Privatdetektive (16 Romane in einem Band)
und zweitens konnte ich es mir nicht leisten, den Vorschuss, den mir Mrs McCormick gegeben hatte, gleich in eine Nacht mit diesem gefiederten Vögelchen umzusetzen.
„Ich heiße Madeleine“, behauptete sie.
„Aus Kanada, was?“
„Mais oui!“
Wahrscheinlich kam sie aus South Dakota oder Nebraska und war in der Nähe irgendeiner Kuhweide groß geworden, so malte ich mir aus. Aber das klang irgendwie nicht so nach dem, was ein Mann sich vorstellen wollte, der den Cyprus Grove Club besuchte.
„Sind Sie öfter hier?“
„Ich gehöre gewissermaßen zum Inventar des Hauses, wenn Sie verstehen, was ich meine, Mister…“
„Nur zu gut!“
Sie hob das Glas. „Kriege ich noch einen Drink?“
Ich antwortete mit einer Gegenfrage. „Wo finde ich Jed Flaherty?“
Sie wirkte etwas überrascht. „Keine Ahnung.“
„Ich wette, Sie haben sehr wohl eine Ahnung, Madeleine. Wenn Sie hier zum Inventar gehören…“ Ich langte in meine Jackettinnentasche und holte einen Lincoln aus der Brieftasche. Den schob ich ihr hin.
Vielleicht liegt es an dem Kinnbart, aber Abraham Lincoln schien einen immer ziemlich missmutig von den Fünf-Dollar-Noten entgegen zu blicken. Wahrscheinlich war es der pure Neid. Schließlich hatten seine viel unbedeutenderen Amtskollegen Hamilton und Jackson die Zehn-und Zwanzig-Dollarnote bekommen, obwohl heute kaum noch jemand wusste, dass sie mal Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewesen waren.
„Sie unterschätzen mich!“, sagte sie, nahm die Zigarettenspitze mit zwei Fingern und blies mir den Rauch ins Gesicht.
„Sagen Sie Flaherty - wo immer er hier auch stecken mag! -, dass jemand wegen der McCormick-Sache mit ihm reden will!“
Sie steckte jetzt den Lincoln doch ein. So groß war ihr Stolz dann offenbar doch nicht ausgeprägt.
„Was soll ich ihm sagen, wer ihn sprechen will?“
„Tun Sie einfach, was ich gesagt habe.“
„Für einen zweiten Lincoln mache ich das glatt!“
Mir blieb nichts anders übrig, als noch einmal in die Brieftasche zu langen.
Sie nahm den zweiten Lincoln und strich mir damit provozierend über das Revers meines Jacketts. „Sie sollten Ihren Anzug mal bügeln lassen, dann fallen Sie in einem Laden wie diesem auch nicht gleich so auf!“
Ich warf einen Blick auf das Federzeug, das sie am Kopf trug. „Es ist halt nicht jeder mit modischem Feinsinn geboren worden!“
„Sie sagen es!“
Sie rauschte davon. Ich bestellte noch einen Drink und kippte ihn hinunter. Madeleine verschwand durch einen Nebenausgang. Ich war gespannt, ob ich Flaherty genügend aufgescheucht hatte, sodass er bereit war, sich auch mit mir zu unterhalten. Wenig später kehrte Madeleine an der Seite eines Mannes zurück, der nun wirklich überhaupt nicht auf die Beschreibung passte, die mir Braden von Flaherty gegeben hatte. Er war ein Hüne, hatte von der Figur her wohl eher Ähnlichkeit mit den zukünftigen Schwergewichtschamps, die Flaherty sponserte. Vielleicht hatte der Kerl mal auf Flahertys Alimentationsliste gestanden, aber die ganz große Karriere trotzdem verpasst. Aber um als Schläger für einen Unterboss für einen irischen Syndikatsboss aufzutreten, reichten seine Künste vielleicht noch.
Ich wettete zehn zu eins, dass dieser Mann jener miese Schläger war, vor dem mich Braden Naismith gewarnt hatte. Er trat neben mich. Das Feder-Vögelchen hielt sich bewusst abseits, sie winkte mir nur einmal kurz zu. Irgendwie wirkte sie auf einmal ziemlich blass um die Nase und ich fragte mich, ob das wirklich an einem übermäßigen Gebrauch von Puder und Make-up lag oder weil sie genau wusste, was hier gespielt wurde und ich anscheinend der einzige Dumme bei der Sache war. Aber ich hatte keineswegs vor, diese Rolle anzunehmen. Der Hüne legte mir eine seiner Pranken auf die Schulter. Es war die Linke.
Unter seiner Achsel beulte sich das Jackett. Er trug also ein Schulterholster.
„Sie wollen Flaherty sprechen?“
„Ja.“
„Dann - ab die Post.
„Einen Moment mal. Mit wem habe ich denn das Vergnügen?“
Er verzog das Gesicht. Die obere Reihe seiner Schneidezähne bestand aus Metall, was mir sagte, dass dieser Kerl offenbar doch nicht unüberwindbar war. Irgendwann musste es wohl mal jemand geschafft haben, mitten in seinem grobschlächtigen Gesicht einen Volltreffer zu landen, der es in sich gehabt hatte.
„Ich mag’s nicht, wenn Männer mich anfassen“, sagte ich.
„Ach, was!“
„Und selbst bei Frauen bestimme ich gerne mit.“
„Halten Sie
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