geltung brachte.
„Sie habe ich hier noch nie gesehen“, stellte sie fest. Ich grinste.
„Ich Sie auch noch nicht.“
Sie kam etwas näher. Ihre Augen waren grün wie Absinth.
„Geben Sie mir einen Drink aus?“
„Das wird meine Brieftasche gerade noch verkraften.“
„Kommt darauf an, was ich bestelle.“
„Legen Sie es etwa darauf an, mich ruinieren?“
„Was glauben Sie, wofür ich hier bezahlt werde!“
„Reizender Job, den Sie haben.“
Sie bestellte einen Drink, der sich im preislichen Rahmen hielt. Dafür kippte sie ihn hinunter, als wäre es ein Fruchtsaft. Sie musste eine bemerkenswerte Alkoholresistenz entwickelt haben. Sie begann, am Revers meines Jacketts herum zu nesteln, aber das ging mir dann doch etwas zu schnell und zu weit. Erstens war ich nicht zum Vergnügen hier
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